Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst
Autoren: Antje Szillat
Vom Netzwerk:
halten muss.«
    »Aber du hast doch …«
    »
Du
hast von einem Referat geredet«, fiel ich ihm ins Wort. »Ich nicht.«
    Jérôme schaute mich verdattert an. »Kein Referat?«
    Ich konnte mir das Grinsen nicht länger verkneifen. »Du hast es erfasst.«
    »Verstehe«, sagte er und schlug sich mit der Handfläche vor die Stirn. »Ich habe mich also zum kompletten Volldeppen gemacht.«
    Ich kicherte albern. »Halb so schlimm. Ich bin ja selbst ganz verwirrt, weil …«
    Stopp! Hilfe! Hatte ich das wirklich gerade gesagt? Ich blickte Jérôme erschrocken an. »Weil ich … weil …«
    Täuschte ich mich oder wurde Jérôme ein bisschen rot? War er vielleicht genauso unsicher wie ich?
    Doch als sich im nächsten Moment eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete, schien es mir eher so, als ob ich gerade im Begriff war, diesen wirklich süßen Typen mit meinem peinlichen Gelaber zu vergraulen.
    »Weil …«
    Denk nach, Anna, denk nach! Wenn dir nicht in zehn Sekunden irgendetwas Schlaues einfällt, dann hast du’s vergeigt.
    »Weil … ich mich schon die ganze Zeit frage, was jemanden wie dich in so ein Kaff verschlagen hat.«
    Da entspannten sich Jérômes Gesichtszüge zum Glück wieder. Nachdenklich schüttelte er den Kopf und sah mit einem Mal ganz traurig aus.
    Mist! Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?
    Ich stemmte beide Hände in die Hüften und schaute ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Trotz an. »Ich meine, das geht mich natürlich nichts an«, erklärte ich leicht patzig. »Wobei es mich schon interessieren würde.«
    Jérôme nickte und schwieg.
    »Du willst es mir also nicht sagen?«
    Er lachte. »Gerade eben hast du noch gemeint, es ginge dich nichts an.«
    »Tut es auch nicht«, erwiderte ich. »Aber neugierig bin ich trotzdem.«
    Er streckte die Hand nach mir aus und berührte kurz mit den Fingerspitzen meinen Unterarm. Mit einem Schlag war ich wie elektrisiert und mein Puls begann zu rasen.
    »Ist dir nicht gut?«, fragte Jérôme.
    Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und schaute ihm direkt in die Augen. »Nein, ganz im Gegenteil.«
    Dazu sagte Jérôme nichts mehr. Und auch mir fiel beim besten Willen nicht ein, was es dem noch hinzuzufügen gab.
    Wir standen einen Moment schweigend voreinander, bis ich aus dem Augenwinkel zwei Typen auf der anderen Straßenseite wahrnahm, die langsam auf uns zukamen.
    Jérôme hatte die Jungs ebenfalls bemerkt. »Shit«, murmelte er. »Die haben mir gerade noch gefehlt.«
    »Warum? Was sind das für Typen?«
    Doch ich bekam keine Antwort auf meine Frage. Stattdessen lächelte er mich gequält an und erklärte: »Ich muss weiter. Vielleicht sehen wir uns ja morgen in der Schule.«
    Prompt sorgten seine letzten Worte bei mir für aufgeregtes Bauchkribbeln. Ich hätte gern noch etwas darauf erwidert, aber er hatte sich bereits abgewandt und ging davon.
    Inzwischen waren die beiden Typen vor dem kleinen Supermarkt angekommen und musterten mich ungeniert von oben bis unten.
    »Was ist? Habt ihr noch nie ein Mädchen gesehen?«, blaffte ich sie an.
    »Ganz schön schlagfertig, die Stadttussi«, erwiderte der eine, ein Kerl mit strohigem blondem Haar und breitem Pfannkuchengesicht,das von unzähligen Sommersprossen übersät war. Übertrieben lässig lehnte er sich gegen den Zigarettenautomaten und steckte sich eine Kippe zwischen die Lippen.
    Der nächste Satz des anderen etwa gleichaltrigen Jungen mit dunklen Stoppelhaaren traf mich wie ein Faustschlag. »Na, is das Opfer schnell abgehauen? Zu seiner Tante gerannt, weil ihm mal wieder der Arsch auf Grundeis geht?«
    Wie bitte? Hatten die damit etwa Jérôme gemeint?
    »Ich habe keine Ahnung, wovon ihr redet«, versuchte ich, mit fester Stimme zu erwidern.
    »Alles klar«, lachte das Pfannkuchengesicht hämisch. »Hat sich das Opfer schön bei dir ausgeheult, was?!«
    Ich schnappte wütend nach Luft, sortierte angestrengt meine Worte, die mir bereits auf der Zunge lagen und dem ätzenden Kerl am liebsten ungebremst in sein blödes, breit grinsendes Gesicht springen wollten, und sagte dann so cool wie nur möglich: »
Opfer?
Ich habe hier kein
Opfer
gesehen. Nur zwei Vollpfosten.«
    Ich machte auf dem Absatz kehrt und wollte abhauen. Doch der dunkelhaarige Typ hielt mich am Unterarm fest und zischte mir böse zu: »Ey, immer locker bleiben, verstanden?! Und gib dich mal lieber nicht mit so ’nem Opferarsch ab, wenn du hier nicht bald verdammt einsam sein willst. Kapito?« Mit einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher