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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg
Autoren: Judith Lennox
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wischte Keane sich das rußverschmierte, verschwitzte Gesicht ab. Sein Landsmann war nur an einer einzigen Galeere interessiert; daß er die anderen ebenfalls angriff, war für ihn nicht mehr als das Abschütteln einer Hundemeute, die ihm den Zugriff auf den Fuchs erschwerte. Wäre es nicht um sein Leben und um das seiner Mannschaft gegangen, hätte John mit Genuß beobachtet, wie Thomas seinem Feind den Garaus machte. Doch so, wie die Dinge lagen, durfte er sich keine Muße gestatten, sondern mußte sich auf die Erfüllung seiner unmittelbaren Pflichten besinnen. Edward Whitlock hatte es am schwersten: Die Garland war das schwächste Glied im Konvoi, das langsamste Schiff, doch er hatte sie in der bestmöglichen Weise eingesetzt und die Korsaren bisher daran hindern können, sie zu entern. Aber dann beobachtete John Keane, als er von der verwickelten Takelage aufblickte, die er verzweifelt zu entwirren versuchte, wie Whitlock einen Fehler beging. Die Garland feuerte mit allem, was sie hatte, auf eine kleinere Galeere und traf das Steuerruder, während sich unbemerkt die größte Galeere – diejenige, auf die Thomas es abgesehen hatte – mit ungeheurer Geschwindigkeit von Lee näherte. Die Ruder wirbelten nur so. Kurz darauf lag sie längsseits. John brüllte Befehle, und quälend langsam drehte sich sein Schiff und nahm Kurs auf die Garland. Als er sich umwandte, bemerkte er, daß die Kingfisher sich von hinten an das Korsarenschiff heranpirschte. Es bedurfte eines meisterhaften Kanoniers, um die Galeere, nicht jedoch gleichzeitig die Garland zu treffen. John hielt den Atem an, als der Schuß krachte und die Kugel durch die Luft flog.
    Hamids Stolz sank so schnell, als würde er von einem gigantischen Schlund eingesaugt. John warf seinen Hut in die Luft und schrie hurra – doch der zweite Freudenschrei blieb ihm im Halse stecken. Zuerst begriff er nicht, warum Thomas die letzte noch verbliebene Galeere nicht sah, aber als er nach Westen blickte, verstand er: Von der Kingfisher aus konnte in dieser Richtung nichts zu erkennen sein, außer der untergehenden Sonne, die in blendend leuchtendem Orange bereits den Horizont berührte. Er brüllte eine Warnung, doch der Wind verwehte sie, bevor sie den halben Weg zurückgelegt hatte. Er hörte den Schuß, sah das Mündungsfeuer erblühen – und dann gähnte ein Loch im Rumpf der stolzen Galeone. Sie erzitterte tödlich getroffen und trat ihre letzte Reise an.
    Der Himmel wurde allmählich dunkel, und die See wirkte jetzt fast schwarz. Thomas hielt sich an einer Planke fest, obwohl er ein guter Schwimmer war und sich auch ohne dieses Hilfsmittel leicht hätte über Wasser halten können. Zwei Schiffe kamen auf ihn zu. Er sah, daß die Galeere schneller war als die Legacy , doch es kümmerte ihn nicht. Es war unwichtig. Alles war unwichtig. Das verzweifelte Flüstern, mit dem die Kingfisher untergegangen war, hatte ihm das Herz gebrochen. Er hatte zugelassen, daß sie getötet wurde, hatte ihr nicht helfen können. Mit Tränen in den Augen hatte er vom Wasser aus zugesehen, wie ihre Masten sich bogen und krachend brachen, wie das Meer durch die klaffende Wunde in ihren herrlichen Körper drang und von ihm Besitz ergriff. Er hatte gestohlen, sich verkauft und gekämpft für seinen Traum – umsonst. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Wellen sich über der Kingfisher schlossen, als wolle das Meer ihm Gelegenheit geben, sich von ihr zu verabschieden.
    Er hatte Serafina verloren, Francesco und sein Schiff – und bald würde er vielleicht auch noch sein Leben verlieren. Es war ihm gleichgültig, aber dennoch traten seine Füße weiter Wasser. Und nicht einmal, als ihn starke Arme über die Reling hievten, ließ er die Planke los, die ihm als einziges von der Kingfisher geblieben war.

FÜNFZEHNTER TEIL
     
    1599
JETZT,
DA ICH MÜDE BIN
     
Und jetzt, da ich müde bin und alt werde, bin ich's zufrieden, mich zu Hause auszuruhen.
Anthony Jenkinsons Reisen:
Richard Hakluyt

 
 
     
    Ich weiß nicht, ob unser Schicksal in den Sternen steht, aber mit einem hatte Kara Ali recht: Es ist alles vorbestimmt.
    In jener letzten schrecklichen Nacht in Pisa verließen wir das Haus durch die Hintertür und flohen durch verlassene Gassen. Wir entkamen zu William Williams nach Livorno. Ich hatte alles geplant – aufgrund meines Hasses auf Angelo besaß ich darin jahrelange Übung. Von Livorno reisten wir weiter nach Neapel, wo wir für sechs Wochen Jacopos Haus bewohnten.
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