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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter
Autoren: Hannes Nygaard
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würden wir über eine rückläufige Auftragsquote nicht klagen«,
erwiderte Vollmers. »Aber vielleicht können wir Sie an unseren Aktivitäten
beteiligen.«
    Sie hatten in der
Vergangenheit bereits einige Fälle gemeinsam bearbeitet. Obwohl Vollmers
anfangs kritisch die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt beäugt hatte, war
Lüder nicht überrascht, dass sich der erfahrene Kriminalist bei ihm meldete.
    »Wir haben heute
Morgen eine Leiche aus dem Kanal gefischt.« Wenn jemand vom »Kanal« sprach,
wusste jeder Einheimische, dass damit der Nord-Ostsee-Kanal gemeint war. »Bei
Rendsburg«, ergänzte der Hauptkommissar.
    Vollmers legte
eine Pause ein. Lüder wusste, dass er keine Fragen stellen musste. Vollmers
würde ihn knapp, aber präzise informieren.
    »Nach den
Umständen des Funds liegt eindeutig Fremdverschulden vor. Das Opfer war mit
einem Strick an der Schwebefähre befestigt. Es sieht so aus, als hätte man den
Mann, das Opfer ist männlich, während der nächtlichen Ruhepause an der
Fährbühne angebunden. Als diese in Betrieb gesetzt wurde und ihre erste Fahrt
unternahm, wurde er hinterhergezogen und tauchte ins Wasser des Kanals ein. Wir
konnten noch nicht exakt rekonstruieren, ob er am anderen Ufer unter Wasser
blieb oder Boden unter den Füßen hatte. Das ist noch alles sehr vage.«
    »Und was
veranlasst Sie, mich zu informieren?«, fragte Lüder, da Tötungsdelikte, mochten
sie noch so bizarr erscheinen, grundsätzlich von den vier
Bezirkskriminalinspektionen des Landes verfolgt wurden. Lüder lächelte. Eine
Ausnahme waren die Husumer, Christoph Johannes und Große Jäger, die, obwohl es
nicht zu ihrem Kompetenzbereich gehörte, sich immer wieder bei den Ermittlungen
von Mordfällen einschalteten.
    »Es ist nicht die
außergewöhnliche Weise der Tatausführung, beim Opfer handelt es sich vermutlich
um einen amerikanischen Staatsbürger. Ein Student der Kieler Uni. Das lässt
sich aus den aufgefundenen Personendokumenten herauslesen.«
    »Damit fällt es
immer noch nicht in unseren Aufgabenbereich.« Lüder war skeptisch.
    »Wie ein Student
sieht das Opfer nicht aus.«
    »Haben Sie einen
Namen?«
    »Sicher.« Aus
Vollmers' Antwort war ein leichter Vorwurf herauszuhören.
    Wenn er Lüder
berichtete, dass es sich um einen amerikanischen Studenten handelte, mussten
die Beamten Hinweise auf die Identität gefunden haben. Insofern, registrierte
Lüder, war seine Frage überflüssig gewesen.
    »Das Opfer heißt
vermutlich Dustin McCormick und ist zweiunddreißig Jahre alt. Er ist an der
Christian-Albrechts-Universität in Kiel eingeschrieben, genau genommen an der
Technischen Fakultät.«
    »Sind die
Ermittlungen vor Ort abgeschlossen?«
    »Ja«, bestätigte
Vollmers. »Ich lasse Ihnen den Bericht zukommen, sobald er vorliegt. Das Opfer
ist zur Rechtsmedizin überführt. Wie wollen Sie vorgehen? Und wollen Sie sich
überhaupt einschalten?«
    »Ich muss darüber
nachdenken«, wich Lüder aus.
    Dann wählte er die
Nummer des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum
Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und ließ sich mit dem Oberarzt verbinden.
    »Moin, Herr Dr.
Diether«, begrüßte Lüder den Privatdozenten.
    »Ach, Sie«,
knurrte der Pathologe in den Hörer. »Lassen Sie mich raten?«
    »Lieber nicht. Das
würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Die Wasserleiche
aus Rendsburg?«
    »Genau. Liegen
schon erste Ergebnisse vor?«
    Dr. Diether lachte
auf. »Haben Sie schon einmal an einem Sonntag Ihre Brötchen im Ofen
aufgebacken?«
    »Das ist schon
vorgekommen.«
    »Als die
Aufbackzeit vorbei war, haben Sie noch an der Ofenklappe ins Brötchen
gebissen.«
    »Sicher nicht. Die
müssen zunächst ein wenig abkühlen.«
    »Sehen Sie«,
erwiderte der Arzt, »genauso machen wir es mit den frisch angelieferten
Leichen. Aber woher wollen Sie das als Nichtakademiker wissen.« Es sollte wie
ein Trost klingen, obwohl der Spott unüberhörbar war.
    »Ich habe Jurisprudenz
studiert«, warf Lüder ein.
    »Eben. Sagte ich
doch.« Dr. Diether lachte herzhaft. »Ich melde mich, wenn ich den Dosenöffner
in Betrieb nehme. Wollen Sie dabei sein? Und wenn ja, wie möchten Sie Ihren
Kaffee? Mit Milch? Zucker?«
    »Das ist das Schöne
an Ihrem Beruf. Sie könnten ohne Übergang einen Job auf dem Schlachthof
antreten.«
    »Das ist ein
Vorteil. Da ich mich sechzehn Semester mit Anatomie beschäftigt habe, bin ich
Ihnen zudem beim Verzehr eines Grillhähnchens haushoch überlegen.«
    »Ihre größte Tat
war es, sich
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