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Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk
Autoren: Susanne U. Wiemer
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war.
    *
    Cris brauchte Minuten, um sich wieder zu fassen.
    Charru hatte den Arm um die zitternden Schultern des Jungen gelegt und redete ihm beruhigend zu. Die anderen drängten sich erleichtert im Lichtkreis der Fackel. Leise und stockend begann Cris zu berichten: von der Flucht durch den unterirdischen Gang, von der Zeitverschiebung, vom Chaos eindringenden Wassers, das ihn von den anderen trennte und tief ins Labyrinth des Höhlensystems verschlug. Schließlich hob er mit einem Ruck den Kopf und biß sich auf die Lippen.
    »Jarlon!« stieß er hervor. »Jon Erec! Habt ihr sie gerettet?«
    Charru nickte nur.
    Er sprach nicht davon, daß sein Bruder schwer verletzt war. Er verschwieg auch, daß sie jenes schreckliche Experiment nicht mehr hatten verhindern können, das Jon Erec, den Tempeltal-Mann, in eine willenlose Marionette verwandelte. Cris hatte genug durchgestanden. Er würde die Wahrheit noch früh genug erfahren.
    Sie brauchten eine halbe Stunde, um den Weg zurück ans Tageslicht zu finden.
    Gerinth wartete draußen mit ein paar anderen. Kormak schwang sich sofort auf einen der Felsen. Sekunden später hallte der Falkenschrei über die Insel, das alte Signal der Tiefland-Stämme. Es gab einen zweiten Höhleneingang, in den ebenfalls eine Gruppe eingedrungen war, die jetzt zurückgerufen wurde. Kleinere Suchtrupps, die das Inselinnere durchstreiften, würden sich in wenigen Minuten am Strand sammeln. Dort hatten sie im Schatten der Palmen vorerst ihr Lager aufgeschlagen. Ein Lager, das aus wenig mehr als einer Feuerstelle bestand, da sie nach den letzten Ereignissen nur noch besaßen, was sie am Körper trugen.
    »Cris!«
    Der Schrei der hellen Stimme schien in der Luft zu zittern. Eine schmale Gestalt sprang aus dem Sand hoch und rannte mit wehendem blondem Haar auf die Zurückkehrenden zu. Tränen strömten über Malin Kjellands Gesicht, als sie stehenblieb. Cris zögerte sekundenlang, blaß und verwirrt. Doch auch ihn riß die Erregung des Augenblicks fort, und er schloß das schluchzende Mädchen mit einer heftigen Bewegung in die Arme.
    Ihr Vater, der ihr gefolgt war, machte eine hilflose Geste.
    Erein von Tareth sah zu seinem Vetter hinüber, doch dessen Gesicht blieb unbewegt. Niemand sprach. Gren Kjellands Blick wanderte von einem zum anderen, dann hob er die Schultern, weil auch er begriff, daß alles entschieden war.
    »Kommt erst mal ans Feuer«, sagte er rauh. »Ich schätze, Indred und Lara werden eine Menge Arbeit haben. Verdammtes Pech, daß wir uns im Augenblick mit heißem Salzwasser begnügen müssen.«
    Charru biß sich auf die Lippen, weil allmählich wieder die Sorge das Gefühl der Erleichterung verdrängte.
    Lara Nord lächelte ihm zu, als er ans Feuer trat. Ein flüchtiges Lächeln, das bei Cris' Anblick sofort erlosch. Die junge Venusierin war als Ärztin ausgebildet. Zusammen mit Indred von Dalarme, der alten Heilkundigen der Stämme, hatte sie schnell gelernt, notfalls auch mit den Hilfsmitteln der Natur auszukommen. Aber um durch Gärung Alkohol zu erzeugen oder Jod aus der Asche verbrannter Algen zu gewinnen, brauchten sie Zeit. Und Zeit hatte vor allem Jarlon nicht, dessen Verletzung nach den Strapazen der Flucht erschreckend schlimm aussah.
    Er war zu schwach, um die Tortur zu überstehen, die es bedeutete, eine entzündete Wunde mit der glühenden Klinge auszubrennen.
    Lara und Indred begnügten sich mit heißen Kräuter-Umschlägen, die sie unermüdlich wechselten. Mittel, um das Fieber zu senken, gab es nicht mehr. Jarlon warf sich unruhig hin und her, stöhnte und phantasierte, während Indreds Enkelin Cori neben ihm kauerte, seine Stirn kühlte oder ihm ab und zu ein paar Tropfen von Indreds Kräutersud einflößte.
    Die Schrammen und Kratzer, die Cris davongetragen hatte, konnten mit Salzwasser behandelt werden.
    Im blassen Gesicht des Jungen brannten Flecken hektischer Röte, seine Augen glänzten fast euphorisch. Schwäche und Erschöpfung würden später kommen, wenn die Anspannung nachließ. Alles in allem brauchte er nur etwas Zeit und Ruhe, um sich wieder zu erholen.
    Ruhe ...
    Charru straffte sich und warf das schulterlange schwarze Haar zurück. Sie brauchten alle Ruhe, aber die würden sie nicht hier finden, nicht in unmittelbarer Nähe des Platzes, wo die Priester sie aus den Augen verloren hatten. Noch war der Himmel leer. Und mochte das Schiff im Vergleich zu den Flugzeugen auch langsam und schwerfällig sein - es konnte sie zumindest von hier
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