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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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kund, daß er eine
Absage nicht wünsche.

Das Wirtshaus im Harz und Gittis Nachtgesang
     
     
    Der Harz bot bei unserer Anreise kein
freundliches Bild. Nebel braute um die Tannen, Schneeregen
sprühte ans Autofenster. So passierte es denn, daß wir uns verspäteten und als letzte
in dem rustikalen Hotel anlangten.
    Bruder Michael also empfing uns in der
Hotelhalle mit grämlicher Freude. Er fragte, ob wir erst unsere Zimmer sehen
oder gleich zum Abendessen gehen wollten. Eine Antwort wartete er indes nicht
ab, sondern ächzte uns voran eine schmale Treppe hinauf, hinein in einen engen
Gang.
    »Dieser Gang ist ganz in unserer Hand«,
so sagte er, »das heißt, ich glaube es. Hier vorne an der Treppe wohnen Vera
und ich, da Christoph und Julia, da Stefan mit seiner Familie, seid still, der
Wubbel schläft schon, hier Beate und Florian, hier Gitti und Klaus-Peter, im
Zimmer ganz hinten Fränzchen und Jette...«
    »Was? Tante Fränzle muß mit der Jette
in eim Zimmer schlafe?« Andreas rollte entsetzt die Augen gen Himmel. »Ach, die
Arme!«
    »Ja, da hilft alles nichts!
Einzelzimmer gibt es hier keine. Sie müssen halt miteinander auskommen!«
    »I tat gern bei der Tante Fränzle
schlafe«, bemerkte Mathias, »die erzählt Gschichte und isch so nett.«
    »Was, und i soll mit der Jette?« schrie
Andreas. »Du gemeiner Dinger!« Er wollte sich auf seinen Bruder stürzen, doch
der Onkel hielt die beiden auseinander, öffnete eine Zimmertür und drückte sie
hinein.
    »Fränzchen und Jette bleiben zusammen!
Und ihr könnt euch hier einrichten. Wer in dem Zimmer nebenan schläft, weiß ich
nicht mehr, aber irgend jemand wird’s schon sein. Amei und Manfred, ihr habt
das schönste Zimmer, schaut es euch an!«
    Wir traten ein und standen schweigend.
    »Beeilt euch und kommt schnell runter,
wir sitzen schon beim Abendessen.« Michael schloß die Tür hinter sich und ließ
uns allein mit unserem Erstaunen.
    »Wenn dies das schönste Zimmer ist...
Was wird Christoph wohl sagen?«
    »Ffabt ihr auch eine solche
Luxussuite?« rief uns dieser entgegen, als wir unten im Restaurant anlangten.
»Wenn man bei uns die Tür öffnet, geht der Schrank auf. Der Wasserhahn tropft,
dafür klemmt das Fenster.«
    »Und nach dem Klöchen mußt du drei
Stunden suchen!« klagte Gitti. »Es liegt auf der anderen Seite der Treppe.«
    Bruder Michael wandte keinen Blick von
seiner Hasenkeule.
    »Ihr wolltet es billig, meine Lieben.
Dieses ist billig für den Harz.«
    Wir küßten uns durch die Geschwister,
Schwäger und Schwägerinnen hindurch bis auf unseren Platz. Fränzchen schaute
uns an mit den Augen eines waidwunden Rehleins. Jette, die eingekeilt saß
zwischen Onkel Stefan und Michael, denn diese beiden konnte sie noch am
leichtesten ertragen, hielt schützend beide Hände vors Gesicht. Nur keine Küsse
hieß das.
    »Hallo«, hauchte sie.
    »Schad, daß der Wubbel scho schläft!«
Andreas’ Blicke wanderten vorwurfsvoll von Tante Gabriele zu Onkel Stefan.
»Warum hat er denn scho ins Bett müsse?«
    »Weil er unsere Nerven strapaziert hat
mit seinem Gequengel«, antwortete Christoph für Bruder und Schwägerin, doch
diese nahmen keine Notiz von seinen Worten.
    »Weil er müde war«, verbesserte Stefan,
und Gabriele, nie ungeduldig und immer bereit, auf Kinder einzugehen: »Weißt
du, die lange Fahrt hat ihn angestrengt. Morgen früh ist er wieder
quietschfidel. Er will euch alle wecken.«
    »Was will er?« Michael vergaß sogar für
einen Augenblick das Essen. Er legte die Gabel nieder und schoß einen scharfen
Blick in Richtung der Eltern des Knaben. »Was höre ich da? Mich wird er
gefälligst nicht wecken, denn ich brauche meinen Schlaf nach Mitternacht. Ich
bin kein Morgenmensch. Du kannst es bezeugen, Vera.«
    »Und wie ich es bezeugen kann!« Sein
blondes Eheweib Vera drehte anklagend die Augen gegen die Zimmerdecke. »Wenn
ich ihn morgens nicht aus dem Schlafzimmer ziehe und ins Bad schubse, dann
bleibt er auf dem Bettrand sitzen und schläft weiter. Einen solchen
Morgenmuffel gibt es auf der ganzen Welt nicht mehr.«
    »O doch!« Ein Protestschrei aus fünf
Kehlen. Schwäger und Schwägerinnen vereint im Chor der Schwergeprüften.
    Und dann folgte ein Quintett, ein
langer und zu Herzen gehender Gesang über Morgenmuffel und die Leiden derer,
die das Schicksal mit ihnen vereint. Die Damen Julia und Gabriele übernahmen
Sopran und Alt, Florian und Manfred teilten sich in die Tenorpartie,
Klaus-Peter brummte im Baß. Bei der letzten
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