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Somniferus

Somniferus

Titel: Somniferus
Autoren: Michael Siefener
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fragte er, als wir in
seinem Mercedes Diesel älteren Baujahrs saßen.
    »Zum Malberger Schloss«, sagte ich.
    »So, so, zum Malberger Schloss. Seid ihr Bekannte vom
Schlossherrn?«
    »Nein«, sagte ich ausweichend, »wir möchten
nur mal einen Blick auf das Gebäude werfen.«
    »Schlechte Zeit. Es wird bald dunkel. Außerdem
gibt’s da nicht viel zu sehen.«
    »Es liegt ganz oben auf dem Berg, nicht wahr?«, fragte
Lisa beiläufig.
    »Jao.«
    »Gibt es eigentlich Stollen in diesem Berg?«, fragte
ich. Ich kam mir fast so unauffällig vor wie ein Krokodil im
Freibad. Um abzulenken, fügte ich hinzu: »Ich habe mal
irgendwo gehört, dass im zweiten Weltkrieg viele Malberger in
irgendwelchen Katakomben Schutz gesucht haben.« Das war eine
blanke Lüge; ein Versuchsballon, der jedoch auch nicht weniger
auffällig war.
    »Glaube ich nicht«, sagte der Fahrer. »Ich bin zwar
nicht von hier, aber das wüsste ich. Hab lediglich mal
gehört, dass es vom Schloss aus Gänge in den Berg geben
soll, aber so was sagt man ja von jedem Schloss und jeder Burg.
Fluchtwege.«
    Nun kam Malberg in Sichtweite. Wir waren in Kyllburg eine steile
Straße hochgefahren, die an ihrer höchsten Stelle eine
scharfe Biegung nach rechts machte und wieder hinunter in das Tal der
Kyll führte. Links vor uns erhob sich das barocke Malberger
Schloss in der Abendsonne. War es wirklich unser Ziel? Oder hatten
wir falsch geraten?
    Der Wagen bog nach links in das Dorf ein, quälte sich im
ersten Gang die steile Schlossstraße hoch und setzte uns vor
dem verschlossenen Tor ab. Lisa zahlte und gab dem Fahrer ein kleines
Trinkgeld; mehr konnten wir uns nicht mehr leisten. Der Wagen drehte
und dieselte die Schlossstraße wieder hinunter.
    Es war still hier. Nachdem der Lärm des Taxis verklungen war,
hörten wir nur noch die Abendlieder einiger Amseln und das
Kläffen eines Hundes irgendwo unten im Dorf. Es war empfindlich
kalt geworden.
    »Und was nun?«, fragte Lisa und sah mich erwartungsvoll
an.
    »Ganz einfach«, meinte ich. »Wir kommen vom
Rheinischen Landesmuseum und sind einer archäologischen
Sensation auf der Spur.«
    »Und da schneien wir zu dieser Uhrzeit einfach so herein,
ohne uns anzumelden?«, gab Lisa zu bedenken. »Das
funktioniert nie!«
    »Das werden wir ja sehen«, konterte ich. Ganz schön
dreist, dachte ich bei mir. Irgendwie fühlte ich mich gut. Ich
blickte an dem fest verschlossenen Portal hoch. Es wurde zur Linken
von einem Torhaus und zur Rechten von einer hohen Mauer begrenzt. Bei
der Fahrt hierher hatte ich gesehen, dass in einiger Entfernung
hinter dem Tor ein türmchengeschmückter, länglicher,
recht verfallen aussehender Bau lag, der wohl als eine Art Vorbau
fungierte, und dahinter erst erhob sich – wiederum in einiger
Entfernung – das barocke Hauptschloss. Es war also ein langer
Weg bis zur Wohnung des Schlossherrn, welcher meiner Vermutung nach
in dem barocken Teil residierte, der weitaus weniger baufällig
wirkte.
    In der linken Mauer des Tores befand sich eine moderne
Gegensprechanlage, aber wenigstens konnte ich nirgendwo eine
Überwachungskamera sehen. Ich drückte auf den
Klingelknopf.
    »Ja, bitte?«, ertönte eine blecherne Stimme kurze
Zeit später aus dem kleinen Lautsprecher.
    »Verzeihen Sie bitte die späte Störung«, bat
ich mit fester Stimme, von der ich hoffte, dass sie eine gewisse
Autorität durchblicken ließ. »Meine Assistentin und
ich kommen vom Rheinischen Landesmuseum.«
    Lisa schaute mich mit blitzenden Augen an. Das Wort
»Assistentin« gefiel ihr offensichtlich nicht. Ich konnte
sie verstehen, doch was blieb uns übrig?
    »Es tut mir Leid, dass wir uns nicht ankündigen konnten,
doch Ihr Telefon scheint gestört zu sein. Daher erschien es uns
ratsam, uns auf diese direkte Weise mit Ihnen in Verbindung zu
setzen.« Frechheit siegt, heißt es. Nun war eine gute
Gelegenheit, den Wahrheitsgehalt dieses Sprichwortes zu
überprüfen.
    Zuerst kam aus dem Lautsprecher nur Stille, dann: »Das
verstehe ich nicht. Ich habe doch vor einer halben Stunde noch
telefoniert.«
    Pech gehabt!
    Die Stimme sagte: »Worum geht es denn?«
    Ich antwortete: »Um eine Aufsehen erregende Entdeckung, die
mit Ihrem Grundbesitz zusammenhängt. Wir sind im Zuge unserer
Forschungen auf den Nachweis einer römischen Gottheit
gestoßen, zu deren Auffinden Sie einen großen Beitrag
leisten könnten. Dürften wir Ihnen die Einzelheiten von
Angesicht zu Angesicht erläutern? Es ist recht kalt hier
draußen.«
    »Wie war noch
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