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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981
Autoren: H. J. Alpers
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beschäftigt, machen in den Bauernhöfen und den Fabriken Rehabilitierungsarbeit und geben sich dabei noch die ganze Zeit Mühe, anderen zu ihrer geistigen Gesundheit zu verhe l fen. Der Quotient der geistigen Störungen ist zur Zeit ta t sächlich sehr hoch – der größte Teil der Welt ist tatsächlich verrückt. Aber man muß sie bewundern. Sie kämpfen um ihre geistige Gesundheit. Und sie werden – werden gewi n nen!“ Und dann senkte er seine Stimme und sagte wie zu sich selbst, während er aus dem Fenster schaute und kaum merklich auf den Zehenspitzen wippte: „Wenn ich daran nicht glauben würde, dann könnte ich nicht weitermachen.“
    Und ich wußte, daß er an seine Frau dachte.
    Mrs. Speakie hatte bei dem ersten allgemeinen amerikan i schen Test 88 Punkte erreicht. Sie war nun schon seit Jahren im Asyl des Territoriums Groß-Los- A ngeles.
    Jeder, der Dr. Speakie nicht für überzeugt hält, sollte sich darüber mal eine Minute lang Gedanken machen! Er hat für seine Überzeugung alles aufgegeben.
    Und selbst als die Asyle ganz gut liefen und die Epidem i en in Südafrika und die Hungersnot in Texas und der Ukra i ne unter Kontrolle gebracht waren, wurde die Arbeitsbel a stung für Dr. Speakie nie geringer, da das Personal des Ps y chometrischen Büros immer knapper wurde, weil ständig einige bei dem monatlichen Test durchfielen und nach B e thesda eingewiesen wurden. Ich konnte keine von meinen Sekretärinnen länger als einen oder zwei Monate halten. Es wurde immer schwieriger, Ersatz zu finden, weil die meisten geistig gesunden jungen Leute sich freiwillig für die Arbeit in einem Asyl meldeten, denn in den Asylen war die Arbeit viel leichter, und man hatte mehr soziale Kontakte als dra u ßen. Alles war so bequem, und man traf jede Menge von Freunden und Bekannten! Manchmal beneidete ich diese Mädchen geradezu! Ich aber wußte, was mein Auftrag war.
    Auf jeden Fall war es weit weniger hektisch hier in dem UNO-Gebäude oder dem psychometrischen Turm, wie man ihn schon vor langer Zeit umbenannt hatte. Oft war den ga n zen Tag über niemand sonst in dem Gebäude als Dr. Speakie und ich und vielleicht noch Bill, der Hausmeister (Bill e r reichte jedes Vierteljahr regelmäßig wie eine Uhr 32 Pun k te). Alle Restaurants waren geschlossen, eigentlich war fast ganz Manhattan geschlossen, aber wir hatten unseren Spaß bei Picknicks in dem alten Versammlungsraum. Außerdem kam immer wieder mal ein Anruf aus Buenos Aires oder Reykjavik, in dem man Dr. Speakies Rat in seiner Eige n schaft als temporärer Präsident zu irgendeinem Problem brauchte, und das unterbrach die Stille.
    Aber am 8. November des letzten Jahres – ein Tag, den ich nie vergessen werde – unterbrach sich Dr. Speakie plöt z lich selbst in seinem Diktat seines Referendums über das ökonomische Wachstum in den nächsten fünf Jahren. „Übr i gens, Mary Ann“, sagte er, „wie sieht Ihr letztes Testerge b nis aus?“
    Wir hatten uns dem Test vor zwei Tagen unterzogen. Wir ließen uns immer am ersten Montag des Monats testen. Dr. Speakie wäre es nicht im Traum eingefallen, für sich eine Ausnahme von den allgemeinen Testvorschriften zu m a chen.
    „Ich hatte zwölf Punkte“, sagte ich. noch bevor ich dac h te, wie merkwürdig es von ihm war zu fragen. Das heißt, nicht nur zu fragen, denn wir sprachen oft von unseren Tes t ergebnissen; sondern vielmehr, zu dieser Zeit zu fragen, als er gerade dabei war, wichtige A ngelegenheiten der Weltr e gierung abzuwickeln.
    „Wunderbar“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Sie sind wunderbar, Mary Ann! Sie sind seit dem letzten Test zwei Punkte tiefer, nicht wahr?“
    „Ich schwanke immer zwischen zehn und vierzehn“, sagte ich. „Das ist doch nichts Neues, Doktor.“
    „Eines Tages“, sagte er, und in sein Gesicht trat der gle i che Ausdruck wie damals, als er seine große Rede über die Asyle gehalten hatte, „eines Tages wird diese unsere Welt von Menschen regiert sein, die sie regieren können. Von Menschen, deren GQ-Wert Null ist, Mary Ann!“
    „Ach du lieber Gott, Doktor“, sagte ich im Spaß – seine Eindringlichkeit machte mir fast Angst –, „selbst Sie sind nie unter drei gekommen, und das haben Sie jetzt seit einem Jahr oder mehr nicht mehr geschafft!“
    Er starrte mich fast so an, als würde er mich nicht sehen. Es war richtig unheimlich. „Eines Tages“, sagte er im gle i chen Tonfall, „wird niemand in der ganzen Welt einen Qu o tienten haben, der über
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