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Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)

Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)

Titel: Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
Autoren: Corina Bomann
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interessieren.
    Wir richteten uns, so gut es ging, hier ein und fanden in der Vorratskammer sogar noch brauchbare Lebensmittel, die wir an die Menschen verteilten. Ich ertappte mich dabei, wie ich immer wieder zum Waldrand blickte, in der Hoffnung, Gabriel würde dort auftauchen. Manchmal sagte ich etwas zu ihm, nur um festzustellen, dass er nicht antworten konnte. Wenn dies in Gegenwart der anderen passierte, bemühten sie sich, mich nicht allzu mitleidig anzusehen, doch ich spürte ihre Blicke im Nacken und auf meinen Wangen.
    In der Morgendämmerung gingen Sayd, David und Vincenzoauf die Jagd und kehrten mit zwei Rehen zurück, die wir am Abend auf Spieße steckten und auf dem Hof brieten. Nach Wochen der schmalen Kost auf dem Schiff lockte der Duft die Menschen aus ihren Unterkünften. Als Madame d’Azième zu uns trat und sich ohne Scheu etwas Fleisch reichen ließ, brach das Misstrauen, mit dem uns die Katharer seit dem Vorfall mit den Dschinn begegnet waren. Nacheinander kamen sie zu uns, ließen sich Fleisch, Brot und Getränke reichen und setzten sich dann gemeinsam in die Nähe des Feuers.
    So schön der Anblick der Geretteten auch war, in meinem Herzen herrschte Kälte. Nicht einmal das Ale, das wir aus Sutton mitgenommen und über dem Feuer erwärmt hatten, vermochte mich aufzuwärmen.
    Da raschelte es plötzlich neben mir. Die Tränen vom Gesicht wischend wandte ich mich um. Vincenzo hielt ein kleines Holzbrett mit Fleisch in der Hand, Saul einen Krug mit Ale. David hatte eine Decke mitgebracht, die er mir um die Schultern legte, Belemoth und Jared setzten sich neben mich.
    »Es kann nicht sein, dass du an einem Abend wie diesem allein herumsitzt«, sagte Sayd, der hinter den anderen hervortrat und mir aufmunternd zulächelte.
    Der Drang, sie wegzuschicken, verschwand augenblicklich. Die Nähe meiner Brüder tat mir gut und nahm für einen Moment die Schwere von meinem Herzen.
    »Lasst uns auf Gabriel trinken und zu unseren Göttern beten, dass er eines Tages zu uns zurückfindet.« Sayd streckte Saul einen Holzbecher entgegen, in den sich das Ale bernsteinfarben glitzernd ergoss.
    »Ich dachte, du als Muslim darfst nichts Vergorenes trinken?«, wandte ich ein.
    Sayds Augen funkelten mich schelmisch an, dann zuckteer mit den Schultern. »Das eine Mal wird mir Allah nachsehen. Ich bitte ihn gleich morgen früh um Verzeihung.«
     
    Als alle sich zu Bett begeben hatten, ging ich in die Küche des Gutshauses und entzündete eine Kerze. Dann nahm ich etwas Pergament von der Leine vor der Esse, wo ich es zum Trocknen aufgehängt hatte, und schrieb an meiner Chronik weiter. Obwohl jedes einzelne Wort schmerzte, war es doch meine Aufgabe, alles für die Nachwelt festzuhalten, jeden Sieg und jede Niederlage.
    Als ich fertig war, strich ich versonnen über den Federkiel, auf dem immer noch die rostroten Flecken prangten. War es Sayds Blut oder meines? Mittlerweile wusste ich es nicht mehr. Ich wusste nur noch, dass Gabriel mir angeboten hatte, die Flecken herauszuwaschen, und dass ich abgelehnt hatte, weil ich an meine Prüfung erinnert werden wollte. Jetzt wünschte ich, ein ähnliches Erinnerungsstück von meinem Liebsten zu haben. Ein Pfand, das ich aufbewahren könnte, bis wir uns wiedersahen – in welcher Welt auch immer. Doch ich konnte nur meine Liebe für ihn in mein Herz einschließen.
    Als der Morgen heraufdämmerte, gab es doch noch etwas, das ich unter den bisherigen Text setzen wollte:
     
    In den Geschichten meines Volkes heißt es, dass Zeit bedeutungslos in Wallhall sei. Doch für uns, die Sephira, ist sie das nicht. Rasch läuft uns die Zeit davon, wenn wir Menschenleben retten wollen. Schwer sind die Wunden, die die Zeit uns zufügt. Und schmerzhaft ist das, was wir auf dem Weg durch die Zeit verlieren. Dafür, dass sie uns unverändert lässt, fordert die Zeit von uns Unsterblichen den höchsten Preis.

     
    Malkuth lag auf dem Boden der Halle und starrte an die gewölbte Decke, deren Verzierungen allmählich abbröckelten. Seit die Dschinn ihn hier abgelegt hatten, hatte er sich nicht gerührt. Stirbt meine Seele jetzt auch ab?, fragte er sich bang, während er vergeblich versuchte, seine Gliedmaßen zu bewegen. War die Verletzung letztlich zu viel für eine halbe Gabe?
    Zorn stieg in ihm auf, wenn er an Hassan dachte. Aishas Worte hatten ihn zwar beruhigt, doch jetzt überlegte er, ob es nicht sinnvoll wäre, die Gabe auf jemand anderen zu übertragen. Azhar würde einen wesentlich besseren
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