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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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mischte sich nicht
unters Publikum, aber das war normal. Überall engagierte Gesichter,
Diskussionen. Nur mit dem Verbenentee stimmte irgendetwas nicht. Das Getränk
schmeckte niemandem mehr, obwohl seine entspannende Wirkung sonst beliebt war.
Berenike schüttete den Inhalt der Kanne ins Klo. Verdrängte ihr Unwohlsein.
Wischte sich den Schweiß von der Stirn und bediente weiter im Freien.
    Als alle versorgt waren, ging sie hinein, um zu lüften. Ein
einziger Mann war sitzen geblieben. Vor ihm lag ein Löffel auf dem Boden.
Berenike öffnete ein Fenster, Gelächter drang herein.
    »Draußen gibt es …« ›Erfrischungsgetränke‹, wollte sie
sagen. Etwas ließ sie innehalten. Der eigenartige Geruch vielleicht. Sie
räusperte sich. Der Mann bewegte sich nicht. Plötzlich war ihr kalt unter dem
Kimono. Murphys Law, dachte sie wieder, während ihr das graue Sakko des Mannes
auffiel, es wirkte zu warm für den Abend. Etwas setzte sich wie ein böser Geist
auf ihre Brust. Sie blickte ins Gesicht des Herrn, das so grau wie sein Anzug
wirkte. Als ihr aufging, wovon sie hier Zeugin wurde, kreischte sie auf und
hielt sich gleich darauf erschrocken den Mund zu.
    »Der Rabenstein!«, hörte sie jemanden hinter sich stammeln.
Dem Mann musste schlecht geworden sein. Ein Herzinfarkt, aber dafür sah er zu
jung aus. Sie musste die Rettung anrufen, schnell!
    Immer mehr Menschen strömten zurück in den Salon. Berenike
wollte sie aufhalten. Rannte gegen die Menge an. Sinnlos. »Rabenstein? Was für
ein Rabenstein?«
    Sessel wurden umgeworfen. »Rabenstein, meinen Sie den
Journalisten? Der sich für das Haus vom Huber Gerd interessiert hat?«
    »Ja ja, Rabenstein heißt er. Sonst weiß man wenig über ihn.«
    Alle glotzten, drängten andere weg, um selbst etwas zu sehen.
    »Der ist doch zu jung, um …«
    »Ja, aber bei dem Lebenswandel!«
    Keine Frage, der Mittvierziger war tot. Womöglich hatte er
noch gelebt, als Berenike ihn entdeckt hatte. Sie kämpfte sich zu dem Mann
durch, tippte ihm auf die Schulter. Nichts. Sein Gesicht glänzte vom Schweiß.
In seinem Mundwinkel glitzerte Speichel. Die dunkle Aura konnte wohl nur sie
spüren. Und seine Hände, sie sahen irgendwie seltsam aus. Niemand schien
Berenike zu beachten, als sie hinausrannte. Der Kimonostoff schleifte hinter
ihr her. Wurde schmutzig. Aber das war jetzt egal.

     
    Polizei, herumrennende Gäste. Kopflos wie
aufgescheuchte Hühner. Teeschalen wurden hektisch abgestellt. Scherbenklirren,
aber niemand achtete darauf. Dazu die Wiederbelebungsversuche des Arztes, den
irgendwer aus dem nahen Kurhaus geholt haben musste. Der ältere Doktor
flüsterte: »Jössas, der Rabenstein!« Murmelte etwas von Journalisten, die nicht
aufpassten.
    »Unangenehme Person«, mischte sich ein Gast ein.
    »Fragt zu viel«, stimmte ein anderer zu.
    Jetzt ging das Gezischel wieder los. »Seine Aufdeckungen,
musste das sein, nach so langer Zeit? … Alles zieht er in den Dreck,
nichts ist ihm heilig. … Und jetzt ist er tot, der Rabenstein.«
    Berenike vernahm ein Lachen, wie unpassend. »Selbst schuld,
so unbeliebt, wie der sich gemacht hat!«
    Mit so einem schlechten Qi wollte Berenike nicht in Berührung
kommen. Die vielen Menschen mit ihrer Ausstrahlung verwirrten sie zutiefst. Wo
war überhaupt Ragnhild?
    Die Polizisten schienen ihre Arbeit beendet zu haben. Der
Arzt stand bei den Uniformierten. Einer zündete sich eine Zigarette an.
›Nicht!‹, wollte Berenike rufen. Aber dann fiel ihr Blick auf den Toten. Den
Toten, dessen Finger so unnatürlich aussahen, wie ausgerenkt.
    »Ist es Mord?« Die Worte verhakten sich in Berenikes Mund,
kamen endlich doch heraus.
    »Mord? Das wird sich …«
    »Aber die Finger!«
    »Was?«
    »Die Finger des Toten. Sie sehen seltsam aus.«
    »Ja?« Der Arzt, selbst grau im Gesicht, wechselte einen Blick
mit den Polizisten, musterte Berenike. Man hielt sie für verrückt, sie kannte
das. Der Doktor trat näher an den Toten heran. »Sie haben recht. Gequetscht,
würde ich sagen, einige Knochen gebrochen. Ist mir noch nicht«, Blick aufs
Handgelenk, »noch nicht untergekommen, nein. Man muss ihn obduzieren lassen.«
Einen Moment war nur Seufzen im Raum zu hören. Bevor es richtig losging. Aus
welcher Tasse der Tote getrunken hatte, wurde gefragt. Es ließ sich nicht
rekonstruieren, ob sie zerbrochen war. Die Beamten von der Tatortgruppe nahmen
alles mit, was in Rabensteins Nähe stand. Blitzlicht, das war
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