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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten
Autoren: Michael Theurillat
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Goldmann Investments Ltd. nicht leisten. Lara Bischoff betrat den Konferenzraum.
    »Mrs Bischoff, sind Sie sicher, dass wir nicht zu viel verschenken?«
    Lara registrierte zwölf Augenpaare, die wie auf Kommando ans obere Ende des Besprechungstisches schwenkten. »Mr Kronenberger«, sagte sie mit ruhiger, sachlicher Stimme. »Sie haben Ihre Aufgabe erst vor kurzem übernommen, ich weiß. Zum Glück kenne ich das Unternehmen, das Sie vertreten, schon recht lange. Sonst müsste ich annehmen, dass Ihr Mandant bereit ist, überhaupt etwas zu verschenken.« An dieser Stelle huschte ein kleines Lächeln über ihre Lippen. Lara war mit Alexander per du – kannte den hageren Mann Ende sechzig schon seit ihrer Kindheit. Aber es gefiel ihr, wie sie beide dieses Gefecht austrugen, vor einer versammelten Mannschaft von Adlaten. »Sie und ich wissen, dass dies nicht der Fall ist. Wir können also ohne weiteres auf diese Art von Geplänkel verzichten.«
    Vereinzelt zogen die Blicke ab, richteten sich wieder auf den Mann, der die Frage gestellt hatte: Alexander Kronenberger, seit Anfang des Jahres oberster Anwalt des Weltfußballverbandes.
    Kronenberger verzog seinen Mund zu einem säuerlichen Grinsen, und Bruce Wayner, einer seiner Begleiter, ergriff das Wort: »Statt eines Exklusivvertrages könnte man die Lizenzen doch auch einzeln …«
    »Könnte man«, warf Lara ein. »Das würde aber nur dann Sinn machen, wenn der Erlös aus den Einzelvergaben die Summe des Exklusivvertrags übersteigt. Also rechnen Sie!«
    Und wieder schwenkten die Augenpaare.
    Lara Bischoff sah auf die Uhr. Wenn sie jetzt aufbrach, könnte sie es schaffen. Der Flug vom City-Airport nach Zürich ging um 17 . 45  Uhr. Mit der einen Stunde Zeitverschiebung käme sie gerade rechtzeitig zum Essen der Zunft zur Constaffel im Rüden.
    »Es ist derselbe Betrag«, sagte Wayner, der in der Zwischenzeit die Zahlen der Offerten zusammengezählt hatte. »Dann ist es also einerlei.«
    »Eben nicht«, sagte Lara. »Wenn Sie die Kosten der Anwälte dazurechnen … Ganz abgesehen von der Zeit, die wir brauchen würden, um mit fünf Parteien einzeln zu verhandeln.«
    »Aber …«
    »Und dann hätten wir immer noch das Risiko, dass einer zurücktritt.« Lara lächelte. Das Wort Risiko hatte bei Anwälten dieselbe Wirkung wie Knoblauch bei Vampiren.
    »Vielleicht haben Sie recht«, kam es zögerlich von Kronenberger. »Wir vergeben also an Sunshine .«
    »Sie verkaufen!«, verbesserte Lara. » Sunshine bezahlt einhundertundfünfzig Millionen Euro für ein SMS -Übertragungsrecht. Hundertfünfzig Millionen! Das hat mit Vergeben nichts zu tun.« Lara machte eine kurze Pause. Und weil wir bei den Rechten für TV und Radio eine Verzögerung von 2 Sekunden ausgehandelt haben, ist eine zeitgleiche Übermittlung via Handy möglich.«
    Lara stand auf: »Meine Herren, bitte entschuldigen Sie, ich werde erwartet …«
    Zwölf Männer erhoben sich; auf jeder Seite des Verhandlungstisches sechs. Zwei Parteien, die sich wie Mannschaften gegenüberstanden, um ein Spiel zu spielen, bei dem am Ende jeder gewinnen würde.
    Lara Bischoff ertappte sich dabei, wie sie es genoss. Einen kurzen Moment nur, bevor sie auf Alexander Kronenberger zuging, ihm die Hand reichte, ihm zuzwinkerte und sich verabschiedete: »Meine Kollegen werden im Anschluss mit Ihnen denVertrag noch im Detail durchgehen.« Sie ging zur Tür, ohne sich von den restlichen Sitzungsteilnehmern zu verabschieden. »Ach, noch etwas«, sagte sie. »Wenn ich Ihren Präsidenten heute Abend in Zürich treffe … kann ich ihm sagen, dass wir uns geeinigt haben?«
    Eine kurze Stille hing im Raum, dann grinste Kronenberger wieder: »Sag ihm einen Gruß. Du hast den Deal.« Trotz Kronenbergers Jovialität entdeckte Lara auch an ihm die Zerknirschtheit jener Männer, in deren Welt sich Frauen vornehmlich um Haus und Herd zu kümmern hatten.
    Lara Bischoff schloss die Tür, eilte durch den Korridor zum Lift und fuhr ins Parterre.
    »Randolph wartet in der Tiefgarage, Madam.« Eine Dame in dunkelblauem Deuxpièces kam auf Lara zu, überreichte ihr eine Reisetasche aus braunem Kalbsleder und einen Umschlag. »Ihr Gepäck und die Tickets, Madam.«
    »Danke.« Lara seufzte: »Und Ira, wann hören Sie endlich mit diesem Madam auf. Ich könnte Ihre Tochter sein.«
    Verlegen zupfte Ira Wendersley an ihrer perfekt ondulierten Dauerwelle. »Wie Sie wünschen, Mrs Bischoff … Sie können übrigens die normale Route nehmen, es wurde nichts
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