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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb
Autoren: Jonathan Kellerman
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tun?«
    »Wenn du Platz für dich brauchst - zwischen uns liegen zweihundert Meilen. Fühlst du dich nun weniger unausgefüllt?«
    »Es geht nicht um ausgefüllt oder unausgefüllt sein.«
    »Worum denn dann?«
    »Hör auf, Alex. Bitte.«
    »Hör auf womit? Willst du mir das mal erklären?«
    »Hör auf mit diesem Kreuzverhör! Du bist so aggressiv.«
    »Was erwartest du denn von mir? Erst sollte es eine Woche sein, jetzt ist ein Monat daraus geworden. Wie lange soll ich denn nun noch warten?«
    »Ich … wollte, ich könnte dir das beantworten, Alex.«
    »Irre - du lässt mich zappeln. Und was war mein großer Fehler? Dass ich mich zu sehr auf dich eingelassen habe? Okay, das lässt sich ändern. Glaub mir, ich kann so kühl sein wie Eis. Wie man von den Leuten Abstand hält, das habe ich in meiner Ausbildung gelernt. Aber wenn ich mich zurückziehe, wette ich zehn zu eins, dass du mir männliche Gleichgültigkeit vorwirfst.«
    »Hör auf, Alex! Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan und mit Aaron herumgesessen. Ich halte das jetzt einfach nicht mehr aus.«
    »Was hältst du nicht mehr aus?«
    »Alles, was du sagst. Es kommt mir vor, als wolltest du mich mit deinen Worten erschießen.«
    »Wie sollen wir uns denn ohne Worte verständigen?«
    »Wir werden uns jetzt überhaupt nicht verständigen können, also lassen wir es sein. Goodbye.«
    »Robin -«
    »Sag goodbye, Alex. Bitte. Ich möchte nicht einfach so den Hörer auflegen.«
    »Dann lass es doch sein.« Schweigen.
    »Goodbye, Robin.«
    »Goodbye, Alex. Ich liebe dich immer noch.«
    Die Kinder des Schuhmachers gehen barfuß.
    Der Seelenklempner erstickt an seinen eigenen Worten. Die Depression verstärkte sich und schlug mich wie mit dem Hammer nieder.
    Wäre gut gewesen, wenn ich jemanden zum Reden gehabt hätte. Die Liste meiner Freunde war verdammt kurz.
    Robin stand ganz oben drauf.
    Dann kam Milo.
    Der war mit Rick zum Fischen in der Sierra. Aber selbst wenn er da gewesen wäre, hätte ich mich bei ihm nicht ausgeweint.
    Mit den Jahren hatte sich zwischen uns ein gewisser Rhythmus entwickelt:Wir sprachen bei Bier und Brezeln über Mord und Wahnsinn und diskutierten über die Menschheit wie ein paar Anthropologen, die eine Schar wildlebender Paviane beobachteten.
    Wenn der Horror über ihm zusammenbrach, kriegte Milo seinen Rappel, und ich hörte ihm zu. Wenn er Schluss machen wollte, quatschte ich so lange, bis er wieder Tritt fasste.
    Trauriger Sack von einem Bullen, ich als Seelenklempner seine Krücke. Den Spieß umzudrehen war ich nicht bereit.
    Die Post einer Woche lag auf dem Esszimmertisch aufgestapelt. Ich hatte sie nicht geöffnet, mich vor den oberflächlichen Streicheleinheiten irgendwelcher Einladungen, Gutscheine und anderer Angebote gefürchtet, wie man im Handumdrehen glücklich werden kann. Aber ich brauchte in diesem Augenblick eine Ablenkung von meiner Bauchnabelschau, um nicht durchzudrehen.
    Ich trug den Stapel ins Schlafzimmer, zog den Papierkorb ans Bett, setzte mich hin und fing an zu sortieren. Zuunterst lag ein lederfarbener Umschlag. Dickes Leinenpapier, eine Anschrift in den Holmby Hills und »Falls Empfänger nicht erreichbar, bitte an den Absender zurücksenden«, alles in silberner Prägeschrift auf der hinteren Verschlussklappe.
    Zu teuer für meinen Geschmack. Auf Kundenfang aus. Ich drehte den Umschlag herum, rechnete mit einem Adressaufkleber aus dem Computer und fand meinen Namen und meine Anschrift in einer extravaganten Silberkalligrafie. Jemand hatte sich Zeit dafür genommen, alles bis ins Kleinste perfekt zu machen.
    Ich sah auf den Poststempel - zehn Tage alt. Machte den Umschlag auf und zog eine lederfarbene Einladungskarte mit Silberrand heraus, auf der in kalligrafischen Lettern stand:
    LIEBER DOKTOR DELAWARE
SIE SIND HERZLICH EINGELADEN
ZU EINER
GARTENPARTY MIT DEN BESTEN
HOCHSCHULABSOLVENTEN UND MITGLIEDERN
DER UNIVERSITÄTSGEMEINDE
COCKTAILEMPFANG ZU EHREN VON
DOKTOR PAUL PETER KRUSE, BLALOCK-PROFESSOR
DER
PSYCHOLOGIE UND HUMANENTWICKLUNG
ANLÄSSLICH SEINER ERNENNUNG ZUM DEKAN DES
FACHBEREICHS PSYCHOLOGIE
SAMSTAG, 13. JUNI 1987, 4 UHR NACHMITTAGS
SKYLARK
CLA MAR ROAD
LOS ANGELES, CALIFORNIA 90077
     
 
    UM ANTWORT WIRD GEBETEN.
FACHBEREICH PSYCHOLOGIE
    Kruse als Dekan. Stiftungsgelder, höchste Anerkennung für ausgezeichnete Forschungstätigkeit.
    Das passte nicht zusammen; der Mann war alles andere als ein Forscher. Und obwohl es Jahre zurücklag, dass ich etwas mit ihm zu tun gehabt hatte, gab es
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