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Sherlock Holmes und das Druidengrab

Sherlock Holmes und das Druidengrab

Titel: Sherlock Holmes und das Druidengrab
Autoren: Alisha Bionda
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schmolz langsam den Schutzpanzer meiner Selbstbeherrschung. 

    Der Himmel besaß die Farbe geschmolzenen Metalls und die Luft war schwer von den miasmatischen Ausdünstungen der Stadt. Nicht nur unser kleiner Haushalt spürte die Auswirkungen der ungewöhnlichen Hitze, auch die Nerven aller anderen lagen bloß. Selbst für einen Moloch wie London war das Maß an Gewalt erschreckend, doch Holmes rührte sich nicht. Diese Verbrechen reizten ihn nicht und er überließ sie der Londoner Polizei.
    Dann bekamen wir Besuch. 
    Wie meine treuen Leser wissen, ist Sherlock Holmes schmerzhaft arrogant, ohne je seine Ansichten und Beobachtungen mit einer bequemen Schicht Zucker zu versehen. Zu seinen Gunsten spricht dabei, dass er den Standesdünkel der meisten Angehörigen der englischen Oberschicht nicht teilt. Er verachtet Dummheit und achtet Klugheit, und es ist ihm egal, ob er einen Adligen in unserem Wohnzimmer empfängt, Inspektor Lestrade, oder aber einen Bettler. Dem Geist zollt er Respekt, die Dummheit lässt er seine Verachtung spüren.
    Ich muss gestehen, dass ich weniger frei von besagtem Standesdünkel bin, und so beäugte ich die Ansammlung Londoner Elendsgestalten in unserer Wohnstube mit Widerwillen. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass der stumme Krieg zwischen Holmes und mir, der unseren guten Geist Mrs Hudson bereits in die Flucht getrieben hatte, noch immer mit voller Kraft tobte und inzwischen einen geradezu infantilen Charakter angenommen hatte. Er benahm sich selbst für seine Verhältnisse außerordentlich schlampig. Es war fast unmöglich geworden, einen Gegenstand an seinem gewohnten Ort anzutreffen, und der Gestank von Holmes' zweifelhaften chemischen Experimenten besaß dieser Tage geradezu höllische Qualitäten. Im Gegenzug strafte ich meinen Freund mit missbilligenden Blicken und Schweigen, wobei ich mir die Freiheit erlaubt hatte, das Schweigen und die Stille durch die Abwesenheit von Holmes’ Geige zu vertiefen, die ich sicher unter meinem Bett verwahrte.
    Die Bettler hatten zusammengelegt. Ihr Anführer erklärte ihr Anliegen mit bemerkenswerter Klarheit, die Lestrade hätte die Schamröte ins Gesicht treiben müssen. Holmes lauschte schweigend und mit geschlossenen Augen. An seinem Gesichtsausdruck sah ich, dass wir einen neuen Fall hatten. Er stürzte sich mit Eifer darauf, doch weder seine Bemühungen noch die Achtsamkeit der Bettler und Dirnen konnten verhindern, dass wieder Menschen verschwanden. Nacht für Nacht patrouillierten Holmes und ich durch die dunklen Straßen. Auch nachdem die Sonne untergegangen war, hatte die Hitze die Stadt in ihrem unbarmherzigen Griff, und es hätte mich nicht gewundert, wenn selbst von den steinernen Fassaden der hohen Stadthäuser und den Backsteinen der elenden Mietshäuser, die wir auf unserer Wacht passierten, der Schweiß herabgeronnen wäre. Vielleicht reizten die Dunkelheit und Furcht meine Fantasie, doch mir schien es, als würden wir aus den finsteren Nischen heraus belauert, als gäbe es da jemanden, der genau wusste, was wir planten, und darüber lachte. Nach drei Tagen sorgten mangelnder Schlaf und die drückende Hitze dafür, dass das dräuende Gewitter zwischen Holmes und mir fast losbrach. Mein Freund hatte sich der Lösung des Falles nicht einen Schritt angenähert. So hatte er die Geige aus ihrem Versteck geholt und den Tag mit Dissonanzen gefüllt. Der Qualm seiner Pfeife lag in der Luft, seine Augen unter den halb geschlossenen Lidern wirkten glasig, sein Blick entrückt. Ich versuchte Zeitung zu lesen, nur um verärgert festzustellen, dass dem Blatt das massenhafte Verschwinden der Londoner Hunde und Katzen bemerkenswerter erschien als das Schicksal der Armen, die vermisst wurden. Die schrillen Klänge der Geige zerrten zunehmend an meinen Nerven und machten es mir unmöglich, mich zu konzentrieren. Die Hitze ließ den Gedanken an einen Spaziergang, sonst meine erste Wahl, wenn Holmes wieder in einer seiner Stimmungen war, wenig reizvoll erscheinen. Auch lag noch eine weitere anstrengende Nacht mit ihren Patrouillengängen vor uns. Also tat ich das Nächstliegende – ich warf die Zeitung zu Boden und drehte mich zu Holmes um. „Um Himmels willen! Legen Sie die Geige beiseite, oder ich schwöre, ich werfe sie aus dem Fenster.“
    Ich erwartete eine wütende oder sarkastische Bemerkung, doch zu meiner Verwunderung legte Holmes das Instrument tatsächlich beiseite, stand auf und ging zum Fenster. Ich hätte ich mich mit meinem Sieg
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