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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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Laune verderben zu lassen.

 
    Knappe drei Stunden und vier Regional-Expresse später stand ich
frierend auf dem mittlerweile dunklen Bahnsteig in Unter-Oberstein und wartete
auf die Bahn nach Nieder-Oberstein. Meine Laune hatte mittlerweile doch ein
wenig gelitten. Zumal der Regionalexpress nach Nieder-Oberstein eine halbe
Stunde Verspätung hatte. Was absolut normal war, wie mir der nette Schaffner
versicherte, den ich nach langem Suchen in seiner gut geheizten Schaffner-Stube
bei Kaffee und Kuchen sitzend aufgestöbert hatte.
                "Sagen
Sie bloß, sie werden nicht abgeholt? Das weiß doch jeder, dass die Bahn hier
nie pünktlich ist, ha, ha, ha", lachte er kauend vor sich hin. "Darum
lässt sich eigentlich jeder in Paderborn abholen. Oder zumindest hier, ha, ha,
ha. Es ist doch furchtbar mit der Bimmelbahn allein
durch die Pampa zu zuckeln."
    Mit dieser Feststellung hatte er zweifelsohne Recht, denn ich war
in dem Zug, der aus Lok und genau einem Waggon bestand, ebenso allein wie
während der guten 45 Minuten Wartezeit auf dem stockdunklen Bahnsteig.
                "Beleuchten
machen wir hier nicht, ist ja so was wie Endstation hier, da wartet sonst nie
einer,“ hatte mir der Schaffner auf meine Beschwerde hin weiter erklärt.
    Als ich endlich im Zug saß, musste ich feststellen, dass die
Heizung nicht angestellt war. Die Erklärung des dick eingemummelten Zug-Schaffners,
dass sich das nicht lohne, da niemand je mit dieser Bahn fahre, überraschte
mich nicht weiter.
                „Was
wollen sie denn in Nieder-Oberstein?“, fragte der gute Mann mich interessiert,
während er mein Zugticket abstempelte.
                „Ich
besuche die Eltern meines Freundes.“
    Normalerweise gab ich fremden Menschen nicht so schnell so viele
Informationen, aber die Aufregung und die stundenlange Warterei auf den
Bahnsteigen hatten meine Zunge gelöst.
                „Ach, Sie sind das!“
    Der Schaffner sah mich lange an und ich hätte schwören können, ich
sah so etwas wie Mitleid in seinem Blick, was ich beschloss zu ignorieren. Ich
war einfach nur froh, dass ich nicht gesagt hatte, dass ich meine künftigen
Schwiegereltern besuchte, wie es mir auf der Zunge gelegen hatte.
Offensichtlich kannte man sich in Nieder-Oberstein.
                „Ich
komme auch aus Nieder-Oberstein, da kennt jeder jeden“, bestätigte der
Schaffner meine Gedanken. „Sie sind also der wichtige Besuch, von dem die
Mutter ihres Freundes gestern in der Bäckerei gesprochen hat?“
    Er sah mich wieder lange und prüfend an, was ich erneut ignorierte,
denn mein Gehirn war damit beschäftigt, diese neue Information zu verarbeiten.
Ich war wichtiger Besuch. Das war ein gutes Zeichen!
                „Das
sind sehr besondere Leute, die Eltern ihres Freundes“, sagte der Schaffner
schließlich, tippte mit dem Finger an seine Schaffnermütze und verließ das
Abteil.
    Mir war nicht ganz klar, was ich mit dieser Bemerkung anfangen
sollte. Gott sei Dank hielt der Zug in diesem Moment, ich war endlich in
Nieder-Oberstein angekommen und hatte andere Dinge zu tun, als mir Gedanken
über den Satz eines Zugschaffners zu machen.
    Auch das letzte bisschen meiner schlechten Laune war wie
weggeblasen, als ich endlich den Mann meiner Träume auf dem Bahnsteig in
Nieder-Oberstein in die Arme schließen konnte. Tapfer lächelte ich die
Strapazen der um vier Stunden verlängerten Reise und der Kälte auf Deutschlands
nebeligen Bahnsteigen weg und begann, mich seelisch auf mein bestes
Schwiegertochter-Benehmen einzustellen.
    Sogar die Frage, ob Nieder-Oberstein überhaupt irgendetwas mit
Paderborn zu tun habe, verkniff ich mir taktvoll, obwohl die Reise von
Paderborn nach Nieder-Oberstein genauso lange gedauert hatte, wie die von
Berlin nach Paderborn.

 
    Weitere 10 Minuten Autofahrt später standen wir endlich vor dem
Haus der Eltern des Mannes, den ich heiraten wollte. Erwartungsvoll stieg ich aus
dem Auto. Es war dunkel und mittlerweile nieselte es, wie es nur an einem
Winterabend in Deutschland nieseln kann. Innerhalb weniger Sekunden war alles
klamm und was ich vor kurzem noch meine Frisur genannt hatte, waren jetzt ein
paar unkoordinierte, schlappe, braune Haarsträhnen auf meinem Kopf. Ich strich
mir durchs Haar, ohne große Hoffnung etwas zu verbessern, und wandte mich in
Richtung Haus.
    Der erste Blick auf das Haus meiner erhofften Schwiegereltern war
beeindruckend. Man hätte
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