Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklaven des Himmels

Sklaven des Himmels

Titel: Sklaven des Himmels
Autoren: Edmund Cooper
Vom Netzwerk:
schlechte Entscheidung getroffen, vielleicht auch nicht. Das kann ich nicht beurteilen, aber Oris kann es genausowenig. Es wäre möglich, daß die Räuber uns während des Marsches überfallen hätten. Genausogut wäre es möglich, daß sie uns überhaupt nicht entdeckt hätten. Das werden wir nie wissen. Ich habe mich immer um gute Entscheidungen bemüht. Mehr kann man von einem Mann nicht verlangen. Es stimmt, daß ich nicht soviel jage wie früher. Wie Oris schon sagte, es gehört nicht zu den Pflichten des Häuptlings, zu jagen. Es gehört dagegen zu seinen Pflichten, zu denken und für seinen Stamm Sorge zu tragen. Ich tue mein Bestes, das kann ich mit gutem Gewissen versichern. Oris will erhobene Hände sehen, auch wenn er es bis jetzt noch nicht in Worten ausdrückte. Ihr kennt den Stammesbrauch. Wenn viele Hände sich heben, werde ich den Tod der Messer sterben. Heben sich nur wenige Hände, erleidet der Herausforderer dieses Geschick. Ich habe keinen Zwist mit Oris. Er ist ein großer Jäger und ein tapferer Krieger. Genau wie er trauere ich um unsere Brüder, die wir heute verloren haben.«
    Berry blickte einen nach dem anderen an. »Was ihr euch jetzt fragen müßt, ist nicht, ob ich eine schlechte Entscheidung getroffen habe oder nicht – wir wissen alle, daß es noch keinen Häuptling gegeben hat, der unfehlbar war –, sondern, ob es euch unter meiner Führung gut oder schlecht ergangen ist. Habe ich besser getan als Amri oder schlechter? Das ist es, was ihr entscheiden müßt. Mehr habe ich nicht zu sagen.«
    Ein Gemurmel und Geflüstere folgten seinen Worten. Die Flüsterer hatte Berry zu fürchten, denn sie waren jene, die herauszufinden suchten, ob sie stark genug waren, offen die Hand zu heben.
    »Ich habe keinen Zwist mit Berry«, wiederholte Oris heuchlerisch. »Ich denke nur an das Wohl des Stammes. Vielleicht würde ein neuer Häuptling uns besser führen. Aber ich habe keinen Zwist mit Berry.«
    »Hah! Er hat keinen Zwist mit Berry! Oris lügt!« Vron sprang aus der Dunkelheit über den Kreis der Männer hinweg ans Feuer. Mit blitzenden Augen deutete sie auf ihre milchgeschwollene Brust. »Das ist sein Zwist mit Berry. Mein Körper ist es, wie alle hier wissen müßten ... Oris mag nach erhobenen Händen rufen, und es wäre möglich, daß Berry die Messer zu spüren bekommt. Doch nie, nie wird Oris mich haben!« Sie blickte die Männer im Kreis wild an. »Und der erste von euch, der die Hand gegen meinen Mann erhebt, wird noch vor Sonnenaufgang tot sein. Das schwöre ich!«
    Oris starrte sie sprachlos an. Er erinnerte an ein Kaninchen, das wie gelähmt einer Schlange gegenüberkauert. Der ganze Stamm bemerkte seine Schwäche.
    Aber auch Berry wußte nicht, was er tun oder sagen sollte. Schließlich entschied er sich, das Ganze als Spaß abzutun. Er lächelte Vron an und sagte: »Weib, mit einem Beschützer wie dir brauche ich keine Feinde zu fürchten. Du hast Oris aus der Fassung gebracht und diesen tapferen Männern hier Furcht eingeflößt. Geh jetzt zurück in dein Zelt, ehe dir noch mehr einfällt.«
    »Ja, mein Häuptling«, erwiderte sie sanft. Sie drückte einen Kuß auf sein blutverkrustetes Gesicht und schritt durch den Kreis der Männer.
    Berry blickte seine Stammesbrüder an und zuckte die Schultern. »Es tut mir leid. Aber wer könnte schon sagen, was im Kopf einer Frau vor sich geht?«
    Alle lachten. Es war ein Lachen der Erleichterung. Berry fühlte, daß Vrons Einmischung die Fronten gewendet hatte. Die meisten der Männer waren nun für ihn. Er wußte es.
    Er warf einen Blick auf Oris, der immer noch völlig benommen dastand.
    »Es tut mir leid – diese unerwartete Unterbrechung«, wandte er sich an ihn. »Aber vielleicht brauchten wir gerade jetzt etwas, worüber man lachen kann. Es war ein schlimmer Tag, und unsere Herzen sind schwer.«
    Oris hatte sich wieder genug gefaßt, um zu erkennen, daß er eine schlechte Figur gemacht hatte. Das stachelte seinen Grimm noch mehr an.
    »Es war eine schlechte Entscheidung!« brüllte er. »Die Frau wollte euch mit ihrem Angriff auf mich vergessen lassen, daß es eine schlechte Entscheidung war. Berry taugt nicht mehr dazu, den Stamm zu führen!«
    Kaum hatte er die Worte ausgestoßen, wurde es Oris selbst klar, daß das ein Fehler gewesen war. Die Stimmung war jetzt gegen ihn.
    »Nun«, meinte Berry ruhig. »Verlangst du das Heben der Hände?«
    »Nein. Das Feuerpalaver wurde durch das Gewäsch dieser Frau entwürdigt. Berry
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher