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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon
Autoren: Elea Noir
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möchte gar nicht daran denken! Ich habe heute Spätschicht und kann vorher noch mal zu dem Wolf gehen. Ich werde dann Wasser und Verbandsmaterial mitbringen und hoffe, etwas Positives ausrichten zu können, aber jetzt sollten wir uns schleunigst auf den Weg nach Hause machen!« Kai nickte zustimmend und blickte auf seine Uhr. »Ja, du hast recht. Es ist schon kurz nach sieben, wir müssen uns beeilen!«
    Keine zehn Minuten später betraten wir die Küche unseres spärlichen Hauses. Mia und Nino saßen verunsichert auf der alten Holzbank und frühstückten. Mia schien ein Stein vom Herzen zu fallen, als sie mich kommen sah. »Kira, du bist da, endlich! Vater schläft zum Glück noch!«, sagte sie erleichtert und lächelte, während Nino, unser zehnjähriger Bruder, uns einen Vogel zeigte. »Ihr spinnt doch, ein Wolf! Geht’s noch? Dass Kai so irre ist und sich sämtliche wilden Viecher in die Hütte setzt, wissen wir ja, aber dass du auch noch mitmachst, Kira! Wenn das unser Alter erfährt, knallt er nicht nur den Wolf, sondern euch gleich mit ab!«, sagte er.
    Mia sah beschämt zu Boden, sie sollte doch nichts verraten! Nino war ganz anders als Kai und hatte keinerlei Verständnis für Kais Hingabe zu den Tieren. Einerseits konnte ich ihn verstehen, wir waren im Grunde alle Großstadtkinder und erst vor ein paar Monaten hierher gezogen. Bis vor einem halben Jahr hatten wir nie ein Haustier gehabt, noch nicht einmal einen Hamster, und nun lebten wir mit Hühnern und Hasen auf einem heruntergekommenen Hof in einem kleinen Dorf. Kai flüchtete sich vollkommen in den angrenzenden Wald zu den wilden Tieren, dort hatte er sich seine eigene Welt erschaffen und genoss sein neues Dasein.
    Ursprünglich kommen wir aber aus Heidelberg. Dort führten wir ein bequemes und angesehenes Leben, zumindest, als unsere Mutter noch lebte. Sie war Ärztin in Heidelberg gewesen und wir, die Bachs, zählten einst zu den angesehenen Familien der Stadt. Ich war froh, dass unsere alten Freunde weit weg lebten und nicht sehen konnten, wohin es uns verschlagen hatte, nämlich ins tiefste Gefilde Deutschlands, an den Arsch der Welt, wie Nino immer sagte, obwohl Elmenthal zentral liegt, aber dennoch ziemlich weit entfernt von der nächsten großen Stadt ist.
    Umzingelt von Wäldern und Feldern, war die Umstellung enorm gewesen, als wir hier ankamen. Während Kai sein neues Zuhause begeistert aufnahm, hat es Nino bis heute nicht verkraftet. Ich musste mich anpassen, obwohl mit dem Umzug all meine Träume starben. Ich hätte so gerne Medizin studiert und wäre liebend gerne Ärztin geworden, wie meine Mutter. In Heidelberg hatte ich die besten Voraussetzungen dafür gehabt, aber Vater erlaubte es nicht, dass ich studiere. Und so war es Glück im Unglück, dass ich eine Lehre zur Krankenschwester beginnen konnte und selbst in der Nähe von Elmenthal eine Möglichkeit bekam, meine Ausbildung fortzusetzen. Ich war inzwischen im zweiten Lehrjahr und die Stunden, die ich täglich in der hiesigen Klinik verbringen konnte, waren die schönsten an meinem Tag. Ich konnte Menschen helfen und alle waren dort freundlich zu mir. Bei uns zu Haus war dagegen Gewalt an der Tagesordnung. Unser Vater war schon immer gewalttätig und grausam. Wie gerne hätte ich all dem den Rücken gekehrt und wäre verschwunden, aber ich konnte nicht – meine Geschwister brauchten mich. Ihretwegen kehrte ich täglich nach der Arbeit zurück und betete beständig, dass sich Vater eines Tages besinnen würde.
    »Geht es dem Wolf besser?«, fragte Mia zaghaft und riss mich aus meinen Gedanken. Ich zuckte nur mit den Schultern. »Weiß ich leider nicht, wir haben ihn nur in die Hütte gebracht, ich werde später nach ihm schauen, wenn ihr in der Schule seid.«
    »Ja, wir sollten uns aufmachen, bevor der Alte erwacht und noch Wind davon bekommt. Ich will nicht hier sein, wenn der merkt, dass ihr einen Wolf versteckt!«, sagte Nino und packte seine Pausenbrote ein. »Wenn du deine Klappe hältst, wird er nichts erfahren!«, konterte Kai grantig, stand auf und blickte Nino scharf in die Augen. »Hey, hört auf, ihr zwei, lasst das! Zieht euch lieber an, der Bus kommt in ein paar Minuten. Ich kümmere mich hier um alles und niemand, ich wiederhole: NIEMAND, wird Vater auch nur ein Wort von dem Wolf erzählen! Ich muss um dreizehn Uhr bei der Arbeit sein, wir sehen uns also erst heute Abend wieder. Kai, sei so lieb und schaue am Nachmittag nach dem Wolf. Ich hinterlasse dir eine
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