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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)
Autoren: P. J. Tracy
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abgesagt.»
    «So ein Pech.»
    «Ja, Pech, aber er ist schon auch ein echter Esel. Glaubt immer noch, er wäre achtzehn und Steilwandklettern die Idee des Jahrhunderts. Jedenfalls dachte ich mir, ich bringe keine sieben Urlaubstage damit zu, mir sein Gejammer anzuhören. Da spiele ich doch lieber den noch viel größeren Esel, nehme meine Urlaubskasse und klappere sämtliche Kasinos von Minnesota ab.»
    «Und wie lief das so?»
    «Ich bin nach drei Tagen Urlaub wieder da. Was glaubst du denn, wie’s gelaufen ist?»
    «Wahrscheinlich immer noch besser, als wenn du das Geld bei der Pensionskasse eingezahlt hättest.»
    «Traurig, aber wahr.»
    Sie hörten die schweren Schritte auf dem Gang schon, bevor sie um die Ecke bogen und Joe Gebeke sahen, der in voller Sprengkommando-Montur und im Laufschritt auf sie zukam.
    McLaren winkte ihm zu, als er fast bei ihnen war. «He, Kumpel. Habt ihr heute eine Übung?»
    Joe Gebeke war ein kräftiger Mann, und die Ausrüstung, die er trug, wog gut und gerne fünfundzwanzig Kilo. Er war schon jetzt rot im Gesicht und schweißgebadet, dabei hatte er den Glutofen draußen noch gar nicht betreten. Magozzi hatte Mitleid mit ihm.
    Jetzt blieb er stehen, nickte den dreien zu und nahm sich einen Moment, um zu Atem zu kommen. «Neuerdings sind neunundneunzig Prozent unserer Einsätze Übungen. Diesmal haben wir einen anonymen Hinweis auf ein verdächtiges Päckchen in der Schlemmergasse der Maplewood Mall gekriegt. Letzte Woche war’s die Rosedale Mall.»
    «Was ist denn da los?», fragte Gino.
    «Halbstarke Rotznasen, die sich für sonst was halten und unsere Steuergelder verpulvern. Die machen uns noch wahnsinnig. Vergangenen Monat wurden wir von vier verschiedenen Schulen alarmiert, mitten in der Prüfungswoche. Und jetzt ist das Schuljahr vorbei, und die kleinen Scheißer terrorisieren die Einkaufszentren.»
    «Habt ihr sie alle erwischt?»
    «Klar. Ist ja kinderleicht. Das einzig Gute an jugendlichen Straftätern ist, dass sie in der Regel strohdoof sind. Aber man könnte meinen, da wäre ein Nest oder so was. Kaum hat man einen geschnappt, steht schon der nächste bereit, um für ihn einzuspringen. Die sind wie diese Feuerteufel, die irgendwo zündeln und sich dann vor Freude nicht halten können, wenn sie in den Nachrichten sehen, dass sie zwanzigtausend Hektar Land abgefackelt haben. Die glauben auch immer, sie werden nie erwischt. Also dann, Jungs, ich muss weiter. Wahrscheinlich ist es wieder falscher Alarm, aber wir müssen natürlich reagieren, als wär’s der Ernstfall.»
    «Pass auf dich auf», rief McLaren ihm nach, während Joe bereits weiter in Richtung Ausgang rannte.
    Magozzi und Gino verabschiedeten sich ebenfalls, um auf dem Weg ins Morddezernat noch bei Tommy Espinoza vorbeizuschauen – hauptsächlich, weil Gino das Rascheln einer Chipstüte gehört hatte, was in seinen Ohren klang wie Sirenengesang an einer Felsklippe.
    «Gino, es ist acht Uhr morgens.»
    «Na und? Wenn ich den Ruf von Salz und Fett höre, muss ich ihm folgen.»
    «Vielleicht war es ja nur eine Tüte Rosinen.»
    Gino schnaubte verächtlich und drängte sich an Magozzi vorbei in das Büro von Espinoza, der die IT-Abteilung der Polizeidienststelle leitete. Tommy sah von seinem Bildschirm auf. Sein dunkler Latino-Teint gab seinen blauen Augen einen noch intensiveren Glanz, und Gino dachte wie jedes Mal, dass sie genau dieselbe Farbe hatten wie die blaue Flüssigkeit, mit der man Toiletten reinigte.
    «Morgen, Jungs.» Tommy reichte Gino ganz automatisch eine Tüte Erdnussflips.
    «Nein, nicht die. Das orange Zeug kriegt man nie mehr weg, und wenn Angela einen Krümel findet, bin ich geliefert. Hast du nicht was anderes?»
    «Klar doch. Popcorn, Kartoffelchips …» Tommy deutete mit ausgestreckten Armen auf einen Metalltisch, der aussah wie die Knabberzeugabteilung eines gut sortierten Supermarkts. «Hau rein, mein Freund. Mi casa, su casa .»
    Während Gino an seinem Cholesterinspiegel arbeitete, warf Magozzi einen Blick auf Tommys Bildschirm. «Du bist auf YouTube unterwegs?»
    «Zu meinem Leidwesen ja. Wir Diener des Staates müssen uns manchmal eben auch in die Gosse begeben. Schau mal.» Er deutete auf den Bildschirm. Das aktuelle Video zeigte, wie fünf junge Mädchen auf ein sechstes einprügelten, das verzweifelt zu entkommen versuchte.
    «Ach du Schande. Ist das echt?»
    «Das schon. Viele der ganz schlimmen Sachen sind nur inszeniert – irgendwelche Möchtegern-Spielbergs, die versuchen,
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