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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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und
es sei eine gute Idee.
    »Aber es darf nicht viel kosten.«
Franziska, von uns Geschwistern zärtlich Fränzchen genannt, unsere jüngste und
nach meiner Ansicht schwierigste, wobei die Meinungen allerdings
auseinandergingen, denn manche Geschwister hielten in ihrer Verblendung mich,
die liebe Schwester Amei, für noch schwieriger, also Fränzchen warf den dicken
braunen Zopf von der einen Schulter auf die andere, rollte die braunen Augen
gen Himmel und begann, ihr altes Klageliedlein zu singen: »Ihr wißt doch, wie
wenig ich verdiene!«
    »Am Bodensee gibt’s ‘ne
Jugendherberge«, rief Andreas, »da musch fast gar nix zahle, Tante Fränzle, und
kannsch Tischtennis schpiele und bade.«
    »Meinsch, die lasse uns nei mit dene
Alte?« Sein Bruder Mathias wiegte zweifelnd das Haupt.
    »Schweigt still, ihr beiden!« gebot
Michael. »Es erhebt sich die Frage, ob wir die Kinder überhaupt mitnehmen
sollen.«
    »Ohne den Wubbel gehen wir nicht!«
riefen Schwägerin Gabriele und Bruder Stefan einstimmig. Sie hielten schützend
die Hände vor ihren zweijährigen Sprößling, der auf Gabrieles Schoß saß und
emsig Kekse kaute. Der Kleine riß denn auch gleich das Mäulchen auf, sprühte
Kekskrümel um sich und krähte: »Wubbel will au mit!«
    »Und wir und wir?« zeterten unsere
Söhne.
    »Jette?« Schwester Beates Blick
wanderte suchend durch das Zimmer und blieb schließlich auf dem Fensterbrett
hängen. Dort hockte Henriette, ihre Tochter, fünfzehn Jahre alt und
wohlverborgen hinter blondem Haarschleier und unförmigem Rollkragenpullover.
»Jette, du willst doch auch mit?«
    »Wohin?« Sie hob nicht einmal den Kopf.
    »Mit der Familie in ein schönes Hotel.
Wandern, spielen...«
    »Och«, Henriette wischte den
Haarschleier beiseite und richtete ein müdes Auge auf die Versammlung, »mit all
den Kindern und Tanten?«
    Ihre Stimme erstarb in verächtlichem
Seufzer. Der Haarvorhang fiel. Das Haupt sank nieder auf die Knie. Wieder
einmal war es diesem liebenswerten Geschöpf gelungen, die Familie vor den Kopf
zu stoßen, die Tanten älter und die Onkel langweiliger zu machen. Ihr Onkel
Christoph reagierte denn auch mit Schärfe.
    »Lümmel dich nicht herum!« grollte er
zum Fensterbrett hinüber.
    »Sie lümmelt nicht«, antwortete Mutter
Beate für die Tochter, »sie meditiert. Es ist eine Yogastellung, nicht wahr,
Jette?«
    Aber Henriette hielt sie einer Antwort
nicht für würdig, hob nur in stummer Verachtung die Schultern und ließ sie
wieder sinken.
    Wie Mutter und Tochter einander doch
glichen! Früher, als Beate und ich noch zwei unleidliche Backfische gewesen, da
hatte Beate sich nicht anders verhalten. »Ach, du Doofe«, so pflegte sie zu sprechen,
»was weißt denn du?« Dabei war ich nur zwei Jahre jünger als sie und hätte
brennend gern mit der »großen« Schwester über »Liebe« und »Männer« und andere
interessante Themen gesprochen. Aber sie hatte nur die Schultern in Verachtung
gehoben und »ach, du Doofe« gesagt.
    Nun also hatte Beate, die Stolze, eine
aufs Haupt bekommen. Sie zeigte jedoch keinerlei Schmerzgefühle, saß da mit
hochmütig herabgezogenen Mundwinkeln und amüsiertem Lächeln und hätte doch von
Herzen gern eine scharfe Salve in Richtung der geliebten Tochter abgeschossen,
das wußte ich als ihre nächste Schwester und schärfste Konkurrentin mit
Sicherheit. Aber nein, sie schwieg und lächelte.
    »Ruhe jetzt!« donnerte Bruder Michael,
und da wir alle schweigend saßen, hätte es einer so lauten Aufforderung nicht
bedurft. »Wenn ihr die Kinder unbedingt mitnehmen wollt, dann kann ich auch
nichts machen, obwohl...«, er musterte die Gestalt auf dem Fensterbrett mit
einem finsteren Blick, bedachte auch unsere Söhne mit einem solchen und ließ ihn
weiter wandern zu dem mampfenden Wubbel, der arglos zurücklächelte, »obwohl es
Schwierigkeiten geben wird, das kann ich euch jetzt schon verraten. Aber bitte,
tut, was ihr nicht lassen könnt! Ich jedenfalls lehne jegliche Verantwortung
ab. Dafür übernehme ich die Planung des ersten Treffens, denn von diesem hängt
vieles ab. Wollt ihr’s billig und rustikal oder teuer und vornehm?«
    Die Mehrzahl der Familie entschied sich
für billig und vornehm, aber Michael meinte, ein solches Hotel gäbe es nicht
und wir sollten gefälligst den Tatsachen ins Auge sehen. Also wählten wir
billig und rustikal, denn Fränzchen riß die braunen Augen auf und ließ zwei
dicke Tränen tropfen, eine Kunst, die sie zu jeder Tages- und
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