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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen
Autoren: Deborah Crombie
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Zahnbehandlung. Was, wenn Duncans Eltern sie nicht mochten? Was, wenn sie den Erwartungen, die sie für ihren Sohn hegten, nicht entsprach? Kits
Mutter war schließlich Akademikerin gewesen, eine angesehene Dozentin an der Universität von Cambridge, während Gemma von der Schule direkt auf die Polizeiakademie gegangen war und niemand in ihrer Familie je ein Universitätsstudium abgeschlossen hatte. Ihre Eltern waren Bäcker, keine Intellektuellen, und die literarischen Ambitionen ihrer Mutter beschränkten sich auf eine Vorliebe für Soaps.
    »Ja, Mince Pies in Hülle und Fülle«, versicherte Kincaid. »Und morgen zum Weihnachtsessen gibt’s Truthahn.«
    »Und was ist mit heute Abend? Ich hab doch heute Abend Hunger.« Toby beugte sich so weit vor, wie es sein Gurt nur zuließ, die Augen vor Eifer weit aufgerissen.
    »Heute Abend kocht deine Tante Jules, wenn ich mich nicht irre, also wirst du dich einfach in Geduld üben müssen. Und in Höflichkeit«, setzte Kincaid hinzu, klang dabei aber ein wenig unsicher. Er sprach nicht oft über seine Schwester, und Gemma wusste, dass er Juliet, seinen Neffen und seine Nichte zuletzt Weihnachten vor zwei Jahren gesehen hatte.
    Toby trommelte mit den Schuhspitzen gegen die Rückenlehne von Gemmas Sitz. »Wieso? Kann sie nicht kochen?«
    »Hmm – na ja, sie war schon als kleines Mädchen eher handwerklich begabt«, antwortete Kincaid diplomatisch. »Aber ich denke mal, wenn sogar Gemma kochen lernen kann, ist alles möglich.«
    Ohne die Augen von der Straße zu nehmen, knuffte Gemma ihn in den Arm. »Vorsicht, Freundchen, oder ich misch dir in Zukunft Regenwürmer ins Essen.« Toby gluckste vergnügt, und Gemma war erleichtert, als sie ein leises Kichern von Kit zu vernehmen glaubte.
    »Wie soll der Weihnachtsmann mich denn finden, wenn ich gar nicht daheim bin?«, wollte Toby wissen.
    »Red doch nicht so kindisch daher«, mischte Kit sich ein. »Du weißt doch, dass es keinen …«

    »Kit, das reicht!«, fuhr Kincaid scharf dazwischen, und schon war der fragile Moment der Harmonie wieder dahin.
    Gemma fluchte in sich hinein und packte das Lenkrad ein wenig fester, doch bevor sie sich überlegen konnte, wie sie die Stimmung retten könnte, rief Toby: »Sieh mal, Mami, es schneit! Wir kriegen weiße Weihnachten!«
    Eine nach der anderen sanken die dicken Flocken auf die Windschutzscheibe, leicht wie Federn, und dann begannen sie immer dichter zu fallen, bis der wirbelnde weiße Nebel Gemmas Gesichtsfeld ganz ausfüllte.
    »Weiße Weihnachten«, echote Kit sarkastisch. »Halleluja!«
     
    »Zum Teufel mit Caspar.« Juliet Newcombe schlug die Spitzhacke mit aller Kraft in den knapp einen Meter breiten Streifen Mörtel in der Mauer des alten Viehstalls. »Zum Teufel mit Piers.« Sie holte aus und vergrößerte mit einem weiteren kräftigen Schlag das Loch, das sie mit dem ersten gerissen hatte.
    Es würde bald dunkel sein, und der bitterkalte Wind, der vom Kanal herwehte, hatte jenen metallischen Geruch, der Schnee verhieß. Sie hatte ihre Leute schon vor Stunden nach Hause geschickt, damit sie den Heiligabend mit ihren Familien verbringen konnten, und es war nur ihre Hartnäckigkeit, die sie so lange nach Feierabend noch auf der Baustelle ausharren ließ. Und ihre Wut.
    Nicht, dass es keinen Grund gegeben hätte, Überstunden zu machen. Der Umbau des alten Viehstalls am Shropshire Union Canal zwischen Nantwich und Barbridge war der größte Auftrag, den sie an Land gezogen hatte, seit sie sich mit ihrer Baufirma selbstständig gemacht hatte, und das ungewöhnlich schlechte Wetter zu Beginn des Monats hatte das Projekt um Wochen zurückgeworfen. Sie lehnte sich einen Moment lang auf den Stiel der Spitzhacke, um zu begutachten, was sie bis jetzt geschafft hatten.

    Gelegen zwischen sanft abfallendem Weideland und dem Ufer des Kanals, würde das Haus ein richtiges kleines Juwel sein, wenn es einmal fertig wäre. Der Kuhstall selbst war ein einstöckiges Gebäude, mit Mauern aus dem traditionellen roten Cheshire-Backstein und einem Schieferdach. Irgendwann in seiner Geschichte war das ursprüngliche hallenartige Stallgebäude durch Anbauten erweitert worden, sodass ein U-förmiges Ensemble entstanden war, mit der offenen Seite zur Wiese. Das Hauptgebäude grenzte direkt ans Ufer des Cut, und von den Fenstern, die sie in die Frontseite gesetzt hatten, bot sich ein ungehinderter Blick auf das Wasser und den Bogen der alten Steinbrücke, die den Kanal überspannte.
    Nur in einem der
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