Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara I

Titel: Shannara I
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
neuer Wälder ankündigten. Der Weg führte nun ein wenig abwärts, und Flick erkannte mehrere vertraute Merkmale am Ortsrand von Shady Vale. Unwillkürlich verspürte er Erleichterung. Das Dorf und sein eigenes warmes Heim lagen vor ihm.
    Der Fremde sprach kein Wort, und auch Flick zögerte, ein Gespräch zu beginnen. Statt dessen versuchte er, den Riesen mit kurzen Seitenblicken zu studieren, ohne diesen das merken zu lassen. Sein Staunen war begreiflich. Das lange, kantige Gesicht, verdunkelt von dem schwarzen Bart, erinnerte ihn an die schrecklichen Dämonen, die ihm, als er noch ein Kind gewesen, strenge Ältere vor den glühenden Scheiten des Kaminfeuers am späten Abend beschrieben hatten. Am erschreckendsten waren die Augen des Fremden - oder vielmehr die tiefen, dunklen Höhlen unter den zottigen Brauen, wo seine Augen sich befinden mußten. Flicks Blicke vermochten die schweren Schatten, die diesen ganzen Gesichtsbereich des Fremden verdeckten, nicht zu durchdringen. Das tief zerfurchte Gesicht schien aus Stein gemeißelt zu sein, starr und ein wenig zum Weg hin geneigt. Während Flick über das undurchdringliche Gesicht nachdachte, fiel ihm plötzlich ein, daß der Fremde noch nicht einmal seinen Namen genannt hatte.
    Die beiden befanden sich am Außenrand des Tales, wo der jetzt deutlich sichtbare Weg sich durch hohes, dichtes Gebüsch wand, das beinahe kein Vorankommen mehr erlauben wollte. Der hochgewachsene Fremde blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, den Kopf gesenkt, und lauschte angestrengt. Flick hielt neben ihm an und wartete still, ebenfalls lauschend, konnte aber nichts wahrnehmen. Sie verharrten scheinbar endlose Minuten lang regungslos, dann drehte sich der große Mann plötzlich herum.
    »Schnell! Versteck dich im Gebüsch! Los, lauf!« Er selbst rannte auch auf das hohe Gebüsch zu und stieß Flick vor sich her. Flick hastete angstvoll zur Zuflucht des Buschwerks, während das Bündel auf seinem Rücken klatschte und die Metallgeräte klirrten. Der Fremde riß ihm das Bündel von der Schulter und schob es unter seinen langen Mantel.
    »Leise!« zischte er. »Lauf jetzt! Keinen Laut!«
    Sie rannten eilig zu der dunklen Gebüschwand, die etwa fünfzehn Meter entfernt war, und der große Mann schob Flick zwischen den belaubten Zweigen hindurch, die ihre Gesichter peitschten, hinein in die Mitte eines großen Gebüschs, wo sie schweratmend stehenblieben. Flick warf einen Blick auf seinen Begleiter und sah, daß dieser nicht durch das Gesträuch auf die Landschaft ringsum blickte, sondern nach oben, wo der Nachthimmel durch das Laub in kleinen Ausschnitten sichtbar war. Für Flick schien der Himmel klar zu sein, als er dem durchdringenden Blick des anderen folgte, und nur die unwandelbaren Sterne funkelten ihn an. Minuten vergingen. Einmal wollte Flick etwas sagen, wurde aber von den starken Händen des Fremden daran gehindert, die warnend nach seinen Schultern griffen. Flick blieb stehen, starrte in die Nacht und strengte auch die Ohren an, um von der angeblichen Gefahr etwas wahrzunehmen. Er bemerkte aber nichts als ihre eigenen schweren Atemzüge und das Rauschen des Windes in den schwankenden Zweigen.
    Dann, gerade als Flick seine müden Glieder entlasten und sich hinsetzen wollte, wurde der Himmel plötzlich von etwas Riesigem, Schwarzem verdunkelt, das vorbeischwebte und wieder verschwand. Einen Augenblick später tauchte es wieder auf, kreiste langsam, und sein Schatten hing drohend über den beiden versteckten Wanderern, als wolle er sich im nächsten Moment auf sie herabsenken. Ein plötzliches Gefühl des Entsetzens durchzuckte Flicks Gemüt und hielt es in eisernem Netz gefangen, als es den gräßlichen, nach innen dringenden Wahnsinn zu fliehen versuchte. Etwas schien in seine Brust hinabzugreifen und langsam die Luft aus seinen Lungenflügeln zu quetschen, und er bemerkte, daß er nach Luft rang. Die scharf umrissene Vision einer schwarzen Erscheinung, durchschossen von Rot, mit Klauenhänden und Riesenschwingen, zog an ihm vorbei, von einem so bösen Wesen, daß sein bloßes Dasein Flicks zerbrechliches Leben zu bedrohen schien. Einen Augenblick lang glaubte der junge Mann schreien zu müssen, womit er sich verraten hätte, aber die Hand des Fremden umklammerte hart seine Schulter und riß ihn vor dem Abgrund zurück. Der Riesenschatten verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war, und zurück blieb nur der friedliche Himmel der Nacht.
    Die Hand auf Flicks Schulter lockerte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher