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Schwein Oder Nichtschwein

Schwein Oder Nichtschwein

Titel: Schwein Oder Nichtschwein
Autoren: P.G. Wodehouse
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Überzeugung vertraten, daß London weitaus hübscher wäre, würde man es in einem fröhlichen Rot anmalen, und die sich schon in jungem Alter der Aufgabe verschrieben hatte, der Stadt diese lebhafte Farbe zu geben. Seiner Schwester Constance, seiner Schwester Julia, seiner Schwester Dora und all seinen anderen Schwestern ein steter Dorn im Auge, wurde er doch in weniger strengen Kreisen universell geschätzt, denn sein Herz war aus Gold und seine Seele foß über vor mitmenschlicher Freundlichkeit.
      Während er dastand und die Kaiserin betrachtete, veranlaßte ihn eine Art würgendes Stöhnen an seiner Seite, seinen aufmerksamen Blick dem älteren Bruder zuzuwenden, und er stellte besorgt fest, daß sich auf dem geliebten Antlitz ein verzerrter Ausdruck befand, so als hätte das Familienoberhaupt soeben etwas Saures heruntergeschluckt.
      »Aber Clarence!« sagte er. »Das alte Herz scheint ein wenig bedrückt zu sein. Was ist los? Du grübelst doch nicht über diesen Vorfall im Emsworth Arms nach?«
      »Wie? Was? Vorfall? Was für ein Vorfall?«
      »Ist es noch gar nicht bei dir angekommen? Ich weiß es von Beach, und der hat es vom Küchenmädchen, die es vom Chauffeur gehört hat. Es scheint, daß Parsloes Butler – Binstead ist sein Name, glaube ich – gestern abend in der Schankstube des Emsworth Arms groß geprahlt und Fünf-zu-Eins-Wetten auf Parsloes Schwein angeboten hat.«
      Lord Emsworth starrte ungläubig vor sich hin.
      »Auf den Stolz von Matchingham? Der Mann ist geisteskrank! Wie kann der Stolz von Matchingham eine Chance gegen die Kaiserin haben?«
      »Meine Meinung. Es hat mich auch gewundert. Die einfachste Erklärung, denke ich, ist die, daß dieser Binstead seinen Rüssel zu tief ins Bierglas gesteckt und aufgeschnitten hat. Aber wenn es nicht das ist, was dich bekümmert, was ist es dann? Warum siehst du aus wie ein verwaister Bandwurm?«
      Lord Emsworth war nur zu geneigt, einem mitfühlenden Ohr zu erläutern, was diese Ähnlichkeit hervorgerufen hatte.
      »Das Mädchen, diese Simmons, hat mich aufgeregt, Galahad. Du wirst es mir kaum glauben, aber sie hat die Kaiserin ein Marzipanschweinchen genannt!«
      »Kaum zu glauben!«
      »Ich versichere es dir. ›Hallo, Lord Emsworth‹, hat sie gesagt, ›Sind Sie gekommen, um nach dem Marzipanschweinchen zu sehen?‹«
      Gally runzelte die Stirn.
      »Das ist schlimm«, stimmte er zu. »Falsche Einstellung. Wenn es stimmt, zeigt es, daß das Mädchen viel zu frivole Ansichten hat, um diese verantwortungsvolle Position auszufüllen. Ich möchte erwähnen, daß Beach ebenfalls diese Ansicht vertritt. Er hat einen ansehnlichen Teil seiner Ersparnisse auf den Sieg der Kaiserin bei der kommenden Landwirtschaftsschau gewettet, und er macht sich Sorgen. Er fragt sich bekümmert, ob die Simmons ihrer heiligen Aufgabe gewachsen ist. Und ich – ich mache ihm daraus keinen Vorwurf. Denn hör mir zu, Clarence, und hör auf mich: ein Mädchen, das heute die Kaiserin leichtfertig als Marzipanschweinchen abtut, kann morgen vergessen, der Kaiserin ihr Mittagessen zu geben. Was im Himmel hat dich dazu bewogen, mein lieber Clarence, eine Aufgabe, die die Führungsqualitäten eines Pierpont Morgans erfordert, der glotzäugigen Tochter eines Landpfarrers anzuvertrauen?«
      Lord Emsworth rang nicht gerade die Hände, aber er kam dem sehr nahe.
      »Das war nicht mein Werk«, protestierte er. »Connie hat darauf bestanden, daß ich sie einstelle. Sie ist eine Art Schützling von Connie, verwandt mit irgend jemandem, dem sie einen Gefallen tun wollte oder so etwas in der Art. Connie hat an der ganzen scheußlichen Situation schuld.«
      »Connie!« sagte Gally. »Je mehr ich von dieser Bude hier sehe, um so deutlicher erkenne ich, daß Blandings Castle nur eines braucht, um zu einem Paradies auf Erden zu werden, und das sind weniger Connies und bessere Connies. Schwestern sind ein Fehler, Clarence. Du hättest dich von Anfang an dagegen verwahren sollen.«
      »Das stimmt«, sagte Lord Emsworth. »Das ist wahr.«
      Stille trat ein, jedenfalls soweit in der Nähe eines Troges, an dem die Kaiserin von Blandings gerade Nahrung aufnahm, jemals Stille eintreten konnte. Diese Stille wurde unterbrochen durch Lord Emsworth, der sich umsah mit einem Gesichtsausdruck, als vermisse er etwas.
      »Wo«, fragte er, »ist Alice?«
      »Wie bitte?«
      »Oder vielmehr Penelope. Penelope Donaldson. Ich habe geglaubt, ihr macht
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