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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch
Autoren: Marjorie M. Liu
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sein.«
    »Sie können warten«, erwiderte er entschlossen. »Außerdem haben wir bei unserem Glück nur ein paar Stunden vor der nächsten Katastrophe.« Er schlang seinen Arm um ihre Taille und hielt sie fest an sich gedrückt, während sie über den breiten Boulevard schlenderten. Sie fühlte sein Verlangen, seinen glühenden Wunsch, sie zu beschützen. Es war atemberaubend, von einem solchen Mann geliebt zu werden, von diesem so starken, welterfahrenen, zärtlichen Mann.
    »Und wenn sie sich nun Sorgen machen?« Sie konnte kaum sprechen.
    »Sollen sie doch.« Seine Stimme klang heiser. Seine Finger streichelten ihre Rippen unter dem Pullover. »Wir sind am Leben, Elena. Irgendwie sind wir am Leben. Nichts ist wichtiger. Genießen wir diesen Augenblick ein wenig.«
    Weil solche Momente des Glücks so flüchtig sind, fuhr er in ihren Gedanken fort. Und ich habe es satt, immer nur von Tod umgeben zu sein.
    »Ich auch.« Sie schmiegte sich an ihn, saugte seine Wärme auf. Sie fühlte seine Sorge, seine Fragen. Ich habe gerade zwei Menschen getötet. Ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen werde. Vielleicht ist es merkwürdig, oder ich bekomme Angst. Aber ... doch, ich glaube, ich komme damit klar.
    Ich habe sogar mehr als zwei Menschen getötet. Und aus weit nichtigeren Gründen als du. Wenn du jemals reden willst...
    Bist du da. Vor Liebe schnürte sich ihr die Kehle zusammen. Wirst du immer da sein, Artur?
    Er blieb stehen. Elena glaubte, dass er sie küssen wollte -seine Hände lagen so warm und zart auf ihrem Gesicht -, aber dann sah er an ihr vorbei, und sie drehte sich herum. Hinter ihnen stand eine Kirche. Elena k am es so vor, als gäbe es überall in Moskau Kirchen, aber diese war klein und schlicht, und ein Mann in einer Kutte kehrte mit einem Besen die Stufen vor dem Portal.
    Sie wusste, was er dachte. Und sagte ja.
    Es vollzog sich überraschend problemlos. Sie wollten nichts Besonderes. Die Kirche war klein, die Wände waren von den Jahrhunderten des Kerzenrauches dunkel. Artur hielt ihre Hände sanft in den seinen, während er vor dem Priester das Gelübde sprach. Erst auf Russisch, dann wiederholte er es auf Englisch. In seinem Herzen streifte er ihr einen Ring über.
    Elena wiederholte die Prozedur.
    Dann waren sie verheiratet.

Epilog
    Drei Tage nach seiner Rückkehr aus Moskau suchte Artur Nancy Dirk auf. Er trug seine Handschuhe. Ihr Ehemann William öffnete ihm die Haustür. Trotz seiner über achtzig Jahre hielt er sich kerzengerade, seine blauen Augen wirkten klar und scharf. Er war sichtlich nicht übermäßig begeistert, Artur zu sehen, was den auch nicht überraschte, denn er hatte auch keine Lust zu diesem Besuch.
    »Sie erwartet Sie«, sagte William und führte ihn durch die Empfangsdiele, über einen offenen Innenhof zu einer geöffneten Tür, hinter der ein großer, behaglicher Raum lag, eingerichtet von der eleganten Hand einer Frau, die in der Welt herumgekommen war.
    Nancy Dirk stand am Fenster ihres Büros, schlank, blass und mit einer Macht, die aus allen Poren schimmerte. William sagte kein Wort, er ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Nancy schwieg ebenfalls.
    »Sie wissen, warum ich hier bin«, begann Artur ruhig. »Es ist wirklich ganz einfach. Ich will wissen, warum Beatrix Weave gerade mich aufs Korn genommen hat, um an Sie heranzukommen. «
    Nancy sah ihn nicht an, sondern betrachtete weiterhin ihren Garten, ein grünes Labyrinth aus Brombeeren und Rosen.
    »Mrs. Dirk«, sagte er etwas nachdrücklicher. Sie hob die Hand.
    »Sie haben sie berührt«, gab sie zurück und machte eine
    Bewegung mit den Fingern. »Was haben Sie gesehen, als Sie meine Hand berührten?«
    »Macht«, erwiderte Artur prompt. »So viel Macht, dass Sie mich geblendet haben.« Mehr Macht, als eine einfache Hellseherin haben konnte, ja, mehr Macht, als ihm jemals bei einem Menschen begegnet war.
    »Und Sie haben niemals etwas davon gesagt?«
    »Nein.«
    Jetzt endlich wandte sich Nancy zu ihm herum. »Sie sind ein guter Mann, Artur Loginov. Das wusste ich schon damals vor all den Jahren, als ich Sie in meinem Kopf gesehen habe. Ich wusste, dass Sie der richtige Mann für uns sein würden. Ich hatte nur keine Ahnung, wie loyal Sie tatsächlich wären. Dafür danke ich Ihnen. Ich danke Ihnen aus ganzem Herzen.«
    »Das ist doch selbstverständlich.« Ihre Aufrichtigkeit überraschte ihn.
    »Keineswegs«, widersprach sie. »Es tut mir zudem außerordentlich leid, dass Sie dieses Fiasko ertragen
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