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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande
Autoren: Helmut Höfling
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nächsten Augenblick bieten!
    Der Packer im Möbelwagen hatte außer dem Elektroherd auch eine Teppichrolle vorn an die Wagenrampe gestellt. Sepp griff bereits danach, als der Packer zweifelnd fragte:
    „Ist der Teppich nicht zu schwer für dich, mein Junge?“
    Sepp schüttelte den Kopf.
    „Dös schaff i schon!“ versicherte er selbstbewußt.
    Mit einem Schwung warf Sepp die Teppichrolle über die Schulter. Doch statt loszugehen, blieb er noch wenige Sekunden stehen.
    „Gib her, er ist doch zu schwer für dich“, sagte der Packer und beugte sich vor, um den Teppich wieder von Sepps Schulter zu nehmen und in den Wagen zu ziehen.
    Aber der Mann hatte sich getäuscht. Sepp war nur stehengeblieben, um Maß zu nehmen. Hätte der dicke Willem Grips statt Stroh im Kopf gehabt, dann hätte er merken müssen, welches Unheil sich da über ihm zusammenbraute. Statt dessen machte er sich nur darüber lustig, wie sich der Neue mit der viel zu schweren und langen Teppichrolle abplagte.
    Tatsächlich war Sepp beim ersten Schritt in die Knie gegangen, aber er nahm alle Kräfte zusammen und richtete sich mit einem Ruck wieder auf.
    Krach! riß hinten an der Hose der einzige Knopf ab, an dem seine Hosenträger noch befestigt waren. Gleichzeitig löste sich durch die ruckartige Bewegung auch die linke Knieschnalle, so daß das Hosenbein hinunterrutschte.
    „Paß auf, gleich stehst du im Hemd!“ frotzelte der dicke Willem schadenfroh, begleitet vom wiehernden Gelächter seiner Kameraden.
    Dieses Mißgeschick stachelte Sepp nur noch mehr auf und bestärkte ihn in seinem Entschluß. Während die andern noch lachten und dadurch in ihrer Aufmerksamkeit abgelenkt waren, machte er zwei rasche Schritte nach vorn und schwenkte dann plötzlich mit einem heftigen Schwung um seine eigene Achse, so daß das hintere Ende der drei Meter langen Teppichrolle den dicken Willem mit voller Wucht gegen den Kopf traf.

    Der Häuptling der Wölfe verlor das Gleichgewicht. Das Vorderrad seines Fahrrads schlug nach links um. Der dicke Willem zappelte mit den Beinen und fuchtelte mit den Armen in der Luft — und plumpste dann im Zeitlupentempo um, wobei er Männe und Flöhchen mit ihren Rädern gleichfalls zu Boden riß.
    Da lagen sie: Wölfe und Drahtesel in einem Knäuel verstrickt, und bemühten sich, ihre Knochen und Gliedmaßen zu ordnen. Das Lachen war ihnen vergangen — jetzt machten sich Sepp und der Packer über sie lustig.
    „Na warte, Freundchen, du beziehst von mir noch Senge!“
    So drohte der dicke Willem, während er vergebens die Pedale seines Fahrrads aus den Speichen von Flöhchens Hinterrad zu zerren versuchte. Und dann zischte er durch die Zähne:
    „Rache ist süß!“
    „I hob eich schon mehrmals gsagt, ihr sollt’s eich davonschern. Und wenn ihr diesmol net ghorcht, dann schlägt’s dreizehn!“
    Es war Herr Dallmayer, der so zu den Jungen sprach. Gerade in dem Augenblick war er aus dem Hausflur getreten, als Sepp mit der Teppichrolle die Wölfe zu Boden mähte wie Getreide mit einer Sense.
    Beschämt und gereizt rappelten sich die Jungen auf. Besonders der dicke Willem schien diese Schlappe nicht so leicht zu verdauen. Doch im Augenblick war er machtlos: Gegen den Hausmeister und die Möbelpacker mit ihrem Rücken so breit wie ein Schrank und mit den Armen wie Gorillas konnte er nichts ausrichten. Zerknirscht und rachedurstig schwang er sich auf sein Rennrad und schüttelte die Faust.
    „Saubayern!“
    So schimpfte er und trat mit aller Kraft in die Pedale, daß die Wadenmuskeln knacksten: Herr Dallmayer war nämlich rasch zwei Schritte vorgetreten — doch schon jagte der dicke Willem davon, als spüre er den zupackenden Biß eines Hundes im Hintern. Und Männe und Flöhchen sausten neben ihm her wie bei einem Wettrennen.

Das Baby mit dem Sepplhöschen

    Am nächsten Morgen ging Sepp mit seinem Vater zur Schule. Das heißt natürlich nicht, daß auch Herr Dallmayer die Schulbank drücken wollte. Nein, er begleitete seinen Sohn nur, um ihn beim Direktor anzumelden.
    BEETHOVEN-GYMNASIUM stand in großen Buchstaben über dem Haupteingang des Schulgebäudes geschrieben, das mit seinen blauen und gelben Fliesen an der Außenseite und den vielen Klapp- und Drehfenstern, die so groß wie Schaufenster eines Geschäfts waren, modern, freundlich und einladend wirkte.
    Der gute Eindruck, den das Beethoven-Gymnasium schon rein äußerlich machte, wurde noch durch seinen Direktor verstärkt. Herr Dallmayer war mit seinem Sohn durch
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