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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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und Geist. Durch das
Wasserpritscheln vernahm sie das Läuten des Telefons. Wahrscheinlich die
Polizei. Seis drum, sie hatte aus gutem Grund einen Anrufbeantworter. Noch im
Bademantel bereitete sie schwarzen Tee zu, eine Mischung mit dem passenden
Namen ›Old English Breakfast‹. Dazu Brot, Butter und hausgemachte Marillenmarmelade
von einer Bäuerin in der Nähe. Sie hatte ihre fixen Rituale. Duschen,
Teetrinken, Meditation für den Erfolg des Tages. Tee, Cha, č aj – wer hätte früher
gedacht, dass sie sich zur Teeliebhaberin entwickeln würde! Ohne literweise
Kaffee hatte sie den Tag nicht zu überstehen geglaubt. Hatte jeden müde
belächelt, der Dinge von sich gab wie ›Wenn du es eilig hast, gehe langsam‹. Wie
sich die Zeiten ändern. Teetrinken war zur Philosophie ihres Lebens geworden.
Tee trinken und den Lärm der Welt vergessen.
    Während sie wartete, dass das Wasser kochte, drückte sie die
Abspieltaste des Anrufbeantworters. »Hallo Berenike«, krächzte die Stimme ihrer
Mutter, der Anruf war von gestern. Sie musste später zurückrufen. Danach ein
Krachen und Klicken, gefolgt von einem Stöhnen. Aufgelegt. Ging das von vorne
los? Sie musste diesem Menschen endgültig den Wind aus den Segeln nehmen.
    Kater Marlowe beschattete einstweilen die Butter. Berenike
setzte sich und bot ihm ein Stück davon an. Huldvoll schleckte eine raue rosa
Zunge das Fett von ihrem Finger.
    »Na, Marlowe? Was machen wir mit diesem Fall?« Der Kater
enthielt sich der Aussage.
    Nach dem Frühstück war es Zeit, ins Lokal zu fahren. Sie
legte Wert darauf, pünktlich aufzusperren, die Gäste sollten sich trotz allem
auf sie verlassen können. Auf dem Holzbalkon stellte sie sich für einen Moment
breitbeinig hin, ließ ihren Atem fließen. Auch und gerade an einem Morgen wie
diesem. Die klare Luft war gut, aber kühl. Die Sonne schien, als könnte ihr nie
ein Regenschauer dazwischenkommen. In Gedanken versunken sah Berenike zu König
Dachstein. Schneefinger bis weit ins Tal. Obwohl bereits Mai war, hatte es
kürzlich einen Kälteeinbruch gegeben. Das alpine Klima zeigte sich im
Salzkammergut gern launenhaft, das hatte sie lernen müssen. Nach kurzem
Überlegen entschied sich Berenike für ihre Hose mit den gelben Sonnenblumen.
Sie wickelte sich ihren roten Baumwollschal um den Hals, bevor sie in die
Lederjacke schlüpfte. Gelb fördert die Konzentration, Rot die
Kreativität – beides würde ihr bei den Recherchen zu den Ereignissen von
letzter Nacht helfen. Sie hatte nicht vor, stumm alles hinzunehmen, diesen
Fehler würde sie kein zweites Mal machen. Der Polizei war nicht zu trauen,
nicht mehr.
    Sie schnappte Geldbörse und Handy. Ein Anruf in Abwesenheit,
sie tippte auf die Tasten. Nummer unbekannt. Ein Schauer wanderte ihr Rückgrat
hinauf, kräuselte ihren Scheitel.
    Müde und aufgeregt zugleich verließ Berenike die Wohnung im
ersten Stock des alten Hauses und tappte die Holzstiege hinunter. Sie fuhr sich
mit den Fingern durch die Haare. Für Styling war wie so oft keine Zeit
geblieben. Die Hausbesitzerin kam aus ihrer Küche geschossen. Ein Geruch nach
kochender, womöglich überkochender Milch waberte um sie herum. Über ihrem alten
Dirndl trug Frau Gasperl eine blaue Arbeitsschürze. Berenike hatte mehrmals
ihren Blick erhascht, wie sie ihre Mieterin kritisch beäugte. Die ältere Frau
hatte wohl noch nie mit Feng-Shui und dergleichen zu tun gehabt.
    ›Bisher war mit dem Haus immer alles in bester Ordnung‹,
hatte Frau Gasperl angemerkt, als ein asiatischer Fachmann Berenikes neue
Wohnung inspiziert hatte. Es war schwer genug gewesen, einen Spezialisten wie
ihn ausfindig zu machen, da wollte sie sich ihre Pläne nicht durch Frau Gasperl
zunichtemachen lassen. Später hatte sie mit der älteren Dame um eine
Buddhastatue gerungen, die Berenike in einer Nische der Treppe aufgestellt
hatte. Schließlich sei das hier ein katholisches Haus, hatte die Vermieterin
betont. Sie hatten sich auf einen Kompromiss geeinigt: Die Statue kam neben
Berenikes Wohnungstür, wo niemand außer ihr und ihren Gästen sie sehen konnte.
    »Frau Roither!« Die ältere Frau war beim Sie geblieben,
obwohl das in dieser Gegend kaum üblich war. Nur Fremden gegenüber,
Sommergästen, deren Aufenthalt nur von kurzer Dauer war, verwendete man die
unpersönliche Anrede. Die Einheimischen duzten sich traditionell. Die
Vermieterin hatte offenbar noch nicht entschieden, zu welcher Rubrik
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