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Shannara I

Titel: Shannara I
Autoren: Terry Brooks
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langsam den Griff, und der Talbewohner sank schlaff und von kaltem Schweiß bedeckt zu Boden. Der große Mann ließ sich lautlos neben seinem Begleiter nieder. Über sein Gesicht huschte ein schwaches Lächeln. Er legte eine große Hand auf die von Flick und tätschelte sie wie die eines Kindes.
    »Komm, komm, junger Freund«, flüsterte er, »du lebst und bist gesund, und das Tal liegt vor dir.«
    Flick schaute hinauf in das gelassene Gesicht des anderen, die Augen furchtgeweitet.
    »Dieses Ding! Was war dieses furchtbare Ding?«
    »Nur ein Schatten«, erwiderte der Mann leichthin. »Aber das ist weder die Zeit noch der Ort, sich mit solchen Dingen zu befassen. Wir sprechen später darüber. Jetzt möchte ich etwas essen und an einem warmen Feuer sitzen, bevor ich die Geduld ganz verliere.« Er half Flick auf die Beine und gab ihm sein Bündel zurück. Dann zeigte er mit einer weiten Armbewegung auf den Weg. Sie verließen die Deckung des Strauchwerks, Flick nicht ohne Bedenken, mit häufigen Blicken zum Nachthimmel. Man hätte aber auch meinen können, daß das Ganze nur einer überhitzten Phantasie entsprungen sei. Flick dachte ernsthaft nach und entschied, daß er für einen Abend genug hatte, was immer es auch gewesen sein mochte; zuerst dieser namenlose Riese, dann der furchterregende Schatten. Er schwor sich im Stillen, es sich zweimal zu überlegen, bevor er sich nachts wieder so weit hinauswagen würde.
    Einige Minuten später wurden Bäume und Dickicht dünner, und in der Dunkelheit flackerte gelbes Licht. Ais sie näher kamen, nahmen in der Düsternis die verschwommenen Umrisse von Gebäuden als quadratische und rechteckige Gebilde Form an. Der Pfad verbreiterte sich zu einer glatteren Landstraße, die geradewegs in den Ort führte, und Flick lächelte die Lichter, die durch die Fenster der stillen Häuser freundlich grüßten, dankbar an. Niemand war auf der Straße unterwegs; wären die Lichter nicht gewesen, hätte man sich fragen können, ob hier überhaupt jemand lebte. Flicks Gedanken waren aber von solchen Fragen weit entfernt. Er überlegte schon, wieviel er seinem Vater und Shea erzählen sollte, um sie nicht unnötig mit fremdartigen Schatten zu beunruhigen, die leicht nur Produkte seiner Phantasie und der düsteren Nacht gewesen sein konnten. Der Fremde neben ihm mochte später einige Aufklärung geben können, aber bis jetzt hatte er sich nicht als sehr gesprächig erwiesen. Flick blickte unwillkürlich wieder auf die hochgewachsene Gestalt neben ihm. Erneut überlief es ihn kalt. Die Schwärze des Mannes schien von seinem Mantel und der Kapuze über den gesenkten Kopf und die schmalen Hände zu fließen und alles in Düsternis zu tauchen. Wer immer er sein mochte, Flick war überzeugt davon, daß er ein gefährlicher Feind sein würde.
    Sie gingen langsam zwischen den Gebäuden des Dorfes dahin, und Flick sah durch die Holzrahmen der breiten Fenster Fackeln brennen. Die Häuser selbst waren lange, niedrige Bauten, jeder nur mit einem Geschoß unter einem flach geneigten Dach, das meist an einer Seite herabführte und eine kleine Veranda bedeckte, getragen von dicken Stangen an einem langen Vorbau. Die Häuser bestanden aus Holz, einige verfügten über Steinfundamente und Steinfassaden. Flick blickte durch die Fenster mit ihren Vorhängen, erhaschte hier und dort einen Blick auf die Bewohner, und der Anblick vertrauter Gesichter tröstete ihn in der Dunkelheit. Es war eine furchterregende Nacht gewesen, und er war erleichtert, wieder zu Hause unter Leuten zu sein, die er kannte.
    Der Fremde blieb für all dies unempfänglich. Er begnügte sich mit einem beiläufigen Blick auf den Ort und hatte, seitdem sie ihn erreicht hatten, noch kein einziges Wort gesprochen. Flick wunderte sich immer noch darüber, wie der ändere ihm folgte. Er ging Flick gar nicht nach, sondern schien genau zu wissen, wohin der junge Mann sich wenden wollte. Wenn die Straße sich gabelte, fiel es dem Schwarzen nicht schwer, den richtigen Weg selbst zu finden, obwohl er Flick kein einzigesmal ansah und auch nie den Kopf hob, um sich zu orientieren.
    Die beiden erreichten bald den Gasthof. Es war ein großer Bau, bestehend aus einem Hauptgebäude mit Veranda und zwei langen Flügelbauten, die auf beiden Seiten vorne und hinten hinausgingen. Er war errichtet aus riesigen Stämmen, auf einem hohen Steinfundament verfugt, und bedeckt von dem vertrauten Holzschindeldach, das aber hier viel höher war als bei den Wohnhäusern.
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