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Sharpes Lösegeld

Sharpes Lösegeld

Titel: Sharpes Lösegeld
Autoren: Bernard Cornwell
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die Füchse, wie er wusste, ihre Baue hatten. Mit ein wenig Glück würde er zwei von ihnen erwischen. Sharpe hasste Füchse. Ein einziger Fuchs biss ein Dutzend Hühner schneller tot, als man zuschauen konnte. Sie hatten die Enten auf dem Graben um den Hof dezimiert und auch einige von Lucilles Gänsen auf dem Gewissen. Kein Wunder, dass der Hof keinen Gewinn abwarf. Er wurde von den Füchsen belagert, und eigentlich sollte Sharpe die Biester ausgraben, aber dazu bräuchte er ein Dutzend Männer. Pater Defoy würde ihm Hilfe anbieten und der Arzt auch, aber keiner von beiden eignete sich für harte körperliche Arbeit, und Jacques Malan sorgte dafür, dass kein anderer Dorfbewohner dem Engländer jemals half. Zum Teufel mit Malan, dachte Sharpe.
    Fast eine Stunde brauchte er, um die Windseite des kleinen Tals zu erreichen. Dort schlich er sich geduckt, mit geladenem und gespanntem Gewehr zum Waldrand. Der östliche Horizont zeigte nun ein düsteres Rot, und der Nebel trieb, vom Wind getragen, über den Talboden, wo gut zwei Dutzend Kaninchen nach Futter suchten. Kein Fuchs in Sicht.
    Sharpe vermutete, dass das erste Zeichen für einen Fuchs das warnende Klopfen einer Kaninchenpfote wäre, gefolgt von dem Trappeln, mit dem sie in ihren Löchern verschwanden. Einen Augenblick später würde er rotes Fell sehen, das am Waldrand entlangstrich, und er hätte eine Chance, einen Schuss zu setzen. Vermutlich würde er seinen zweiten Fuchs weiter unten erwischen, aber erst nachdem sein Terrier Nosey ihn aus seinem Bau getrieben hätte.
    Wie im Krieg, dachte er. Einen Hinterhalt legen, dem Feind eine blutige Nase verpassen und dann angreifen, um ihn zu erledigen. Das Dumme war nur, dass sich die verdammten Füchse nie erwischen ließen. Aber er musste es versuchen, und daher arbeitete er sich am Waldrand entlang zum höchsten Punkt des Tals vor, von dem aus er das Dach des Bauernhauses wieder sehen konnte. Er nannte es ein Bauernhaus, doch Lucille bestand darauf, dass es das Château Lassan sei. Das Hoftor hatte noch einen Wachturm mit Zinnen, und die Gebäude umgab ein Graben, also hatte sie vielleicht recht damit. Vor langer Zeit, als Männer noch in Plattenrüstungen ritten, hatten die Vicomtes de Seleglise vom Château Lassan aus ein Dutzend Dörfer beherrscht, doch die Burg war zerfallen, und übrig geblieben waren nur eine Kapelle, eine Scheune, die Meierei, die Stallungen, die Wassermühle und das große Haupthaus, in dem Sharpe Lucille gefunden hatte.
    Lucille und Glück, dachte er, nur dass ein Mann nicht unter Menschen leben konnte, die ihn als Feind betrachteten, und wenn die Dörfler ihn weiter zurückwiesen, dann müsste er nach England zurückkehren. Das wollte er nicht. Er wollte die Normandie nicht verlassen, weil er wusste, wie ungern Lucille das Land aufgeben würde, das sich achthundert Jahre lang im Besitz ihrer Familie befunden hatte, aber ein Mann konnte nicht zwischen Feinden leben. Sharpe fragte sich jedoch auch, was er in England anfangen sollte. Dort konnte er sich kein Land leisten, es sei denn, Lucille verkaufte das Château, und das hätte ihr das Herz gebrochen. Es hätte auch ihm das Herz gebrochen, denn mittlerweile hatte er diesen Flecken widerspenstiger normannischer Erde zu lieben gelernt.
    Auf der Straße oberhalb des Hofes tauchte eine Gruppe aus sechs oder sieben Männern auf, und Sharpe runzelte verwundert die Stirn. Kaum jemand kam jemals über diese Straße und schon gar nicht im Morgengrauen eines kalten Wintertages, doch dann erinnerte er sich, dass Marie Schnee vorhergesagt hatte. Er nahm an, dass die Männer sich beeilten, um im Dorf Unterschlupf zu finden, das gleich hinter dem hohen bewaldeten Kamm lag, der den Hof überragte. Als er hochsah, war der Himmel bleigrau und schwer, und er vermutete, dass die alte Dienerin recht hatte und ihnen wahrscheinlich ein Schneesturm bevorstand.
    Die kleine Gruppe verschwand hinter schwarzen Bäumen, und Sharpe wartete darauf, dass sie an der Stelle wieder auftauchte, wo die Straße den Bach am Rand des Tals überquerte. Sie kämen am Hof vorbei und müssten das Nordende des Hangs besteigen, um zum Dorf zu gelangen. Auf dem Château Lassan krähte ein Hahn, und als Sharpe nach Osten blickte, sah er die Sonne als verschwommene Scheibe hinter den Gewitterwolken. Weit entfernt klaffte eine schmale Lücke im Grau, und das rote Licht der Morgendämmerung sickerte hindurch wie Blut durch einen Verband. Bei der Vorstellung erschauerte Sharpe. Noch
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