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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten
Autoren: Mary Burton
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einen dringend benötigten Urlaub verbracht. Die Hütte lag im Shenandoah Valley direkt am See, auf einem zwölf Hektar großen Stück Land, das durch eine Schotterpiste, die sich ins Gebirge hinaufschlängelte, mit der Hauptstraße verbunden war. Der nächste Laden war dreißig Kilometer entfernt.
    Die von ihm selbst erbaute Blockhütte hatte kleine Fenster mit Klappläden, die im Sommer die Mücken und im Winter die Kälte aussperrten. Vorne gab es eine Veranda mit Blick auf den See, doch sie bot nur Platz für zwei Stühle. Ein Generator erzeugte Strom für einen kleinen Kühlschrank, der primitive Herd wurde durch eine Propanflasche mit Gas versorgt. In der Küche gab es nur kaltes Wasser, und bis Malcolm den Kredit für das Land abgezahlt hatte, war ein voll ausgestattetes Badezimmer der Traum – die Realität war ein Plumpsklo.
    Jeder normale Mensch hätte sich gefragt, was er mit so einer Hütte sollte. Doch Malcolm hatte sich schon beim ersten Blick auf das Grundstück zu Hause gefühlt. Inneren Frieden empfunden.
    Nein, hier gab es keinerlei Komfort, aber genau das gefiel ihm. Er fand es gut, dass sich an diesem Ort nicht jeder einfach so wohlfühlen konnte. Er genoss es, dass er hier keinen Straßenstaub roch, kein Sirenengeheul hörte und keine Verbrechensopfer sah.
    Die meisten Cops, mit denen er zusammenarbeitete, hätten die vollkommene Stille verflucht, aber er liebte sie. Wenn er ein paar Tage Urlaub von seinem anstrengenden Job als Detective des Morddezernats machte, hatte er hier wegen des fehlenden Handyempfangs wirklich frei.
    Seine Freundin Olivia hatte wochenlang darauf gedrängt, dass er sie mit zu seiner Hütte nahm. Er hatte nachgegeben, in der Hoffnung, dass sie über die fehlenden Bequemlichkeiten hinwegsehen und den Ort ins Herz schließen würde. Aber bei ihrem ersten und letzten Besuch war eine Schlange an ihren Füßen vorbeigeglitten, als sie gerade das Plumpsklo benutzte. Ihr Schrei hätte Gläser zerspringen lassen können. Sie war aus dem Häuschen gestürzt und hatte sich im Laufen die Hose hochgezogen, während er die Geistesgegenwart besessen hatte, nicht zu lachen. Er hatte die Schlange gefunden und Olivia erklärt, dass sie nicht giftig sei. Olivia hatte sich inzwischen wieder einigermaßen beruhigt und verkündet, das sei ihr egal. Sie werde nicht wieder herkommen. Sie liebe ihn zwar noch, aber dies sei ein Teil seines Lebens, an dem sie nicht teilhaben wolle.
    Ein Lächeln zuckte um Malcolms Lippen, als er daran dachte, wie sie zu seinem Wagen gestapft war und dabei laut vor sich hin geschimpft hatte.
    Während der letzten drei Tage hatte er sein Mädchen vermisst und war in Versuchung gewesen, hinunterzufahren und sie von der Stadt aus anzurufen. Aber die Verlockungen der Stille waren stärker gewesen als sein Redebedürfnis, und am Ende hatte er sich gar nicht bei ihr gemeldet.
    Als Malcolm Kier noch dreißig Kilometer von Alexandria, Virginia, entfernt war, hatte sein Handy geklingelt. Das Geräusch, das er seit zweiundsiebzig Stunden nicht mehr gehört hatte, hatte ihn aufgeschreckt. Ein Blick auf das Display hatte genügt, um zu wissen, dass der Anruf aus der Zentrale kam und sein Urlaub offiziell beendet war.
    Jetzt holte er Holster und Revolver unter dem Autositz hervor und stieg aus. Er legte das Holster über seinem schwarzen Flanellhemd an und schlüpfte dann in seine Jeansjacke.
    Angel Park war ein etwa fünf Hektar großes Naherholungsgebiet zwischen Duke und King Street. Es gab dort Picknickbereiche, Spielfelder für Ballspiele und jede Menge Platz für Kinder zum Fangen und Verstecken spielen.
    An warmen Tagen wimmelte es hier wahrscheinlich von Familien, und man hörte Gelächter und das Quietschen von Schaukeln.
    Es machte Malcolm wütend, dass der Mörder einen Ort besudelt hatte, der den Kindern gehörte. An Plätzen wie diesem hatten der Tod und das Böse nichts zu suchen. Andererseits hatte der Detective schon vor langer Zeit gelernt, dass Mörder gegen alle geltenden Regeln verstießen.
    Malcolm sah zu dem gelben Absperrband hinüber und entdeckte seinen Partner, Detective Deacon Garrison. Garrison war ein hochgewachsener Mann, der die meisten anderen Polizeibeamten um Haupteslänge überragte. Malcolms Schultern waren genauso breit wie seine, vielleicht sogar muskulöser, aber mit seinen eins siebenundsiebzig musste Malcolm den Kopf in den Nacken legen, um seinem Partner in die Augen zu sehen.
    Garrison verfügte über ein Tausendwattlächeln, das er
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