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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
Autoren: Steve Mosby
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Apparat.«
    »Ah, gut. Marsha Dixon. Ich bin die Agentin Ihres Vaters.«
    Ich brauchte einen Moment, bis der Groschen fiel, doch dann dachte ich: Ach so, klar.
    Ich war Marsha ein paarmal begegnet und sah sie jetzt vor mir. Eine Frau um die fünfzig bis sechzig, mit grauem Haar, das sie wie ein Schulmädchen zu Zöpfen geflochten hatte. Sehr bohème. Als Kind hatte mein Vater mir erklärt, im Verlagswesen seien eine Menge Leute flamboyant, und eine Zeitlang stellte ich mir darunter ein exotisches Geschöpf vor, entfernt verwandt mit Flamingos. Als wir uns das letzte Mal begegnet waren, hatte mir Marsha Luftküsschen auf beide Wangen gegeben und stark nach Parfüm und Wein gerochen. Sämtliche Manuskripte in Buchlänge, die ich fertig geschrieben hatte, waren – anonym – über ihren Schreibtisch gewandert und zu mir zurückgekehrt. Eins hatte ich mir sogar unter die Nase gehalten, um festzustellen, ob es nach Parfüm roch. Nichts.
    »Hi, Marsha. Was kann ich für Sie tun?« Sie schwieg, und als sie weitersprach, klang sie beunruhigt.
    »Es geht um Ihren Vater, Neil. Ich fürchte, er ist verschwunden.«

2
    D ad lebte noch im selben Haus, in dem ich aufgewachsen war.
    Wir hatten ein Viertel einer alten, in Wohnungen umgebauten herrschaftlichen Jahrhundertwende-Villa im gotischen Stil bewohnt, die zurückgesetzt lag und über eine gewundene, weiß asphaltierte Einfahrt zu erreichen war. Genauer gesagt war es eine Wohnung, die sich, abgesehen von der nach oben führenden Treppe auf ein Geschoss beschränkte, doch das Bauwerk als Ganzes war riesig und imposant: rußschwarz und aus Klinkern, die mir in meiner Kindheit größer als ich selbst vorgekommen waren. Von außen sah das Haus prächtig und beneidenswert aus, doch der Schein trog. Bei meinen Besuchen als Erwachsener hatte ich zweierlei erkannt.
    Zum einen, wie baufällig mein Zuhause in Wahrheit gewesen war. Es hatte etwas Abgewetztes, Fadenscheiniges; wäre es eine Jacke gewesen, hätte es nach Mottenkugeln gerochen und Ellbogenflicken gehabt. Die Wände hatten innen feuchte Flecken, und die alten Teppichböden rollten sich an den schmutzigen Fußleisten auf, da sie nicht mehr festgenagelt waren. Irgendwie erinnerte es mich an mein eigenes Domizil – und das wiederum machte mir deutlich, wie sehr mein Vater in der Ehe meiner Eltern das Sagen gehabt hatte. Dies war das Haus, in dem er, ein dann und wann erfolgreicher Schriftsteller, unabhängig von der Anwesenheit meiner Mutter immer gelebt hätte. Statt mit ihm zusammen ein neues Leben anzufangen, hatte sie sich offenbar damit zufriedengegeben, eine Reisegefährtin in seinem zu sein.
    Die zweite Erkenntnis hob die erste auf. Nach dem Tod meiner Mutter wurde mir schlagartig bewusst, wie unglaublich leer sich das Haus ohne sie anfühlte und wie verloren mein Vater ohne sie schien. Doch ich glaubte, ihn zu verstehen. Mein Vater konnte gar nicht anders als schreiben, und Schriftsteller brauchen Leser. Es ist eine Partnerschaft, und auch wenn sie auf den ersten Blick ungleich erscheint, ist sie in Wahrheit genau das. Nur weil eine Person sich damit zufriedengibt zuzuhören, heißt das nicht, dass die andere – der Sprecher – nicht auf sie angewiesen wäre, um dem Ganzen einen Sinn zu geben. Liebe kann genauso sein.
    Doch ich hatte mir nie Sorgen um ihn gemacht. Zwar war er im Lauf des letzten Jahres vor meinen Augen gealtert, als hätte die Gegenwart meiner Mutter einen älteren Mann auf Abstand gehalten, der jetzt freien Zugang hatte. Mit jeder Woche, die verging, war er mir kleiner und zerbrechlicher erschienen als zuvor. Doch als die Tränen versiegt waren und er sich darangemacht hatte, sich nach seinem Verlust in seinem Leben neu einzurichten, tat mein Vater, was ich von ihm erwartet hatte, was er schon immer getan hatte. Er fing zu schreiben an.
    Also hatte ich mir nie Sorgen um ihn gemacht.
    Und auch jetzt gab es keinen Grund, sich zu sorgen. Marsha war einfach nur melodramatisch. Das sagte ich mir trotz leise rumorender Zweifel, während ich, den Hörer am Ohr, auf dem Bettrand saß. Mein Vater hätte sich wegen eines neuen Vertrags nicht zurückgemeldet, sagte sie, und er ginge nicht ans Telefon und riefe nicht zurück, und das sähe ihm so gar nicht ähnlich. Was nicht stimmte. Nach allem, was sie sagte, war das einfach typisch Dad.
    »Ich bin sicher, ihm fehlt nichts, Marsha. Sie wissen doch, wie er ist.«
    »Ja, bestimmt. Es ist nur, nachdem Ihre Mutter letztes Jahr verstorben ist … das tut
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