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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten
Autoren: Mary Burton
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gezielt einsetzte, um Zeugen zu entwaffnen, Richter für sich einzunehmen und Verteidiger zu verärgern. Kier hatte oft gewitzelt, mit diesem Lächeln könne sein Partner Kühlschränke an Eskimos verkaufen.
    Malcolm stapfte an den uniformierten Beamten vorbei, nickte ihnen zu und tauchte unter dem Absperrband hindurch. Er trat neben seinen Partner, der gerade einen nichtssagenden Flecken Erde betrachtete. »Nicht eben die Begrüßung, die ich mir für meine Rückkehr erhofft hatte.«
    Garrison deutete ein Lächeln an. »Schönen Urlaub gehabt?«
    »Jep. Der Wald weckt jedes Mal meine Lebensgeister.«
    Garrison schüttelte den Kopf und schob eine Hand in die Hosentasche. »Wenn deine Hütte nur halb so schlimm ist, wie du sagst, verstehe ich nicht, wieso. Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein.«
    Malcolm zuckte die Achseln. »Hey, wenn du mich je richtig leiden lassen willst, musst du mich in deinen Hangar einsperren und an dem Blechhaufen arbeiten lassen, den du Flugzeug nennst.«
    Garrisons Lächeln wurde breiter. »Es handelt sich um eine alte achtunddreißiger Beechcraft. Unter dem Rost verbirgt sich große Schönheit.«
    »Wenn du es sagst, Boss.« Malcolm und sein Partner waren in vielerlei Hinsicht Gegensätze. Garrison konnte noch in den ärgsten Situationen lächeln und so tun, als wäre alles in bester Ordnung. Malcolm hingegen, der sich selbst als Pulverfass bezeichnete, ging schnell in die Luft und machte keinen Hehl daraus, wenn er verärgert war.
    Mit einem Nicken wies Malcolm auf eine Stelle, die mit Scheinwerfern ausgeleuchtet und mit gelbem Plastikband abgesperrt war. Wahrscheinlich würden sie von den Anwohnern des Parks Beschwerden wegen des grellen Lichts zu hören bekommen. »Ist die Leiche da drüben?«
    »Warte, bis du sie siehst.« Unbehagen vertiefte die Linien in Garrisons Gesicht. Sie schritten auf den Unterstand zu, der dem Wald am nächsten lag.
    Malcolm wappnete sich innerlich und fragte sich, was ihn Schreckliches erwartete.
    Auf einem Picknicktisch lagen Knochen, fein säuberlich zu einem Quadrat aufgehäuft. In der Mitte des Knochenquadrats ruhte der Schädel und starrte Malcolm mit blicklosen Augen an.
    Die Knochen waren weder von der Sonne gebleicht noch dunkel und modrig, als hätten sie lange unter der Erde gelegen. Sie waren cremefarben, seltsam glatt und vollkommen frei von Fleisch.
    »Der Mörder hat sich Zeit für die Anordnung der Knochen genommen.«
    Garrison nickte. »Ja.«
    »Zeit, in der ihn jemand hätte beobachten können.« Malcolm stützte die Hände in die Hüften und beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Er ist pedantisch. Detailversessen. Schätzt ein geregeltes Leben. Ist stolz auf seine Arbeit.«
    »Kann schon sein. Der Täter wollte Aufmerksamkeit erregen.«
    Malcolm versuchte sich vorzustellen, wie der Mörder die Knochen arrangierte und dann zurücktrat, um sein Werk zu begutachten. Der Detective hatte die Gabe, sich in die Menschen hineinzuversetzen, denen er auf den Fersen war. Das machte ihn zu einem guten Polizisten, mitunter aber zu einem schlechten Freund, Sohn oder Bruder. »Das Knochenarrangement ist furchterregend und für die Polizei eine harte Nuss.«
    »Klingt plausibel.«
    »Ein normaler Mörder macht so etwas nicht.«
    »Ganz bestimmt nicht.« Garrison stieß einen Seufzer aus. Im letzten Jahr war Alexandria von einer besonders ungewöhnlichen Mordserie heimgesucht worden. Die Täterin hatte ihre Opfer, allesamt Verbindungsstudentinnen, nicht nur zur Schau gestellt, sondern am ersten Tatort auch einen Brand gelegt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sie war inzwischen zu lebenslänglich verurteilt worden und saß im Gefängnis.
    »Wo bleibt die Spurensicherung?« Malcolm musterte das halbe Dutzend Polizeiautos. Normalerweise war die Spurensicherung vor den Detectives am Tatort.
    »Ist auf dem Weg. Diese Einbruchsserie hält sie ziemlich in Atem. Im Moment drehen sie sich im Kreis.«
    »Wer hat die Knochen gefunden?«
    »Ein Polizist hat drei Jungs beobachtet, die gegafft und mit dem Finger in die Richtung gezeigt haben. Er hatte gerade Dienstschluss und ging mit seinem Hund spazieren. Als er sie gerufen hat, sind sie weggerannt. Aber der Hund ist ein ehemaliger Spürhund von uns.«
    Malcolm grinste. »Sie sind also nicht weit gekommen.«
    »Genau.«
    »Wo sind sie jetzt?«
    »Stehen sich da drüben die Beine in den Bauch«, sagte Garrison.
    Malcolm sah drei halbwüchsige Jungs, die an einem Streifenwagen lehnten. Sie hatten die Arme
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