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Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Titel: Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
Autoren: Wendy Alec
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die Luft, als wolle er an ihm verzweifeln. Dann nahm er mit einer Hand ein Strahlungsmessgerät vom Gürtel und hielt es hoch.
    »Ha! Keine Strahlung!«, rief er aus. »Alles nur eine Lüge der UNO ! Die Strahlung ist in Tel Aviv – in Jaffa –, aber nicht in Jerusalem.«
    »Die Soldaten werden uns aufhalten, Großvater.«
    »Siehst du irgendwo Israelis? Oder auch nur irgendjemanden vom Waqf?« Damit meinte er die muslimische Verwaltung des Tempelbergs, die den Zutritt zu diesem Ort regelte.
    Abdul-Qawi gestikulierte dramatisch in Richtung des abgesperrten Geländes. Er spuckte auf den Boden, wischte dann seinen Mund mit dem Handrücken ab.
    »Sie sind alle fort – weg –, seit der Krieg geendet hat.« Der Alte ging weiter auf das knapp fünfzig Meter entfernte Tor zu.
    »Die Soldaten sind weg – aber du darfst da trotzdem nicht hin, Dschadd!«
    Bei dem Klang des arabischen Wortes hielt Abdul-Qawi inne.
    »Ah!« Er warf die Arme hoch, diesmal wirklich in Verzweiflung. »Eine Privatschule … Europäische Lehrer … Alles, was sie dir beigebracht haben, ist Mangel an Respekt gegenüber deinem Großvater. Jetzt lass dir von deinem Dschadd etwas sagen.« Er wandte sich um und sah Dschul an, die Hände auf seine knochigen Hüften gelegt.
    »Ich mag zwar nur ein alter beduinischer Ausgräber sein, aber ich weiß, dass in diesem Augenblick die Krankenhäuser von ganz Jerusalem voller verwundeter und sterbender Israelis sind, während die Europäer in ihren reichen Palästen den Tempelberg unter sich aufteilen, ohne den Waqf auch nur zu fragen.« Er hob dramatisch die Hand. » Der Teil für die Juden – der für die Araber – der für die UNO . Pah! Wir haben nur noch diese eine Chance.« Er zeigte auf den Schutthaufen vor ihnen. »Die Israelis und der Waqf haben das Tor zugemauert, aber das Erdbeben hat es wieder geöffnet. Um Allahs willen – um meiner ganzen Ausgrabungen der letzten fünfundsechzig Jahre willen –, ich muss dort nachsehen.«
    Vorsichtig kletterte der alte Mann über den Schutt und gelangte durch den Mauerspalt in eine große Halle. Sie war gut zwanzig Meter lang und wies viele Ausgangstunnel auf, die in verschiedene Richtungen verliefen. Seine Habichtaugen funkelten vor Erregung.
    »Schnell, beeil dich«, trieb er seinen Enkel an, der ein paar Meter hinter ihm kam, und gestikulierte ungeduldig. Dann begann er, die Steinstufen hinabzusteigen.
    Plötzlich hielt er an, entzündete seine Lampe und beugte sich über eine zerfledderte Karte.
    Dschul seufzte genervt. Plötzlich packte der Alte seine freie Hand so fest, dass der Junge zusammenfuhr.
    »Das Allerheiligste!« Abdul-Qawis Augen glänzten in einer seltsamen Ekstase. Zitternd richtete sich der alte Mann aus seiner gebückten Haltung auf und hastete über einen frisch aufgeworfenen Geröllhaufen auf einen bereits freigelegten Tunnel zu. Sein Blick war auf ein zehn Meter entferntes, golden glänzendes Objekt gerichtet, das aus einer Spalte hervorstach.
    Abdul-Qawi verlangsamte seine Bewegungen, als er näher herankam, und winkte seinem Enkel, zurückzubleiben.
    Vor Ehrfurcht erstarrt blickte er auf das schimmernde Metall.
    »Allahs goldener Wagen«, murmelte er.
    Er ging weiter, leise auf Arabisch mit sich selbst redend, wie in einer hypnotischen Trance. Er streckte die Hand aus, bis sie nur noch wenige Zentimeter von dem kunstvoll verzierten goldenen Griff entfernt war, der aus dem Sand ragte. Seine Hand zitterte, als er danach griff.
    Voll Staunen sah Dschul, wie Abdul-Qawi den Griff berührte.
    Im gleichen Augenblick schoss ein grellblauer Blitz aus dem Kasten hervor.
    »Allahu akbar!« , schrie Abdul, als er die Hand um den goldenen Griff schloss. Der elektrische Strom schoss durch seinen Körper. Dschul riss die Hand vor den Mund, als sich sein Großvater in wilden Krämpfen aufbäumte und zuckend wand.
    »Dschadd!« Dschul rannte auf ihn zu.
    Der Alte starrte seinen Enkel aus weit aufgerissenen, fiebrigen Augen an. Dann nahm er all seine Kraft zusammen, riss die Hand von dem Kasten und stürzte rücklings zu Boden.
    Dschul zog ihn durch das Geröll von dem pulsierenden Kasten fort.
    »Dschadd … Dschadd!« Dschul nahm den Kopf seines Großvaters in die Hände. Tränen liefen ihm über das schmutzige Gesicht.
    Abduls Blick ging durch Dschul hindurch. Er richtete sich ein letztes Mal auf, dann stieß er einen erstickten Schrei aus: »Das Siegel Daniels!«
    Und sank zurück.
    Getötet von der heiligen
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