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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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suspekt. Und deshalb hat er auf eigene Kosten eine Privatobduktion veranlasst. Das Ergebnis liegt nun vor. Die Frau ist vergiftet worden.«
    Dr. Steller räusperte sich. »Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass es sich um die Mutter oder Frau eines Kollegen handelt?«
    »Die sind nicht miteinander verwandt«, belehrte Franziska ihn. »Wussten Sie eigentlich, dass nur zwei Prozent aller Todesfälle gerichtlich untersucht werden?«
    »Ich habe davon gelesen. Das heißt aber auch, dass achtundneunzig Prozent aller Menschen eines natürlichen Todes sterben.«
    »So kann man es auch sehen«, murmelte Franziska.
    »Was wollen Sie?« Dr. Steller klang ungeduldig.
    »Beschlagnahmen Sie die Leiche, lassen Sie sie nach Landau bringen, und beauftragen Sie mich mit den Ermittlungen.«
    »Das geht nicht. Der Tatort liegt im Landkreis Passau, und wir sind da nicht zuständig.«
    »Ja, sie ist vielleicht in Bad Griesbach verstorben – aber vergiftet wurde sie in Kleinöd. Glauben Sie mir, Frau Brunner ist systematisch vergiftet worden, über Wochen hinweg – das hat der Gerichtsmediziner herausgefunden.«
    »Frau Hausmann, es gibt für alles Regeln.« Der Staatsanwalt klang genervt. »Und daran halten wir uns. Und eine dieser Regeln heißt: Der Fundort der Leiche ist maßgeblich für die Zuständigkeit der Ermittlungsbehörde. Und jetzt: Gute Nacht.«
    Ehe Franziska noch etwas sagen konnte, hatte er aufgelegt.
    Sie schenkte sich ein zweites Glas Rotwein ein und tigerte wütend durch die Wohnung. »Was bildet der sich eigentlich ein?«
    »Schreib ihm eine Mail, in der du darauf bestehst, dass in diesem Fall ermittelt wird«, schlug ihr Mann vor. »Und beruhige dich. Das ist doch nicht normal, dass du dich so um einen Fall reißt. Sei doch froh, wenn es bei euch im Büro mal ein bisschen ruhiger ist. Bruno ist da sicher meiner Meinung.«
    »Ja, das glaube ich gern. Aber weißt du, ich kannte die Tote. Das geht mir nah. Und außerdem bin ich dem Schmiedinger so einiges schuldig. Seit Jahren versprech ich ihm einen Praktikanten, und dann vergesse ich es immer wieder. Und jetzt braucht er meine Unterstützung. Verstehst du, da will ich ihn nicht hängen lassen. ›Zuständigkeit der Ermittlungsbehörde‹«, wiederholte sie. »Zuständig sind die vielleicht, aber nicht engagiert.«
    »Bleib doch mal cool«, meinte Christian. »Und außerdem: Wenn du Malwine Brunner kanntest, dann bist du sowieso befangen und solltest gar nicht ermitteln. Bitte, beruhige dich.«

Kapitel 2
     
    Nichtsahnend war die Witwe Malwine Brunner auch an diesem 2. September in ihrem Auto mitsamt dem Hund Joschi, der ordnungsgemäß angeleint auf dem Beifahrersitz hockte und weder winselte noch bellte, die gut dreißig Kilometer nach Bad Griesbach gefahren und hatte sich in der Kabine für Damen umgezogen.
    Vor den großen Panoramafenstern des Thermalbads zeigte sich der beginnende Herbst in seinen schönsten Farben. Nun lag sie rücklings, bekleidet nur mit einem schwarzen Badeanzug, in dem fast sechsunddreißig Grad warmen Wasser und wartete auf ihren ganz persönlichen Bademeister. Im flachen und muschelförmigen Becken nebenan kreischte die Besatzung des örtlichen Kindergartens, umrundet von Betreuerinnen, die immer wieder vergeblich »pscht« zischten.
    Malwine Brunner war im Erwachsenenbecken die Einzige, und sie genoss ihr Privileg.
    Kaum war ihre ältere Schwester Agnes gestorben und begraben gewesen, hatte die Witwe Malwine Brunner beschlossen, ihr Leben radikal zu ändern. Es begann damit, dass sie das Zimmer ihrer Schwester frisch streichen ließ und anschließend mit all jenen erinnerungsbefrachteten Dingen vollstellte, die sie traurig machen würden und die sie nicht mehr sehen wollte. Dazu gehörten Fotos von Sohn, Mann und Schwester, die ersten und so unbeholfen wirkenden Zeichnungen ihres geliebten Kindes sowie dessen wuchtiger Personalcomputer, mit dem er sich so leidenschaftlich beschäftigt hatte. Dort lagerte sie Agnes’ Sammelsurium an medizinischen Handbüchern und Nachschlagewerken zur Traumdeutung. Die Gummistiefel ihres Mannes und seine gesteppten Joppen, sein Rasierzeug und sein Aftershave, das er nur an Festtagen benutzt hatte. Und nachdem all das geschehen war, hatte sie die Tür dieses Zimmers verschlossen und sich unglaublich frei und stark genug gefühlt.
    Nun würde sie sich ihren allergeheimsten Lebenstraum erfüllen: Sie würde schwimmen lernen. Zunächst hatte sie sich im Dorf und vor allem im Blauen Vogel umgehört
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