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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes
Autoren: Lara Wegner
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gekommen. Als Kammermädchen hatte sie sich zu Anfang nützlich gemacht, und diese Stellung ausgebaut, bis die Frage, wann und an wen ihre Unschuld versteigert werden sollte, an Belang verloren hatte. Ihren Ruf hatte sie nicht in einer Auktion begründet, sondern durch ihr Wirken im Hintergrund. Das Fest, das sie für einen verschwenderischen Höfling ausgerichtet hatte, war noch Tage später in aller Munde gewesen. Sich einen Namen gemacht zu haben, ohne dafür ihren Körper zu verkaufen, erfüllte sie mit Stolz. In bestimmten Kreisen nannte man den von ihr eingeschlagenen Weg eine Karriere. Obwohl man in ihrer Welt eher von Glück sprach, gehörte es zu den Worten die ihr auf der Zunge zergingen. Die Freier fragten nicht nach einer Nacht mit ihr. Stattdessen richtete sich ihr Interesse darauf, ob Mademoiselle Florine diejenige war, die für das richtige Ambiente sorgte. Was zu diesen Erfolgen notwendig war, durfte sie daher nicht dem Zufall überlassen.
    So nahm sie sich gegen Abend das Recht heraus, sich am Fenster über dem Hintereingang einzufinden. Es stand offen, doch nach der Hitze des Tages würde sich niemand darüber wundern. Saint-Germain würde von der Übertretung seiner Anweisung nichts erfahren und letztendlich dankbar sein für das Augenmerk, das sie auf das kleinste Detail richtete. Auf die Ellbogen gestützt verfolgte sie den rasanten Flug der Schwalben, die am Dachfirst ihre Nester hatten. Die Sonne schickte ihre letzten, matten Strahlen in den Hinterhof. Lucas, der Stallbursche stand hinten bei den Ställen, winkte ihr zu und gab ihr ein Zeichen. Ablehnend schüttelte sie den Kopf. Eingedenk der Kosten, die ihre Vorbereitungen verursacht hatten, konnte sie sich ein Stelldichein im Stall nicht leisten. Nichts durfte den Vorstellungen des Comte de Saint-Germain zu wider gehen. Doch das erste Malheur schien sich schon anzubahnen. Seine Männer verspäteten sich.
    Der Himmel verfärbte sich in ein dunkles Blau, und noch immer blieb die angekündigte Kutsche aus. Ein Stern nach dem anderen kam zum Vorschein, bis das Himmelszelt davon gespickt war. Die Fackeln an den Hofwänden waren nicht entzündet worden. Die Dunkelheit war nahtlos und garantierte das, worauf Saint-Germain beharrte: ein Übermaß an Diskretion.
    Sie wurde zunichte gemacht durch den Lärm eines kastenförmigen Gefährts, das in die Einfahrt bog. Es sprengte gar die Größe einer königlichen Karosse. Sechs hünenhafte Männer bildeten das Geleit. Florine wich ein Stück vom Fenster zurück. In dem Quietschen der Achsen und dem Poltern der Räder ertranken die Straßengeräusche. Ihr wurde flau im Magen, während sie sich auszumalen versuchte, was da herangekarrt wurde. Dicht vor dem Hintereingang blieb der Wagen stehen. Schlüssel klirrten aneinander, und Schritte scharrten über das Hofpflaster.
    »Seid vorsichtig. Packt so fest zu wie ihr könnt.«
    Aus der Ermahnung war eine unterschwellige Aufregung herauszuhören. Vorsichtig lehnte sie sich aus dem Fenster. Nachtschatten hatten den Hof verschlungen, außer beweglichen Schemen konnte sie nichts erkennen. Anweisungen und Flüche wechselten sich ab. Was brachten sie da bloß ins Haus? War das etwa das Klirren von Ketten? Außer einem Pulk aus Leibern konnte sie nichts ausmachen.
    »Du meine Güte, er wird doch kein Opfertier schlachten wollen«, murmelte sie tonlos.
    Eine furchtbare Sauerei wäre die Folge, obwohl sie die Teppiche in Sicherheit gebracht hatte. Schon sah sie Blutspritzer auf dem unschuldig weißen Blumenschmuck. Die Bewegungen ließen auf ein großes Opfertier schließen. Der ganze Boden würde zu einer Blutlache verkommen und mitten darin der verendete Kadaver eines Ochsen. Und alles wegen des Geltungsdrangs eines überdrehten Grafen, dem es nicht genug war, von der eigenen Unsterblichkeit überzeugt zu sein. Nein, er musste sie zusätzlich vor anderen zelebrieren.
    Unter Kettenklirren und rüden Schimpfworten verschwanden die Hünen mit ihrem Opfer im Haus. Florine schloss das Fenster, drückte die Stirn an die kühle Scheibe und wartete auf das erste Scheppern, den ersten Aufschrei, auf ein Anzeichen heillosen Durcheinanders, ausgelöst von einem tobenden Ochsen. Nichts dergleichen geschah. Alles blieb ruhig. Nach einer Weile kehrte sie zu ihren Pflichten zurück.

     
    Die Prachtentfaltung im Salon du Sang konnte sich mit dem Schloss zu Versailles messen. Florine spitzte durch ein Guckloch und konnte sich selbst davon überzeugen. Kerzenlicht spiegelte sich in
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