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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter
Autoren: Hannes Nygaard
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hinterherräumen?«, erschallte von der Tür eine sonore Männerstimme.
    Lüder Lüders stand
im Türrahmen und sah auf die Familie, zumindest auf den anwesenden Teil. Jonas,
sein Sohn aus erster Ehe, Sinje, die gemeinsame Tochter, und Margit, die er als
»seine Frau« bezeichnete, obwohl sie noch keine Zeit zum Heiraten gefunden
hatten.
    »Wenn die
Schicksen nicht da sein, ich mein … es sie nicht geben würde, wär das alles
viel besser«, erklärte Jonas.
    »Nimm dir Zeit
beim Sprechen«, mahnte sein Vater. »Dein Deutsch ist katastrophal.«
    »Brauch ich
nicht«, sagte Jonas keck. »Ich mach sowieso was mit Computern.«
    »Du und dein
iPhone«, lästerte Sinje und sah ihren Vater an. »Ich will auch eins.«
    »Sieh zu, dass du fertig
wirst, damit Papi dich in die Kita mitnehmen kann«, mischte sich Margit ein.
    »Das regnet«,
erklärte Jonas. »Wir haben in der Schule über die Gleichberechtigung von Mann
und Frau gesprochen. Da will ich auch gefahren werden.«
    »Nimmst du mich
auch mit?«, meldete sich hinter Lüders Rücken Viveka.
    »Ich muss jetzt
los. Wer nicht fertig ist, muss per Anhalter fahren«, sagte Lüder und sah sich
um. »Wo ist Thorolf?«
    »Keine Ahnung.«
Viveka zuckte mit den Schultern und bekundete damit das Desinteresse an ihrem
Bruder, den Margit ebenso wie sie mit in die Patchworkfamilie eingebracht
hatte.
    Plötzlich entstand
in der kleinen Küche Gedränge, als die Kinder hinauseilten.
    »Wer wischt das
auf?«, rief Margit hinterher und sah resigniert auf die Flecken auf Tisch und Fußboden.
    »Frauenarbeit«,
ertönte irgendwo aus den Tiefen des Hauses Jonas' Stimme.
    »Keine zwanzig
Jahre mehr, dann sind die Kinder aus dem Haus«, tröstete Lüder Margit und nahm
sie in den Arm.
    »Das halte ich bis
dahin nicht aus«, klagte sie gespielt theatralisch und schmiegte sich an ihn.
Dann sah sie zu ihm auf, fuhr mit der gespreizten Hand durch seinen blonden
Wuschelkopf und fragte: »Was hast du heute vor?«
    »Nichts,
Büroarbeit. Wie immer.«
    Ein Seufzer der
Erleichterung kam über ihre Lippen, bevor ihr Blick auf die Wanduhr fiel.
»Beeil dich, damit die Rasselbande pünktlich zur Kita und in die Schule kommt.«
Sie gab ihm zum Abschied einen Kuss. »Soll ich den Dachdecker bestellen? Das
Loch«, rief sie ihm hinterher.
    »Warte damit
noch«, erwiderte er vom Hauseingang. »Es wird eng diesen Monat. Wir haben
wieder viele Kosten gehabt.«
    Auf dem
Beifahrersitz des BMW hatte sich Viveka
niedergelassen, Sinje war in den Kindersitz gekrabbelt, während Jonas am Steuer
Platz genommen hatte.
    »Wann darf ich mal
fahren?«
    »Wenn du den
Führerschein gemacht hast«, erwiderte Lüder und zog seinen Sohn aus dem
Fahrzeug.
    »Sonst kommt die
Polizei«, meldete sich Sinje zu Wort.
    »Die richtige«,
lästerte Jonas. »Nicht so eine Schreibtischpolizei wie Lüder.« Dann schien ihm
etwas einzufallen. »Darf ich deine Knarre mal mit zur Schule nehmen? Ich mein,
so ohne Munition und so. Das wäre richtig geil.«
    Lüder antwortete
nicht darauf. Zu oft hatte er Jonas schon erklärt, dass eine Diskussion über
diesen Wunsch überflüssig war.
    Er reihte sich in den
morgendlichen Stau ein, der bei regnerischem Wetter in allen Städten dieser
Welt noch stärker als gewöhnlich ausfiel, lieferte Sinje in der Kita und die
beiden Älteren vor der Schule ab. Wenig später fuhr er auf das Gelände Eichhof
im Westen der Landeshauptstadt, auf dem zahlreiche Polizeidienststellen
untergebracht waren. Sein Ziel war das Landeskriminalamt. Dort tat Kriminalrat
Dr. Lüder Lüders in der Abteilung 3, dem polizeilichen Staatsschutz, Dienst.
    Er suchte das
Geschäftszimmer auf, das gleichzeitig auch Vorzimmer des Abteilungsleiters,
Kriminaldirektor Dr. Starke, war, und wechselte ein paar Worte mit der
Sekretärin Edith Beyer, besorgte sich einen Becher Kaffee und zog sich in sein
Büro zurück. Er gönnte sich einen Blick in die Morgenzeitungen, bevor er sich
mit spitzen Fingern einen der Aktendeckel zur Hand nahm und mit dem Studium
begann.
    Nach zwei Stunden
Schreibtischarbeit wurde Lüder durch das Klingeln seines Telefons unterbrochen.
    »Vollmers«,
meldete sich der bärtige Hauptkommissar der Bezirkskriminalinspektion Kiel.
Dort war er Leiter des ersten Kommissariats, des K1, das unter anderem für
Straftaten gegen Leib und Leben zuständig war. Der Volksmund nannte diesen
Bereich schlicht »Mordkommission«.
    »Moin, Herr
Vollmers. Laufen die Geschäfte gut?«, fragte Lüder.
    »Im Unterschied
zur Wirtschaft
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