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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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Blick über den dichten Wald
schweifen. Von der Straße aus war die Ruine nicht zu sehen, auch Madame
Montegos Hütte nicht. Berenike sehnte sich plötzlich nach der Ruhe dort oben,
nach zeitlosem Sein. Und nach Madame Montegos hilfreichen Worten. Ein schneller
Blick – das musste für heute genügen. Sie sah sich nochmals um, jemand in
dunkler Kleidung, ein Schatten nur, machte sich im Unterholz zu schaffen.
Vielleicht ein Schwammerlsucher. Berenike fuhr zügig weiter. Immer hatte sie es
in letzter Zeit eilig, zu viel war ständig zu erledigen. Die Renovierung des
Lokals, das sie veraltet übernommen hatte. Tausend Genehmigungen, Begehungen,
weiß der Teufel. Sie hatte sich mit dem Teegroßhandel vertraut machen müssen.
Bei Seminaren in der Hamburger Speicherstadt hatte sie viel über die
Anbaugebiete von Tee, seine Geschmacksrichtungen und die Lagerung gelernt. Der
laufende Betrieb war auch nicht ohne. Dazu ihr Angebot im Literatursalon, sie
musste auf dem neuesten Stand bleiben. Und erst die Buchhaltung …
    Ein paar Kurven weiter fiel ihr ein, dass erst Mai war. Und
im Mai gab es keine Pilze. Sie sah wohl schon Gespenster. Vielleicht war es nur
Madame Montego gewesen, die eine Heilpflanze ausgrub. Dennoch fröstelte
Berenike plötzlich, die Sonne verschwand gerade hinter dichteren Wolken.
    Erleichterung, als sie auf die Hauptstraße kam. Vor ihr
radelte der Lehrer Rastl. Die Schulglocke läutete. Lachen und Schreien erfüllte
die Luft. Hinten beim Sandling schob sich eine Wolkenwand zusammen. Wie viel
Schnee am Loser oben lag!
    Berenike parkte das Motorrad hinter ihrem Salon. Das
lindgrüne Transparent mit der Aufschrift ›Salon für Tee und Literatur‹ wehte im
Wind. Es war knapp vor 10 Uhr, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte –
und sich nichts tat. Sie bückte sich und warf einen Blick durchs Schlüsselloch.
Dunkel, verstopft mit irgendwas. Seufzend sah sie sich nach einem passenden
Werkzeug um.
    »Griaß di, Berenike!«
    »Guten Morgen.« Die Frau Winkler vom Kurhaus.
    »Ärger?«
    »Nur das Schlüsselloch … verklebt.«
    »Den Kindern is’ halt fad vor den Ferien.«
    Berenike suchte den Boden nach einem kleinen Ast ab, den sie
als Werkzeug benutzen konnte. Sie stocherte hektisch in dem Schlüsselloch
herum. Ein Kaugummi sicher. Das Aststück brach ab. Mist. Wieder suchte sie,
fand nur einen ganz dünnen Zweig. Nach endlosen Minuten war das Schloss so weit
frei und ließ sich aufsperren.
    Sie betrat das leere Lokal. Jetzt einfach tun, als ob nichts
geschehen wäre! Tief sog sie den Duft der kürzlich gelieferten sommerlichen
Tees ein, blumig und frisch. Sie vermied den Blick auf das, was sie für den
Tatort hielt – es mochte auch nur der Fundort der Leiche sein. In ihrem
kleinen Büro neben der Küche legte sie Rucksack und Helm ab. Dort herrschte das
übliche Chaos, schon seit der Eröffnung ging das so. Rasch zog sie sich um. Sie
wählte einen indischen Sari, cremefarben mit schwarzer Borte. Mittlerweile
wusste sie sogar, wie man das bis zu neun Meter lange, ungenähte Tuch kunstvoll
um den Körper wickelte. Berenike besaß diverse Kleidungsstücke aus den Ländern
des Teeanbaus, neben den Kimonos, Saris und Shalwar Kameez auch afrikanische
Kleidungsstücke in grellen Farbkombinationen. Immer noch gab es Menschen, die
sie mit ihrem Wissen über den Teeanbau in Afrika erstaunen konnte.
    Beim Hinausgehen summte sie ein Mantra, um sich abzulenken.
Das half doch immer. Ragnhild würde hoffentlich pünktlich kommen. Den üblichen
Betrieb konnte sie mit einer Mitarbeiterin locker schaukeln. In Kürze stand ein
Seminar zum Thema Reinkarnationstherapie auf dem Programm, da würde mehr los
sein. Selbst auf dem Land strebten die Menschen mittlerweile nach neuem Wissen,
sehr oft kamen die Besucher jedoch von außerhalb. Berenike hätte gern Madame
Montego als Vortragende verpflichtet, doch die alte Frau hatte abgelehnt. Sie
sei über das Alter hinaus, sich mit Unwissenden abzurackern. Schade.
    Berenike kontrollierte den Inhalt der großen Teebehälter in
den Wandregalen. Die ersten Gäste würden bald eintrudeln. Hopefully, nach dem
gestrigen Abend. Der Blick zum Literatursalon ließ sich nicht mehr vermeiden,
betreten durfte sie ihn wegen des polizeilichen Siegels nicht. Zumindest war
ihr Lokal nicht komplett geschlossen worden! Das hatte sie zunächst befürchtet,
aber Inspektor Kain hatte sie beruhigt. Solange kein konkreter Verdacht gegen
sie
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