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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet
Autoren: Douglas Coupland
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sie in aller Ruhe einem munteren Comeback in die Welt der Lebenden als Hintergrundkulisse in einem schicken Nachtclub in L. A. entgegensehen.
    Aber eine Diskussion um die Anlagen gehört jetzt der Vergangenheit an. Sie wurden zu Beginn des Sommers geschlossen, ganz plötzlich, am Tag, nachdem ich nach Europa aufgebrochen war, und mit den Anlagen verschwanden ein großer Teil des Ridgecrest-Einkaufszentrums und der Hauptteil des städtischen Handels und ließen die Bürger Lancasters wie in Trance umherstolpernd zurück. Die Bürger taumeln durch die Sperrholzüberreste des Einkaufszentrums in der gestelzten, kippeligen Gangart alter Leute, die zum ersten Mal einen Walkman aufsetzen, mit dem leeren Blick gerade aus der Anstalt Entlassener. Es sind Seelen, die einen harten Entzug in puncto Einkaufen und Zielsetzung erfahren müssen, der ihr Leben jetzt in ein Freizeitbewältigungsunternehmen verwandelt hat. Ich frage mich, wie die Leute der Stadt wohl nun ihre Tage ausfüllen werden? Welche Fluchtmöglichkeiten bleiben ihnen?
    Und ich? Ich werde schon entkommen. Das weiß ich. Ich habe einen Plan. Ich habe einen Bruder und eine Schwester. Ich habe ein gutes Auto und ein umfangreiches Sortiment an ausgezeichneten Haarpflegemitteln. Ich weiß, was ich vom Leben erwarte; ich habe Ehrgeiz.
     

4
     
    Der Himmel ist heute von sattem, tiefem, elektronischem Blau. Ich stehe mitten in einem Kürbisfeld am Stadtrand von Lancaster und knipse Polaroid-Porträts von Jasmine, die auf einem Stuhl sitzt, den ich eigens dafür mitgebracht habe und dessen zierliche Holzbeine tief in dem rostfarbenen Boden einsinken. Die Sonne ist gerade untergegangen, und am Feldrand stehen die Landeigentümer Mr. Ho Van und seine Frau Gwei-Li, kratzen sich am Kopf und überlegen, wie sie jemals dazu kamen, sich mit zwei Spinnern wie uns einzulassen. Ich versuche Jasmine dazu zu bringen, irgend etwas Interessantes mit ihrem Gesicht anzustellen.
    »Ändere deinen Namen in Fifi LaRoo, Jasmine. Fahr nach Las Vegas. Wirf deinen Motel-Zimmerschlüssel Wayne Newton auf die Bühne. Werde ein Spielzeug der Liebe.«
    »O Tyler. Hör jetzt auf.«
    »Sei schamlos. Flipp umher. Leg dir 'nen Flirt zu.«
    »Schluß jetzt, Tyler!« Jasmine sagt zwar Schluß, aber sie meint es nicht. Sie muß lächeln, wahrscheinlich das erste Mal seit Wochen, und streicht ihr schönes, langes graues Haar zurecht, also weiß ich, daß ich noch ein bißchen weiter gehen kann. Mein Verhältnis zu meiner Mutter ähnelt, wie die meisten familiären Beziehungen, dem zu einer alten Tür; unmöglich, einzutreten, es sei denn, du hast den richtigen Schlüssel und weißt auch, wie du ihn im Schloß zu drehen hast, während du gleichzeitig am Türknauf rüttelst.
    »Du bist eine attraktive Frau, Jasmine. Echt super. Du solltest ausgehen und dich mit mysteriösen dunkelhaarigen Männern verabreden.«
    Ein ungläubiger Ausdruck von Naivität, der mich immer wieder erstaunt. »Findest du wirklich?«
    Jasmine war/ist ein totaler Hippie, wenn sie auch manchmal zu modern für Worte ist. Jasmine hat diese immer ein wenig atemlose, ewig kindliche Art aller Ex-Hippies drauf, die wir, ihre Kinder, schon früh im Leben verstanden. Aufgrund dieser Art fühlten Daisy und ich uns immer ein bißchen wie Jasmines Eltern, waren stets in »Hippie-Eltern-Alarmbereitschaft«: inspizierten den Mikrowellenofen auf Haschischklumpen hin, bevor Freunde rüberkamen, um Videos anzusehen (während Jasmin mit schlappenden Sandalen herbeirauschte: »Ha ha, da hab' ich wieder mal nicht aufgepaßt und y n Stück -ah- Safran im Ofen liegenlassen ...«), oder entzogen schwarz angelaufene Tischmesser, mit denen sie heißes Hasch zerteilt hatte, dem Blickfeld unserer Freunde, die zum Mittagessen kamen, während diese bereits besorgt das Glitzern des Sonnenlichts auf Jasmins nicht rasierten Achselhaaren betrachteten, wenn sie sich vorbeugte, um uns eine Mahlzeit aus Bienenpollenkapseln aus Arizona und Pferdebohnenauflauf zu servieren. Jasmine gab jeder im Garten reifenden Tomate einen christlichen Namen. (»Das ist Diane, die ihr da gerade eßt.«) Nur selten kamen Freunde ein zweites Mal zum Essen.
    Unsere heutige Fotosession ist auf Jasmines Bitte hin zustande gekommen. Sie möchte ein Porträt von sich haben,
    »für die Nachwelt, für meine Enkel«. Seit Dan sie verlassen hat, ist Jasmine beinahe die ganze Zeit trübsinnig gewesen -sich verschließend in einer gedankenlosen Routine aus Arbeit, Schlaf und Trübsal blasen
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