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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition)
Autoren: Niklas Frost
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hab meine Erfahrungen mit Kersten gemacht. Wir müssten eine weitere
Kanzlei einschalten, die die Verträge auf Herz und Nieren prüft. Das kostet
doppelt und dreifach. Nein, nein, Wanja hat schon recht. Wir müssen die Russen
kaputt machen. Wie schätzen Sie die Chancen denn ein?«, fragte er Stamm.
    Der war gerade dabei, sich eine Montecristo anzuzünden, und führte
die Prozedur zu Ende, bevor er antwortete. »Prinzipiell sollte es schon möglich
sein, eine Antistimmung zu erzeugen. Die Konstellation bietet Angriffsflächen
genug. Aber bisher sind die nicht konkret genug. Auf der bekannten Faktenbasis
würde kein Journalist anbeißen.«
    »Wirklich nicht?«, fragte Faller. »Also ich bin schon der Meinung,
dass die Geschichte einen Journalisten interessieren müsste, wenn er einen
Anstoß bekommt. Die Details kann er doch recherchieren.«
    Stamm lächelte. »Sie dürfen die Recherchemöglichkeiten und vor allem
die Bereitschaft von Journalisten nicht überschätzen. Bei dieser Sache ist die
Gefahr zu groß, dass man Zeit und Arbeit investiert, und am Ende kommt nichts
dabei heraus. Zumal die Recherche auch nicht gerade einfach sein dürfte. Die
würden zunächst schlicht und einfach Kostedde fragen. Und im Umgang mit den
Medien macht unserem Oberbürgermeister so schnell keiner was vor. Es dürfte für
ihn kein Problem sein, die Zweifel im Keim zu ersticken. Der zieht einen
unentschlossenen Journalisten auf seine Seite, so schnell rühren Sie nicht mal
’nen Eimer Mörtel an. Nein, man muss den Medien schon eine fertige Geschichte
präsentieren, so, dass die ergänzende Recherche nur noch Formsache ist. Sie müssen
außerdem so voreingenommen an die Sache herangehen, dass es Kostedde nicht mehr
gelingt, sie umzusingen. Es ist pure Psychologie. Hat sich ein Mensch – und
Journalisten sind ja auch nur Menschen – erst mal eine Meinung gebildet,
bewertet er auch die Reaktionen darauf so, dass sie passen. Konkret: Ist der
Journalist überzeugt, dass Kostedde ein krummes Ding dreht, wird er auch seine
Ausführungen dazu tendenziell als Ausflüchte betrachten.«
    Aus den Augenwinkeln hatte Stamm registriert, dass Dr. Fischbach
bei seiner Rede mehrfach beifällig genickt hatte. Keilmeier, der seinem Anwalt
gegenüberstand, hatte es auch bemerkt.
    »Für mich klingt das überzeugend«, sagte der Baulöwe und blickte in
die Runde. Wanja grinste, Waleska und Faller wirkten ein wenig bedrückt.
    »Ein Grund mehr, den Kontakt zu Kostedde zu suchen«, sagte der
Architekt trotzig. »Vielleicht kriegen wir dabei etwas heraus.«
    Keilmeier klopfte ihm auf die Schulter. »Genau so machen wir’s. Wär
doch gelacht, wenn unser schönes Projekt so sang- und klanglos den Bach
runtergehen würde, nur weil sich ein paar dahergelaufene Russen einmischen.
Wanja, kannst du dich drum kümmern?«
    Wanja zögerte einen Augenblick und warf Keilmeier einen prüfenden
Blick zu, sagte dann aber: »Klar, das kriegen wir schon hin.«
    »Mein ich auch«, bestärkte ihn der Baulöwe leutselig. »Und jetzt
glaube ich, dass wir die Geduld der Damen genug strapaziert haben. Frau Waleska
schien mir vorhin schon ein wenig ungeduldig zu werden. Ich würde vorschlagen,
dass wir wieder nach oben gehen.«
    Stamm hielt die gerade angerauchte Zigarre hoch und sah Keilmeier
fragend an. »Kann ich denn …?«
    »Nein, nein, rauchen Sie nur in Ruhe zu Ende. Wie ich sehe, hat sich
auch mein Rechtsverdreher gerade eine angesteckt. Wär schade drum.«
    Stamm entspannte sich und sah Wanja an. Auch er schien noch nicht
aufbrechen zu wollen. Faller sah auf die Uhr.
    »Oh ja«, rief er, »es wird höchste Zeit.«
    Keilmeier, Faller und Waleska verließen den Raum. Stamm, Wanja und
Fischbach genossen Zigarren und Cognac und plauderten über gutes Essen.
Irgendwann fand der Anwalt einen Ansatzpunkt, das Gespräch auf Stamm zu lenken.
    »Wieso arbeitet ein offenbar begabter und auch noch aus der
Werbehauptstadt Düsseldorf stammender Kommunikationsprofi wie Sie eigentlich in
der Kölner Provinz?«, fragte er.
    »Die Wege des Schicksals«, sagte Stamm und biss sanft auf seiner
Montecristo herum.
    Fischbach wartete ein paar Sekunden. Dann lachte er. »He, Sie stehen
hier nicht unter Anklage.«
    »Was soll ich sagen? Es ergab sich, dass ich in eine schnuckelige
Agentur einsteigen konnte. Sagen Sie bloß, Sie würden auf ein Mandat im Kölner
Müllskandal verzichten, nur weil sich die Düsseldorfer Gauner noch nicht haben
erwischen lassen.«
    Ein Luftzug wies darauf hin,
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