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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Autoren: Eleanor Moran
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Personalabteilung).
    »Lass uns das Thema wechseln, Milly. Ich bin meiner ehrlich gesagt selbst überdrüssig. Wirst du dich wieder mit dem Tierarzt mit den zweifelhaften braunen Mokassins treffen?«
    Sie hatten sich bisher dreimal miteinander verabredet, und Milly versucht herauszufinden, ob ihrer Antipathie eine reflexhafte Reaktion auf seine Schuhe zugrunde liegt oder diese Beweis einer tieferen Unvereinbarkeit ist. Aber bevor die Kosten-Nutzen-Analyse ernsthaft beginnen kann, läutet mein Telefon, und eine mir unbekannte Nummer leuchtet auf meinem Display auf.
    »Hallo?«
    »Ist dort Amber Price?«, will eine abgehackte weibliche Stimme wissen.
    »Ja, ich bin es«, bestätige ich, doch sie redet einfach weiter.
    »Ihr Termin war für zwei Uhr nachmittags vorgesehen, aber es ist etwas dazwischengekommen. Können Sie schnellstmöglich herkommen?«
    Was wäre schnellstmöglich? Vermutlich fliegen.
    »Äh, ja, sicher, selbstverständlich. Ich brauche nur zwanzig Minuten, wenn ich losflitze … Ich habe nämlich einen Roller«, ergänze ich. O Gott, das Vorstellungsgespräch ist schon jetzt eine Katastrophe, bevor es überhaupt begonnen hat. Ich gebe Milly zu verstehen, dass ich mich auf den Weg mache, und besprühe mich mit einem Parfümnebel, der mich husten lässt.
    »Wir freuen uns«, erwidert die Dame am Telefon und legt schnell auf.
    Ich werfe einen letzten Blick auf mein schlecht gewähltes Kleid, stülpe mir den Helm auf den Kopf und versuche nicht daran zu denken, dass damit die Wahrscheinlichkeit wächst, wie das sechste Mitglied der Jackson Five auszusehen.
    Bis ich einen Parkplatz finde, vergeht eine Ewigkeit, und ich komme noch erhitzter und aufgeregter an, als ich aufgebrochen bin. Ich leiste mir eine 5-Sekunden-Pause, um durch die Glasfront ins Restaurant dahinter zu spähen. Es ist wie der Blick auf eine Bühne, der hellerleuchtete cremefarbene Gastraum, abgegrenzt von einem Zinktresen, der sich in schwungvoller Linie über die rückwärtige Wand erstreckt. Die Wände werden von Werken moderner Kunst akzentuiert, die je nach Standpunkt entweder absurd oder genial wirken (ich stamme aus Stockport, Sie dürfen also raten, in welche Richtung ich tendiere), und die Glastische sehen aus, als wären sie aus einem Pariser Salon von 1920 geklaut. Mein spottbilliges Kleid droht sich in der Sekunde, in der es einen Tempel derartigen Feinsinns betritt, aufzulösen, doch ich zwinge mich dennoch, die Schwelle zu überschreiten. Es ist, als hätte ich ein Kriegsgebiet betreten. Kellner rennen umher, um die Tische fürs Mittagessen einzudecken, Köche eilen ständig durch die Doppeltür der Küche, und eine Putzfrau wischt nach dem Zufallsprinzip und droht sie alle mit jeder Bewegung stolpern zu lassen. Dass es hektisch zugeht, ist ganz normal, aber ich greife noch etwas anderes auf. Es ist ein Hauch von Angst, denn die Art, wie alle arbeiten, hat was Manisches. Ich nähere mich einem mürrisch dreinblickenden Kellner und versuche meine Hand auf seinen Arm zu legen, während er an mir vorbeirennt.
    »Ich habe ein Vorstellungsgespräch.«
    Während er sich zu mir umdreht, höre ich von hinten die bekannte abgehackte Stimme vom Telefon.
    »Und Sie müssen Amber sein.«
    Lydia entspricht in ihrer Perfektion dem Foto aufs Haar. Sie ist nicht von Natur aus blond, aber die Haare sind so perfekt gefärbt, dass man ihr dies sofort verzeiht. Ihr Körper wirkt derart gestählt, dass er geradezu nach einem privaten Pilatestrainer zweimal die Woche schreit, und sie trägt ein derart demonstrativ bunt gemustertes Kleid, das man sich nur erlauben kann, wenn es wirklich nichts zu verbergen gibt (das heißt, sie braucht sich keine Sorgen zu machen, wie ein Zweisitzer im Sonderangebot beim Möbeldiscounter auszusehen). Ihr Alter lässt sich nur schwer einschätzen (Ende dreißig, Anfang vierzig?), und sie sieht auf neutrale Weise gut aus, mit einem Gesicht, das fast maskenhaft wirkt. Ich habe das Gefühl, dass sie nichts preisgibt, was nicht als Kunstform durchgeht.
    »Ja, das bin ich«, sage ich und schleudere ihr meine Hand entgegen, die hoffentlich nicht zu klebrig ist. Sie richtet ihren Blick auf die Küche und nutzt ihre Kehrtwende dazu, mich von oben bis unten zu mustern. Grundlos schäme ich mich ein wenig, denn sie vermittelt mir das Gefühl, dass sie meine tiefsten und dunkelsten Abgründe zu ergründen vermag. Völlig lächerlich, zumal wir, wenn es um Scheidung geht, diesen Makel teilen.
    »Ich werde Oscar holen«, sagt
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