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Semmlers Deal

Semmlers Deal

Titel: Semmlers Deal
Autoren: Christian Mähr
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Ihnen noch einen Kaffee!« Sie schritt voran auf eines der Häuser zu, ohne sich nach ihm umzudrehen. Ihr Rock war immer noch feucht, die Schuhe trug sie in der Hand. An der Haustür fiel ihm auf, dass der Rock nicht feucht war, sondernnass. Ihr Hintern zeichnete sich unter dem dünnen Stoff ab. Sie sieht gut aus, dachte er, sie sieht verdammt gut aus, nicht das Gesicht, aber die Figur, warum fällt mir das jetzt erst auf?
    Die Erektion befiel ihn wie ein Frösteln von einem Windstoß. Es tat weh, er beugte sich keuchend vor, um Platz in der Hose zu schaffen, trat einen Schritt näher, hielt im letzten Augenblick noch Distanz, obwohl ihm keine denkbare Wonne wünschenswerter schien, als sich an diesen prallen Hintern zu schmiegen; sein Atem ging in flachen Stößen, er spürte den Puls in den Hals schlagen, er war wieder siebzehn und kurz, bevor ... er verdrängte den Gedanken, atmete tief durch. Sie nestelte mit dem Schlüssel herum, wieso hatte sie überhaupt einen Haustorschlüssel, sollte der nicht in der Handtasche sein, die sie der Ach geopfert hatte, nein, dem »Universum«? Warum erregte ihn diese Frau, die eher ganz- als halbverrückt, vor allem aber deutlich älter als alle seine Partnerinnen der letzten Jahre war?
    Das Haustor ging auf, Stahlrahmen mit Drahtglas, siebziger Jahre, er kannte diese Tür, die falsche Bronzefarbe des Metalls; dahinter hatte er mit Sylvia geknutscht; es war genau dieselbe Tür, und Sylvia hatte nichts dagegen gehabt in jener über alle Nächte erhabenen Nacht. Und jetzt war es wieder so, genau so.
    Sie traten ins Treppenhaus und die siebziger Jahre hatten ihn eingeholt, es roch jetzt auch so. Wohnblockmief, eine Note von Salmiak und synthetischem Zitronenaroma. Und Plastik. Der Handlauf des Geländers aus schwarzem Plastik, aus demselben, das auch die Vorderkanten der Stufen bedeckte, damit niemand ausrutschte. Er hatte das Jackett ausgezogen, über den Arm gelegt. Sehr asymmetrisch, damitder tiefer hängende Teil der Jacke die monströse Schwellung in der Hose bedeckte, denn jetzt war nicht zwei Uhr nachts wie damals, jetzt war später Nachmittag, Samstag; hinter den dünnen Wohnungstüren die Fernseher; volles Haus. Jeden Moment konnte jemand herauskommen. Ohne sich umzudrehen, fasste ihre Hand nach hinten, fand den Weg unters Jackett zu der Beule, er sog die Luft ein.
    »Man muss«, sagte sie, »kein Ritual einhalten, keinen besonderen Ort aufsuchen«, sagte sie, während sie die Treppe hinaufstieg und ihn sanft massierte, ohne sich umzudrehen, Lift gab es keinen, natürlich nicht; »jeder Ort ist dafür geeignet, man muss es nur laut sagen, und dass es ein Opfer ist, das ist auch wichtig, und was man dafür opfert, das muss man auch laut sagen. Verstehst du?«
    »Nein.« Seine Stimme versagte, heiseres Flüstern war alles, was er heraus brachte. Sie hatte es dennoch gehört.
    »Dann nehmen wir einmal ein Beispiel.« Sie stieg nun langsamer auf, Stufe für Stufe, zog ihn an der Hose von hinten an sich, so dass die Schwellung an dem nassen Rock rieb. »Also folgendermaßen: ich opfere xy – hier setzt du den Gegenstand ein, den du opfern willst – ich opfere xy für einen Fick mit Gisela Mießgang. Das musst du dreimal sagen. Vorausgesetzt, du willst Gisela Mießgang ficken. Trifft das zu?«
    »Ja.«
    Sie waren im dritten Stock angekommen. Sie sperrte ihre Wohnung auf. »Mach hinter dir zu«, sagte sie. »Dieser nasse Rock bringt mich noch um«, sagte sie, zog ihn in einer einzigen, fließenden Bewegung aus, ließ ihn zu Boden fallen. Darunter trug sie nichts. Achtloser Umgang mit Kleidungsstücken schien eine Angewohnheit von ihr zu sein, überall lagen welche herum, auch andere Gegenstände. Bücher,Zeitungen, Kaffeetassen bemerkte er, obwohl sein Blick auf den weißen Hintern gebannt war, der im Dämmerlicht des Spätnachmittags leuchtete, als sie den Flur ins Wohnzimmer voranging. Die Dinge waren nicht an den Orten, die sie einnehmen sollten. Auf dem Teppich standen Gläser, ein Schneidbrett lag da, daneben ein Messer, als habe sie auf dem Bauch liegend gegessen.
    Er ließ die Hose fallen. »Und dann opferst du diesen Gegenstand. Da hast du zwei Möglichkeiten.«
    »Zwei«, flüsterte er.
    »Jawohl«, sagte sie, ließ sich vor der Couch auf die Knie nieder, legte den Oberkörper auf die Sitzfläche. »Du bringst das Opfer selber dar, indem du den Gegenstand der Vernichtung zuführst. Das macht man bei kleinen Gegenständen, wie meiner Handtasche. Oder du wartest, bis das
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