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Spiel unter Freunden

Spiel unter Freunden

Titel: Spiel unter Freunden
Autoren: PJ Tracy
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drangen
laute Geräusche von unten herauf. Etwas Großes, das
aufprallte, Metall auf Metall, immer wieder.
    Dianes Augen
flackerten. «Ach, du liebe Güte. Die Kavallerie macht
Ernst. Ich schätze, wir sollten hier oben lieber zum Ende
kommen. Was, zum Teufel, machst du da eigentlich?» Grace
blinzelte etwas verwirrt.
    «An deinem Hals,
verdammt! Was machst du da an deinem Hals?» In dem Moment
fühlte sie es, zwischen ihren Fingern.
    Während die Hand
mit der Waffe immer weiter nach unten gesunken war, war die andere
langsam hinauf zu der Kette gekrochen, die sie unter ihr T-Shirt
geschoben hatte. Jetzt zog sie das Kreuz hervor, das Jackson ihr
geschenkt hatte. Es war keine bewusste Geste. Man ging nicht durch
ein Leben wie das von Grace und bewahrte sich den Glauben an einen
Talisman, ob nun religiöser oder sonstiger Art. Doch als sie
das Kreuz berührte, sah sie den Jungen mit seinen braunen
Augen ernst zu ihr aufblicken und hörte wieder, wie er sie
beschwor, die Kette zu tragen. Er glaubte. Vielleicht hatte sie
deswegen nach dem Kreuz gegriffen; um die Verbindung zu jenem Rest
Vertrauen herzustellen, den das Leben ihm noch nicht ausgetrieben
hatte.
    Vertraust du mir,
Grace? Als
sei sie ihm das schuldig, denn obwohl er ihr niemals hätte
trauen dürfen, hatte er es dennoch getan …
    Was für ein
kostbares Gut es doch war, das Vertrauen. Aber auch ein
zerbrechliches. Vertrauen war es, was Jackson ihr wirklich
geschenkt hatte. Jackson und Harley und Annie und Roadrunner und
Charlie, und sogar Magozzi, der ihr ganz und gar nicht hätte
trauen dürfen, aber es dennoch tat …
    «Da ist nichts.
Nur ein Kreuz. Siehst du?» Diane trat schnell einen Schritt
zurück, und Grace konnte zum ersten Mal seit Stunden ­ so
kam es ihr zumindest vor ­ wieder frei atmen, ohne den Druck
der .45er auf der Brust.
    Diane starrte wie
hypnotisiert auf das Kreuz, das in Graces Hand hin und her schwang
und dabei funkelte, weil es das Licht reflektierte, das durch die
Loftfenster fiel. «Ich hatte auch mal so eins»,
flüsterte sie und fasste sich an den Hals, wo sie etwas zu
fühlen glaubte, was nur in ihrer Einbildung
existierte.
    «Die
Äbtissin hat es mir gegeben, aber … ich glaub, ich hab
es weggeworfen.» Sie hatte sich in eine für Grace
absolut unzugängliche Erinnerung verloren, war für einen
Sekundenbruchteil abgelenkt durch etwas, was sich hinter ihren
starren Augen abspielte. Und in dieser Sekunde spürte Grace
die Hitze eines Adrenalinstoßes, der sie die Hand mit der
Waffe wieder heben ließ, sah dann, dass sich die Tür zum
Treppenhaus ganz, ganz langsam öffnete; sah, wie eine Frau in
blutiger brauner Uniform auf dem Bauch vorwärts robbte, eine
Waffe in zitternden Händen, deren Mündung wegkippte,
immer weiter, bis die Waffe scheppernd auf den Holzfußboden
fiel, weil der Frau dann doch die Kräfte versagten

    In der nächsten
Sekunde blinzelte Diane, wandte sich abrupt der Frau auf dem Boden
zu, und schneller, als Grace dem folgen konnte, richtete Diane den
.45er auf die Tür, während sich die Sig immer weiter hob,
und dann schien das Loft unter ohrenbetäubenden Salven zu
explodieren.
    Diane wurde zur Seite
geschleudert und fiel. Dabei krachte ihr Kopf mit einem
Geräusch auf den Boden, das noch ewig in Albträumen
nachwirken würde. Da war Blut, eine Menge Blut, und es floss
aus so vielen Wunden in Dianes Kopf und Körper, dass Grace
überhaupt nichts mehr verstand.
    Sie sah verwirrt auf
die Sig Sauer, die sie in der Hand hielt.
    Sie hatte doch nur
einmal geschossen. Oder zweimal? Gewiss aber nicht öfter, denn
dafür war gar keine Zeit gewesen, und außerdem hatte sie
die Waffe doch nur langsam gehoben, kaum über Bodenhöhe,
und sie konnte ja auch erkennen, wo die Kugeln das gebohnerte Ahorn
aufgerissen und zersplittert hatten.
    Er kam hinter Annies
Schreibtisch langsam aus der Hocke hoch, um sie nicht zu
erschrecken, die Waffe noch immer fest in beiden Händen, aber
nach unten gerichtet.
    «Magozzi»,
flüsterte Grace und wiederholte: «Magozzi.» Es war
nichts als sein Name. Er hatte ihn sein Leben lang begleitet, aber
ihn jetzt von Grace MacBride zu hören, versetzte ihm einen
Stich ins Herz. «Und Halloran», sagte er mit einem
Blick zur Treppenhaustür.
    Grace folgte dem Blick
und sah einen großen Mann in brauner Uniform, der sich
über die blutende Frau beugte, seine Hand auf ihre Wunde am
Hals presste und dabei weinte wie ein Kind.
      
    Grace hörte durch
den Aufzugsschacht lautes Geschrei
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