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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg
Autoren: Judith Lennox
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Glaubensbrüder zu führen, doch die Rettungsaktion verlief nicht störungsfrei. Der Besanmast der Garland wurde durch einen Kettenschuß gefällt, der sich um die Takelage wickelte wie eine Schlingpflanze. Das Bersten des Masts klang wie ein Schuß, und Keane wäre nicht überrascht gewesen, wenn Mündungsfeuer aus der Bruchstelle geblitzt wäre.
    Wenigstens sind die gottlosen Strolche uns jetzt zahlenmäßig nicht mehr überlegen, dachte John Keane, als er erneut eines der Falkonette auf dem Vordeck lud und auf eine Galeere ausrichtete. Dennoch war dies nicht besonders beruhigend, denn von den vier englischen Schiffen konnten nur die Legacy und die Kingfisher als ernstzunehmende Gegner für die Türken gewertet werden.
    John kam nicht dazu, etwas zu essen. Er begnügte sich damit, zwischendurch ein paar große Schlucke aus einem der Kühlwassereimer zu nehmen. Mittags holte er mehrere Flaschen Aquavit aus seiner Kabine, machte die Runde bei der Mannschaft und sorgte dafür, daß jeder einen Mundvoll trank. Einer der Schiffsjungen – ein Bursche von etwa zwölf Jahren – bekam eine Kugel ins Knie. Der Arzt flößte ihm zur Beruhigung eine halbe Flasche Schnaps ein, und dann hielt John ihn auf dem Tisch fest, während der Doktor den unteren Teil des Beines amputierte. Als Keane ihn danach im Arm hielt und der Arzt den blutenden Stumpf verband, schrie und weinte der Junge nach seiner Mutter. Dann verlor er gottlob das Bewußtsein, und John kehrte in die beißenden Wolken von Pulverdampf und den penetranten Gestank von heißem Pech und Schweiß auf das Vorderdeck zurück.
    Die Saviour of Bristol ging am frühen Nachmittag unter, nachdem sie sich fast neun Stunden gegen ihr unvermeidliches Ende gewehrt hatte. Der Streifschuß, der ihr Schicksal besiegelte, wäre an sich völlig bedeutungslos gewesen, doch das Loch im Bug brach durch die Erschütterung wieder auf, und Wasser drang ein. John sah, wie die Mannschaft in die Fluten sprang, als die Galeone senkrecht im Meer versank. Einige der Männer, die nicht schwimmen konnten, ertranken, noch bevor Keane sie mit der Legacy erreicht hatte. Er hatte gerade einige wenige der anderen gerettet, als eine Galeere kam und sowohl Seeleute aus dem Wasser gerettet wurden als auch Seidenballen und Fässer mit Gewürzen, die der Laderaum der sterbenden Saviour of Bristol freigegeben hatte. Und dann sah John, wie Izaak Taylor, der Kapitän des untergegangenen Schiffes, an ein Ruder gekettet wurde – und plötzlich wallte Haß in ihm auf, und er stellte mit Erstaunen fest, daß er, der zivilisierte Mann, der Lautenklänge und das Schachspiel liebte, jeden dieser bärtigen Männer, der ihm in die Hände fiele, mit Freuden umbringen würde – mit bloßen Händen.
    Jetzt stand es noch vier gegen drei. Natürlich zeigten sich mit der Zeit Ermüdungserscheinungen. Die Sklaven auf den Galeeren zogen die Ruder trotz der Hiebe der Einpeitscher langsamer durch das Wasser, und Keanes Mannschaft begann Fehler zu machen. John, der sich selbst als friedlichen, ausgeglichenen Menschen kannte, entdeckte eine neue Seite an sich: Fast hätte er einen Matrosen getötet, weil dieser einen schwelenden Zünder unbeaufsichtigt auf dem Kanonendeck liegengelassen hatte.
    Einzig an Bord der Kingfisher schien alles wie am Schnürchen zu laufen. Ihre Manöver waren wohldurchdacht und präzise ausgeführt – als habe Thomas Marlowes hitziges Temperament sich durch die Schlacht abgekühlt und nüchterner Entschlossenheit Platz gemacht und als verfüge er über unerschöpfliche Kraftreserven, die auch seine Männer stärkten. Wann immer John Keane, nachdem er wieder einmal einen Fehlschuß abgegeben oder dem Bootsmann einen Befehl zugerufen hatte, zu der prachtvollen Galeone hinüberschaute, sie wirkte wie ein Fels in der Brandung. Ihre Segel und ihre Takelage, die sich gegen den allmählich blasser werdenden Himmel abhoben, waren noch durch keinen Treffer beschädigt, und ihre Geschütze feuerten unermüdlich. Noch bevor John, der sich einen Moment lang erschöpft an die Reling lehnte, Thomas' Absicht durchschaut hatte, verschwand eine weitere Galeere nach einem perfekt gezielten Schuß in den Bug lautlos im Meer. Und plötzlich fiel ihm ein, was der Steuermann ihm von der Galeere erzählt hatte, deren Bug ein Kranz aus gemalten blauen Blüten zierte: Thomas war nicht nur hier, um seinen Landsleuten beizustehen, er hatte auch ein ganz persönliches Interesse an diesem Kampf. Trotz seiner Müdigkeit grinsend,
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