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Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk
Autoren: Susanne U. Wiemer
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loslassen.
    *
    Selbst die Frühlingssonne nahm den endlosen Ruinenfeldern der Totenstadt nichts von ihrer Trostlosigkeit.
    Erste Insekten summten: flirrende Schwärme zwischen Stahlgerippen und geborstenen Mauern, monströs, zu Riesenwuchs entartet - tödlich ... Wolfsgroße mutierte Ratten krochen aus ihren Löchern und durchstreiften die Trümmer, witternd auf der Suche nach Nahrung. Das weite Areal des ehemaligen New Yorker Raumhafens leuchtete fahl in der Sonne. Von diesem Ort hielten sich die Ratten fern. Die Priester fürchteten das graue Heer, das den Katzenfrauen der Stadt und ihrer Königin gehorchte. Und die Priester kamen von den Sternen, so wie es die Legenden prophezeit hatten. Sie wurden als Götter verehrt, deren Wunsch Gesetz war.
    Nur wenige der Terraner, die nach der Flucht vom Mars mit ihrem uralten Raumschiff hier landeten, hatten sich Bar Nergal angeschlossen. Aus blindem Fanatismus die einen, andere aus Furcht vor der Rache des Mars, die Charru von Mornag und die Seinen treffen würde. Jetzt lebte die kleine Gruppe unter Ratten und fremden, kaum menschlichen Wesen. Und die Priester träumten davon, mit den Waffen aus der irdischen Vergangenheit die Herrschaft über die Erde zu erringen.
    Zai-Caroc und Shamala, Beliar und Jar-Marlod durchstöberten mit ein paar Akolythen und Tempeltal-Leuten die riesigen unterirdischen Gewölbe, in denen seit Jahrtausenden Tod und Vernichtung schlummerten.
    In dem ehemaligen Lagerhaus, einem von wenigen unversehrten Gebäuden, kauerte der Oberpriester auf seinem Thronsitz und starrte das blitzende Funkgerät an. Er wartete. Einmal mehr hatte er Flugzeuge ausgeschickt, um irgendwo auf den Gewässern einer südlichen Inselwelt nach einem primitiven Holzschiff zu suchen. Er wartete wie so oft, seit er wußte, daß seine verhaßten Todfeinde nicht in der »Terra« umgekommen waren, sondern lebten.
    Bar Nergal hatte keinen Blick für den Mann in der schwarzen marsianischen Uniform, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte.
    Die Halle war leer, doch Marius Carrisser konnte sich des Gefühls nicht erwehren, ständig von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Unbehagen nistete wie ein Frösteln zwischen seinen Schulterblättern. Die tote Stadt bedrückte ihn. Er traute niemandem, und er mußte immer mühsamer gegen das Gefühl ankämpfen, in der Falle zu sitzen.
    Unsinn, sagte er sich. Sein Beiboot stand auf dem Raumhafen-Gelände. Ein marsianischer Kampfkreuzer der »Deimos«-Klasse wartete im Orbit. Und hatte er die Piloten der Flugzeuge - Söhne der Königin dieses gespenstischen Bienenstaates - nicht selbst ausgebildet? Hatte er nicht persönlich die Priester im Gebrauch der Waffen unterwiesen, damit sie die »Terra« vernichten und zu Sündenböcken gestempelt werden konnten?
    Der Präsident der Vereinigten Planenten hatte solche Sündenböcke gebraucht.
    Die Tochter Conal Nords, des Generalgouverneurs der Venus, war bei den geflohenen Barbaren aus der Mondstein-Welt, also durften die marsianischen Streitkräfte offiziell nichts mit dem Tod der Barbaren zu tun haben. Aber inzwischen stand fest, daß die Terraner noch lebten. Und Präsident Jessardin hatte beschlossen, sie vorerst am Leben zu lassen, solange sie keine Unruhe stifteten.
    Marius Carrisser sollte in Jessardins Auftrag dafür sorgen, daß es auf der Erde keine weiteren kriegerischen Zwischenfälle mehr gab.
    Er sollte Bar Nergal unterstützen, lenken und als Marionette aufbauen, die es den Vereinigten Planeten gestattete, die Lage zu kontrollieren. Aber der Oberpriester war unberechenbar in seinem Haß. Noch beugte er sich den Anweisungen. Noch wollte er die restlichen Barbaren angeblich nur finden, weil er sich nicht sicher fühlte, solange er ihren Schlupfwinkel nicht kannte. Aber wenn er sie fand - würde es dann ihm, Carrisser, gelingen, diesen wahnsinnigen Greis in seiner blinden, schrankenlosen Rachsucht aufzuhalten?
    Der Mann in der schwarzen Uniform preßte die Lippen zusammen.
    Sein Blick streifte das fahle, ausgemergelte Totengesicht unter dem kahlen Schädel, die blutrote Kutte, die schwarzen, tiefliegenden Augen, die unverwandt an dem Funkgerät hingen. Dürre, langfingrige Hände ragten aus den weiten Ärmeln der Priesterrobe. Hände, die sich wie Krallen krümmten, die sich öffneten und schlossen, öffneten und wieder schlossen, als wollten sie so den fernen Gegner zermalmen.
    Marius Carrisser schauerte.
    Kalt spürte er etwas in sich hochsteigen, und er wußte, daß es Angst
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