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Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Titel: Shane - Das erste Jahr (German Edition)
Autoren: Julia von Rein-Hrubesch
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seufzend nach.
    „Spielst du was mit mir?“, fragte Timmy mit seiner Piepsstimme.
    „Nein.“
    „Aber du sollst …“
    „Ich male gerade.“
    „Kann ich mitmalen?“
    „Von mir aus.“ Shane zog ein neues Papier aus der Mappe.  Mit leuchtenden Augen betrachtete sie das Muster. Manchmal hatte sie Angst, dass eines Tages die Mandalas ausgehen würden, so wie Max davor Angst hatte, dass eines Tages die Gummibärchen ausgehen würden.
    „Gummibärchen gehen nicht aus, du Dämlack!“, hatte Maria gesagt.
    „Aber wenn sie alle aufgegessen sind?“
    „Es werden jeden Tag neue produziert!“
    „Und wenn die Maschinen kaputt gehen?“
    „Ach halt die Klappe.“
    Shane suchte mit den Augen den Tisch ab. Grün, lila, silber …
    Sie fand den Goldstift in einer kleinen Hand mit Wurstfingern umklammert.  „Gib mir den Stift!“
    „Nein, ich hab ihn zuerst gehabt!“
    „Gib ihn mir, du Freak!“
    „Nimm halt eine andere Farbe, blöde Kuh!“
    Shane zuckte zurück. Leider musste sie lächeln. „Was hast du gesagt, Timmy?“ Du Furz.
    Der Bruder schaute sie nur an.
    „Das wird Mama gar nicht gefallen!“
    Der Bruder zuckte mit den Schultern. Shane schüttelte den Kopf. Sie hielt Timmy die Hand hin. „Jetzt gib mir den Stift!“
    Timmy schüttelte den Kopf. Jetzt streckte er auch noch die Zunge raus.
    „Hör zu.“ Shane versuchte ruhig zu bleiben. „Ich muss jedes Mandala mit jeder Farbe ausmalen. Das ist ein neues Mandala und mit gold fange ich immer an. Also?“
    Der Bruder überlegte kurz und öffnete dann die Hand.
    Shane nahm den Stift. „Danke.“ Sie sah den kleinen Bruder an. Sie musste schon wieder lächeln.
     
    Der Wecker machte sich bereit zu klingeln. Er war völlig unnütz, denn die Person, die er wecken sollte, war schon lange vor ihm wach, wie jeden Tag. Die Person, die er wecken sollte, lag auf der Seite und wartete auf den Tag. Sie wartete auf das Wetter. Als es lichter wurde, stand Shane auf und ging zum Fenster. Sie grinste.
    Er war da. Jedes Jahr zur selben Zeit kam er, fast als käme er wegen ihr, wie ein Geschenk, denn heute hatte sie Geburtstag.
    Der Nebel.
    Shane drehte sich lächelnd um und ging zu ihrem Schrank. Sie öffnete die beiden Türen gleichzeitig.
    Shane riss die Augen auf. Ihr Herz blieb beinahe stehen. Wo waren sie? Wo waren ihre Mandalas?
    Sie strich mit der Hand über das nackte Holz, hier hatten sie gehängt, hier hatte sie sie hingehängt, eins nach dem anderen; sie hatte das Schrankinnere beklebt, tapeziert wie ihre eigene kleine Wohnung. Shane macht auf den Absatz kehrt und rannte hinaus. Timmy!
    Sie rannte über den Flur zur Treppe und blieb abrupt stehen. Langsam drehte sie den Kopf nach links. Dort hing ein Rahmen. In dem Rahmen steckte ein Mandala. Ein goldenes Mandala in einem goldenen Rahmen. Shane fuhr mit den Augen die Linien nach. Linien, die sie gezeichnet hatte.
    Sie ging einen Schritt nach vorn. Wieder ein Rahmen. Ein roter Rahmen mit einem roten Mandala.
    Langsam lief sie die Treppe hinunter, rechts hielt sie sich mit der Hand am Geländer fest, links mit den Augen an der Wand.
    Grün, lila, blau, gelb. Ein Rahmen, ein Mandala. Bis runter zur Treppe hingen sie.
    Shane war unten angekommen. In der Küche stand die Mutter und schnitt Brot. Als sie hinter sich Schritte hörte,  wischte sie sich die Hände an einem Tuch ab und drehte sich um.
    Shane kam auf sie zugerannt und flog ihr in die Arme.
    „Hey, meine kleine Große.“ Die Mutter strich ihr das schwarze Haar aus dem Gesicht. „Alles Gute zum Geburtstag.“
    „Danke.“
    Die Mutter schielte zum Treppengeländer. „Gefällt’s dir?“
    Shane nickte eifrig. „Meine ganzen Mandalas …“
    Shane pustete sieben Kerzen aus. Timmy schob ihr über den Tisch ein Blatt zu. „Hab ich für dich gemalt.“
    „Danke.“ Du Kröte. Gib mir lieber meinen Kürbis zurück.
    „Shane, schneidest du den Kuchen an?“ Der Vater  nickte ihr lächelnd zu.
    Sie schnitt den Kuchen in gleichgroße Stücke und verteilte ihn.
     
    „Guten Morgen.“
    „Guten Morgen, Mark. Setz dich.“
    Der große Bruder nahm Platz und zwinkerte Shane zu. „Ach, ich hab ja noch was …“
    Er suchte in seiner Tasche, förderte etwas zutage und legte schließlich eine kleine Schatulle auf den Tisch. „Alles Gute.“
    Shane langte über den Tisch. Sie zog an dem roten Satinband und öffnete die Schachtel. Ihre Augen weiteten sich. Sie blickte auf feines Silber, einen silbernen Kreis, durchzogen von noch feineren Linien.
    An dem
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