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Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Titel: Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
Autoren: Kira Maeda
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bunt und auffällig sein; so liebte es die zierliche Japanerin. Das beste Beispiel dafür war die quietschbunte Plastikhandtasche, die im Halbdunkel zu leuchten schien.
    „Lass das!“, wies Tomo sie streng zurecht. „Es ist selbstverständlich, dass ich herkomme und dir helfe!“ Sie zog einen Schmollmund, der Isabelle zum Lachen brachte. Tomo grinste nur, fasste sie am Arm, um sie vom Bahnhof fortzuziehen – mitten hinein in das Gewühl von Tokio. Mittlerweile war es fast dreiundzwanzig Uhr. Dennoch hatte die Aktivität in der Stadt nicht abgenommen. Das Gegenteil war der Fall. Tomo führte sie die Straße hinab zu einem Imbissstand. Es handelte sich dabei um einen einfachen Karren mit ausklappbarer Theke und einigen Hockern davor. In mehreren Pfannen brutzelte etwas, und der Duft ließ Isabelles Magen laut und deutlich knurren.
    Tomo setzte sich auf einen der Hocker und bestellte etwas in schnellem Japanisch. Isabelle setzte sich neben die zierliche Freundin und bekam eine Flasche Asahi-Bier und eine Schüssel mit Suppe und langen Nudeln vor sich gestellt. Tomo schlürfte bereits genüsslich ihre Portion.
    Isabelle nahm ein Paar der Einweg-Holzstäbchen aus dem bereitgestellten Becher und brach sie auseinander. Auf den langen Nudeln lag ein gebratenes Stück Fleisch und in Streifen geschnittenes Gemüse. Isabelle kostete davon und aß begeistert weiter.
    „Schmecken die Ramen?“, erkundigte sich Tomo und nippte an ihrer Bierflasche. Isabelle nickte mit vollem Mund. Die Suppe war würzig, und das laute Schlürfen machte ihr Spaß. Tomo lachte und schob ihr einige süß-saure Rettichscheiben hin. Isabelle probierte auch davon. Die gelben Scheiben prickelten auf ihrer Zunge. Sie nahm einen Schluck Bier. „Nicht schlecht.“
    Tomo gab einen zustimmenden Laut von sich. Nun schob sie ihre halbvolle Nudelschale zur Seite und knabberte an einem Stück Rettich. „Seit wann hast du nicht mehr von Shin gehört?“, fragte sie Isabelle direkt.
    Die rührte in ihrer Brühe. „Seit etwa acht Wochen.“
    Tomo griff nach weiteren Rettichscheiben und hob die Hand, um bei dem Budenbesitzer ein weiteres Schälchen zu bestellen. „Bei mir hat er sich das letzte Mal vor einem Monat gemeldet“, sagte sie nachdenklich und kaute dabei. „Nach dem Vorfall im Club ist er verschwunden.“
    Isabelle hatte ihre Flasche angehoben, hielt aber zwischen Theke und Mund inne. „Was ist passiert?“
    Tomo wirkte mit einem Mal nervös. Sie versuchte eine einzelne Nudel mit ihren Stäbchen aufzunehmen und mied Isabelles Blick.
    „Was für ein Vorfall?“, fragte Isabelle drängender. Wenn Shin darin verwickelt war, musste sie es wissen.
    Tomo legte die Stäbchen zur Seite. „Shin hat früher in einem Club namens Dawn als Host gearbeitet.“
    „Was ist ein Host?“, warf Isabelle ein. Sie ahnte es, da Tomo sie ungewohnt verschämt ansah, aber sie wollte sicher sein. „Wieso hat er mir nichts davon erzählt?“
    „Hosts bleiben lieber unter sich. Sie reden nicht gern mit anderen über ihren Job.“
    „Ist es gefährlich?“
    Tomo lachte hell. „Nur für Frauenherzen.“
    Isabelle seufzte und trank. „Ein Callboy also?“, fragte sie leise.
    „Mhm“, erwiderte Tomo. „Ein Begleiter.“
    Isabelle biss sich auf die Zunge. Shin, ein Callboy ...? „Was ist im Dawn passiert?“
    „Es war vor dem Dawn“, korrigierte sich Tomo und legte die Stäbchen auf ihre Schüssel. „Damals gab es eine Prügelei. Shin war darin verwickelt und wurde mit anderen verhaftet. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.“ Ihre Stimme war leise geworden. Isabelle berührte sanft Tomos Arm. Dass sie sich ebenso sehr um Shin sorgte wie Isabelle, hatte diese noch nicht wirklich bedacht.
    „Denkst du, er ist im Gefängnis?“
    Tomo schüttelte den Kopf; ihre Zöpfe wippten dabei. „Ich habe mich erkundigt. Er wurde nach seiner Vernehmung entlassen.“
    Isabelle schob ihre Schale zur Seite. Es war noch etwas übrig, aber ihr war der Appetit vergangen. „Weiß jemand Näheres über die Prügelei?“
    Tomo tippte sich mit der Fingerspitze gegen die vollen Lippen und zog einen Schmollmund. Die Geste hatte etwas Kindliches an sich, und Isabelle hätte fast gelacht, wäre das Gespräch nicht so ernst gewesen.
    „Kyo müsste etwas wissen. Er war im Club Shins bester Freund.“
    „Hast du ihn schon gefragt?“
    „Nicht nach der Prügelei.“ In Tomos Augen trat ein schelmischer Ausdruck. Sie stand auf und zog Isabelle mit sich, nachdem sie bezahlt hatte. „Das
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