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Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft

Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft

Titel: Söhne der Erde 08 - Sucher der Zukunft
Autoren: Susanne U.Wiemer
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neue Sklaverei.
    Lara blieb stehen und zog die schmalen, schön geschwungenen Brauen zusammen.
    Wie oft hatte sie selbst versucht, Charru zum Aufgeben zu bewegen! Sie würde nie ganz begreifen, warum ein Mensch den Tod einem Leben in Gefangenschaft vorzog. Aber sie war über den Punkt hinaus, an dem solche Überlegungen eine Rolle spielten. Ihr wohlgeordnetes, nur von der Vernunft bestimmtes Leben war in jener Nacht im Labor der Zuchtanstalten durcheinandergeraten, als sie plötzlich einer Horde halbnackter Barbaren gegenüberstand, die frische Nahrungsmittel für ihre Kranken brauchten.
    Damals hatte sie angefangen, das Projekt Mondstein mit den Augen der Opfer zu sehen, mit Charrus Augen.
    Unter den erschöpften, verzweifelten, zum äußersten entschlossenen Flüchtlingen wurde ihr bewußt, daß es eine Ungeheuerlichkeit gewesen war, Menschen als Objekte wissenschaftlicher Neugier leiden und sterben zu lassen. Sie hatte plötzlich die tiefe Unmenschlichkeit gespürt, von der die marsianische Gesellschaft geprägt war. Und in sich selbst hatte sie, widerstrebend zuerst, etwas entdeckt, das ihr neu und fremd war: die Fähigkeit, aufrichtig und mit ungeteiltem Herzen zu lieben.
    Das war es, was sie mitten in der Nacht hierhergetrieben hatte.
    Die Hoffnung, Charru und seine Gefährten zu finden. Das Wissen, daß ihr Leben für immer leer sein würde, wenn es ihr nicht gelang. Das Gefühl, das in ihr erwacht war, hatte alle Dämme von Vernunft und Logik und Pflichtbewußtsein überrannt, hatte ihr gezeigt, daß es ein anderes, menschlicheres und lebenswerteres Leben gab. Der Stachel saß tief. Nichts würde je wieder so sein wie vorher...
    Ein leises Geräusch riß sie aus ihren Gedanken.
    Irgendwo hatte sich ein Stein gelöst und rollte den Steinhang hinunter. Lara wandte sich um. Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie das Trümmerfeld der aufgerissenen, von Bombeneinschlägen bedeckten Bergflanke ab, und da sah sie die schmale Gestalt zwischen den durcheinandergewürfelten Steinbrocken.
    Ein Kind!
    Ein kleiner Junge, nicht älter als elf oder zwölf Jahre. Deutlich konnte Lara jetzt sein schmales, eigentümlich sanftes Gesicht erkennen. Sie erinnerte sich nicht, ihn unter den Kindern der Terraner gesehen zu haben. Gehörte er zu den Hügelleuten? Hatten vielleicht doch ein paar von ihnen das Massaker überlebt?
    Der Junge streckte tastend die Linke aus, obwohl das Licht der beiden Monde ausreichte, um sich zurechtzufinden.
    Nach ein paar Schritten blieb er stehen und kauerte sich zusammen, den Rücken gegen einen Felsblock gelehnt, dessen verbrannte, Oberfläche wie mit Glas überzogen schimmerte. Lara runzelte die Stirn. Der Junge war blind, wurde ihr klar. Und er war offenbar ganz allein hier. In der Rechten hielt er einen schmalen, zweischneidig geschliffenen Dolch. Die Finger seiner Linken glitten tastend über die lange Klinge. Seine blinden Augen blickten ins Leere, und über seine Wangen rannen lautlos Tränen.
    Lara sah das Zucken seiner Lippen, sah die magere Hand, die sich um den Griff des Dolches verkrampfte.
    Und da begriff sie plötzlich,, was er tun wollte.
II.
    Sie ließen den Gleiter im Schatten der Felsennadeln stehen.
    Charru hatte Camelo, Jarlon und Ayno mitgenommen. Wahrscheinlich würde es nicht besonders schwierig sein, den kleinen Robin zu finden. Er konnte nicht in die Höhlen eindringen, er konnte auch nicht sehr weit kommen, da er sich mühsam vorwärts tasten mußte. Früher hatte er hier jeden Stein und jeden Strauch gekannt und sich mit der gleichen Sicherheit bewegt wie ein Sehender. Aber nach dem massiven Einsatz von Bomben und Laserkanonen war das Gelände nicht mehr das gleiche - ein Punkt, den der Junge vermutlich nicht bedacht hatte.
    Suchte er nach Überlebenden?
    Es war immerhin möglich. Robin hatte die Katastrophe nicht gesehen; er wußte wenig über die Waffen des Mars. Er war in den Hügeln geboren und aufgewachsen und kannte nichts anderes. Zwölf Jahre lang waren diese Hügel seine Welt gewesen. Vielleicht wollte er auch nur einfach Abschied nehmen.
    Charru kämpfte gegen die nagende Unruhe, die ihn nicht losließ.
    Langsam ging er auf den düsteren Einschnitt des Tals zu, an dessen Hang das kleine Plateau mit dem Höhleneingang lag. Beim letzten Mal hatten noch dürre Büsche den Felsspalt verdeckt. Jetzt klaffte ein breites, ausgezacktes Loch in der Wand, und herabstürzende Trümmer hatten das Plateau unter sich begraben.
    »Ich schau mal nach«, murmelte
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