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Sinnliche Maskerade

Sinnliche Maskerade

Titel: Sinnliche Maskerade
Autoren: Jane Feather
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Absichten Ihres verstorbenen Vaters in Ehren zu halten und Ihnen beiden jeweils einmalig die Summe von zehntausend Pfund auszuzahlen. Unglücklicherweise hat Sir Stephen die Sache anders gesehen.«
    »Ja, selbstverständlich«, erwiderte sie und lächelte bitter. Alexandra hatte diesen entfernten Cousin zwar nie kennengelernt, aber auch ihr Vater hatte für seinen mutmaßlichen Erben nie ein gutes Wort übrig gehabt. Das Verlangen, Sir Stephen zu enterben, war, wie sie immer vermutet hatte, der Hauptgrund dafür, dass ihr Vater so überstürzt eine zweite Ehe eingegangen war und unbedingt einen männlichen Erben produzieren wollte.
    Sie faltete den Bankscheck zusammen und stopfte ihn tief in die Tasche ihres Musselinrockes. Siegelring und Uhrentasche folgten, und schließlich erhob sie sich.
    »Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Anwalt Forsett. Aber ich will Sie nicht länger in Anspruch nehmen.«
    Er stand ebenfalls auf.
    »Haben Sie sich Ihre nächsten Schritte schon überlegt, Ma’am?«, brachte er unbeholfen über die Lippen. »Sie müssen eine einträgliche Anstellung finden. Vielleicht kann das Konvikt Sie als Lehrerin anstellen. Oder vielleicht können Sie auch in einer respektablen Familie eine Stelle als Gouvernante antreten. Ihre Erziehung wird für Sie sprechen.«
    »Dies lag zweifellos in der Absicht meines Vaters, als er mich ins Konvikt geschickt hat«, erklärte sie. Ihre Augen brannten. »Ich darf annehmen, dass es an mir ist, zusätzlich zu meinem eigenen Einkommen so viel zu verdienen, dass auch meine Schwester versorgt ist?«
    »Ich könnte noch einmal mit Sir Stephen sprechen, Ma’am, an ihn appellieren ...«
    »Nein, Sir«, unterbrach sie seine unbeholfene Rede, »meinen Cousin würde ich noch nicht einmal um das Schwarze unter seinen Nägeln bitten. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.«
    Die Tür schloss sich hinter ihrer Grobheit. Kopfschüttelnd wischte sich der Anwalt mit einem großen Leinentaschentuch die Stirn und sank zurück auf seinen Stuhl.
    Alexandra trat hinaus in den frischen Wind des Londoner Wintertages. Auf der Chancery Lane herrschte reger Verkehr. Eisenräder ratterten durch Pfützen und ließen das schmutzige Wasser aus der Gosse aufspritzen. Einen Moment lang stand sie einfach nur da; sie achtete nicht auf ihre Umgebung, wie benommen angesichts der Aussicht auf eine Zukunft, die keine Zukunft mehr war. Sie war in dem Glauben erzogen worden, dass ihre Welt sich niemals großartig ändern würde, dass sie den Pfad beschreiten würde, den andere junge Ladys in ihrer gesellschaftlichen Stellung schon vor ihr breit ausgetreten hatten. Noch nicht einmal die Scheidung ihrer Eltern - ein geradezu unerhörter Vorfall in ihren Kreisen - hatte unangemessene Sorge über den nächsten Abschnitt ihres Lebens in ihr ausgelöst. Einigermaßen zufrieden hatte sie sich im Konvikt St. Catherines eingerichtet, nahe genug bei ihrer Schwester, die bei ihrer früheren Kinderfrau in guter Pflege war, und geduldig darauf gewartet, dass die Türen auf dem Weg ins Leben weit aufschwingen würden.
    Aber stattdessen waren diese Türen gerade krachend zugeschlagen worden.

Kapitel 1
    September 1763
    Der Honorable Peregrine Sullivan zügelte sein Pferd oben auf den Klippen von Dorsetshire und ließ den Blick über das ruhige Wasser von Lulworth Cove schweifen. Weißliches Meerwasser spritzte durch den hufeisenförmigen Fels am Eingang und besänftigte sich wieder, als es auf den Strand zurückrollte.
    Mit diesem südlichen Küstenstreifen war Peregrine nicht vertraut, denn größtenteils war er in der zerklüfteten Wildnis von Northumberland aufgewachsen, dort, wo raue Berge und hügelige Sümpfe das Landschaftsbild bestimmten. Aber hier - wo ausgedehnte Wassermassen in der Spätsommersonne glitzerten, hartes Gras oben auf der Klippe wuchs und die Luft von duftenden Nelken erfüllt war, die unter den Hufen des Pferdes zerstoben - hier fand er es viel wohltuender. Alles in allem ein angenehmerer Teil dieser Welt, dachte er, umso besser.
    Müde drehte sein Pferd den Kopf und wieherte. Perry beugte sich vor und streichelte dem Tier den Nacken.
    »Gleich sind wir da, Sam.« Er drückte dem Pferd die Absätze in die Flanken und drängte es weiter. Drei Tage hatte der lange Ritt von London insgesamt gedauert. Die Reisekasse des Honorable Peregrine war nicht besonders üppig gefüllt, weshalb er eine Ausgabe für die Postkutsche nicht willkommen geheißen hatte; außerdem hatte er an der Strecke
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