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Silvy macht ihr Glück

Silvy macht ihr Glück

Titel: Silvy macht ihr Glück
Autoren: Berte Bratt
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Sprachen?“
    „Ja, gnädige Frau.“
    „Welche?“
    „Mit Deutsch und Englisch komme ich ganz gut zurecht, und Französisch kann ich am besten.“
    „Sind Sie in Frankreich gewesen?“
    „Ja, gnädige Frau. Ein Jahr.“
    Natürlich dachte Frau Allen, Sylvi hätte dort eine Stellung angenommen, um die Sprache zu erlernen. Das taten viele norwegische Mädchen.
    „Aber hören Sie mal, Fräulein Eriksen“, sagte sie schließlich. „Gesetzt den Fall, ich stelle Sie ein: Sind Sie sich klar darüber, daß ich einen gewöhnlichen Chauffeur suche? Ich habe nicht daran gedacht, einen ,Gentleman-Chauffeur’ aufzunehmen. Und es ist mir überhaupt nicht eingefallen, einen weiblichen Chauffeur anzustellen.“
    „Das würde kein Problem sein, gnädige Frau“, entgegnete Sylvi ruhig. „Ich bin mir ganz klar darüber, daß ein Chauffeur zur Dienerschaft gehört. Damit habe ich gerechnet.“
    „Ich behandle meine Dienerschaft gut“, sagte Frau Allen bestimmt und sachlich. „Ich gebe guten Lohn, reichliche Freizeit und ordentliche Zimmer. Dafür verlange ich aber auch gute Arbeit.“
    „Ich würde meine Arbeit so gut verrichten, wie ich nur kann, gnädige Frau.“
    „Sind Sie stark? Kräftig? Ich meine, wenn wir unterwegs eine Panne haben, einen Reifenwechsel oder so…“
    „Gnädige Frau, vielleicht machen Sie sich die Mühe, Herrn Generaldirektor Stahr anzurufen?“
    „Doch, das will ich tun. Warten Sie bitte in der Halle.“
    Sylvi brauchte nicht lange zu warten.
    „Also, Fräulein Eriksen“, sagte Frau Allen nach dem Telefongespräch, „ich hatte, wie schon gesagt, nicht daran gedacht, einen weiblichen Chauffeur anzustellen. Aber nachdem ich mit Herrn Stahr gesprochen habe, will ich einen Versuch wagen. Sind Sie mit einer Probezeit von vierzehn Tagen einverstanden?“
    „Mit Freuden, gnädige Frau.“
    „Zweihundert Kronen für die vierzehn Tage. Falls ich Sie fest anstelle, bekommen Sie dreihundert im Monat, ein gemütliches Zimmer, freie Krankenkasse und gute Verpflegung. Haben Sie noch Fragen zu stellen?“
    „Wann wünschen Sie, daß ich anfange, gnädige Frau?“
    „Am liebsten gleich. Mein voriger Chauffeur mußte gestern gehen. Können Sie morgen anfangen?“
    „Gewiß, gnädige Frau.“
    „Gut. Also erwarte ich Sie morgen früh um zehn Uhr.“
    „Vielen Dank, gnädige Frau. Ich bin sehr froh darüber.“
    „Ich hoffe, daß wir das Experiment nicht zu bereuen haben“, sagte Frau Allen und reichte Sylvi die Hand. „Also willkommen morgen, Fräulein Eriksen.“
    Als Sylvi dem Ausgang zuging, blieb sie stehen und wandte sich an das Stubenmädchen, das sie hinauslassen sollte.
    „Können wir uns nicht gleich miteinander bekannt machen? Ich soll nämlich morgen meine Stellung hier antreten. Ich heiße Sylvi Eriksen.“
    „Ach so“, sagte das Stubenmädchen. „Die Gnädige will also diesmal einen weiblichen Chauffeur haben. Naja, dann riskiert sie nicht, daß der Chauffeur das Auto privat braucht und mit seiner Freundin darin herumfährt.“ Dann unterbrach sie sich und änderte den Ton. „Ja, dann heiße ich Sie willkommen. Ich bin Klara Furulund, und das ist die Köchin Magnhild Bru.“
    Sylvi wechselte ein paar Worte mit Klara und Magnhild, dann ging sie die breite Allee zurück. Es schien ihr, als ob jetzt der Kies unter ihren Füßen viel munterer knirschte.
    Und munter war auch die Begrüßung im Hause des Bruders.
    „Hanne und Hegard! Hurra! Hei! Hurra! Hier seht ihr den Herrschaftschauffeur, den dritten am Eßtisch in Frau Allens Küche, Kollegin von Magnhild und Klara und untertäniger Diener der gnädigen Frau.“
    „Du und untertänig!“ spottete Hegard.
    „Du glaubst wohl nicht, daß ich auch höflich sein kann?“
    „Hm“, sagte Hegard nur.
    „Da brauchst du gar nicht ,hm’ zu sagen. Du bist bloß neidisch, mein Junge, denn du würdest niemals einen Posten als Chauffeur bekommen, jedenfalls nicht, wenn du zuerst eine Probefahrt machen müßtest. Ach, ich bin so froh. Und ich flehe den Segen des Himmels herab auf die Geliebte meines leichtsinnigen Vorgängers!“
    „Auf wen?“ fragte Hegard verblüfft.
    Aber da hatte Sylvi schon mit einem lauten Knall die Tür hinter sich zugeschlagen.

2
     
     
    Amnächsten Morgen wurde Sylvi von Klara empfangen und auf ihr Zimmer geführt. Es war ein Giebelzimmer im zweiten Stock, nett und gemütlich eingerichtet, aber mit einem eingefressenen Tabakgeruch. Sylvi öffnete alle Fenster, ehe sie ans Auspacken ging. Sie schob eine
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