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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod
Autoren: Harry Thürk
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passieren, ohne daß es einer an Land merkt. Ich machte sie vorsichtig darauf aufmerksam, und sie bestätigte mir sogleich, daß es die LAUREEN gab, den nach ihr benannten Kabinenkreuzer, mit dem sie häufig auf Kreuzfahrten zwischen den Inseln unterwegs gewesen waren. »Aber sie liegt im Jachthafen. Seit Wochen hat sie niemand mehr benutzt.«
    Als ich nach Hobbys fragte, gewohnheitsgemäß, erfuhr ich, daß er gelegentlich fotografierte, manchmal gelangen ihm Bilder so gut, daß er sie als Cover für eine seiner Plattenhüllen verwendete. Nur, nach Lösegeld hatte sich eben niemand erkundigt, daher kam mir die Sache so eigenartig vor. Das hatte, wie mir Laureen erzählte, auch das Polizeidepartment gemeint, das den Fall offiziell bearbeitete. Ohne jeden Erfolg, bisher. Ich notierte mir den Namen des betreffenden Beamten, und Laureen teilte mir mit, bei ihm handle es sich um einen fähigen Mann. Einheimische Mutter, japanischer Vater. Tamasaki.
    Â»Wer führt jetzt die Firma, du?«
    Sie verneinte. »Ich behalte nur die Finanzen unter Kontrolle. Die Programmplanung entwirft Mister Keolo, unser ältester Mitarbeiter, mit mir gemeinsam. Er beaufsichtigt auch die Aufnahmen, wählt die Ensembles aus, macht die Verträge mit den Stars. Als technischen Mitarbeiter hat er dabei Frank Osborn, einen jungen Mann, der aus Kauai kam. Für mich ist Frank so was wie der Prokurist der Firma, ohne Prokura. Ein hervorragender Rechner. Vor seinem Verschwinden hat ihm Wes manchmal über die Schulter geschaut und ihn heimlich bewundert ...«
    Ihr Blick verlor sich draußen auf dem Meer, wo ein gebräunter junger Mann auf einem dieser Bretter durch die Brandung kutschierte, hin zum Strand, wo ein Mädchen ihm zuwinkte, fünfzig Kilo Grazie in großgeblümtem Kattun, der gerade für zwei Taschentücher gereicht hätte.
    Â»Jugend, mein vergangener Traum ...«, zitierte ich Tu Fu. Sie machte mir kein Kompliment über meine Kenntnisse in der altchinesischen Lyrik, sondern bemerkte versonnen: »Ich sehe es gern, wenn sie die Brandung überlisten. Manche Leute sagen, sie erinnern an die alten hawaiischen Götter ...«
    Ich fand, es war an der Zeit, noch ein paar Fragen zu stellen. Über die Konkurrenz von Aloha Records machte Laureen nur die vage Andeutung, es gäbe da noch Southern Islands , eine Unternehmung, die ein Japaner führte, Mister Imai. Sie vollführte eine ebenso unbestimmte wie elegante Handbewegung: »Hat sein Studio drüben in Kaimuki, in der Pahoa Avenue.«
    Â»War er auch auf dem Empfang?«
    Sie nickte. Sonst sagte sie nichts über die Konkurrenzfirma, und ich nahm mir vor, die Unternehmung in Augenschein zu nehmen.
    Wir unterhielten uns noch über eine Anzahl mehr oder minder guter Bekannter aus Laureens Hongkonger Zeit, und als schließlich das Laulau kam, war ich froh, denn mir fielen keine weiteren Fragen mehr ein.
    Geräucherten Lachs hatte ich schon gegessen, auch Schweinefleisch in vielen Variationen, aber beides zusammen, in Taroblätter gewickelt, die unter Mitwirkung von Hitze ihr Aroma voll entfalteten und es auf den Inhalt der Rolle übertrugen – sie zauberten da ein Gericht, das man so schnell nicht vergessen würde. Zusammen mit dem duftenden Inhalt der Batatenknollen ergab das eine Komposition, deren Rezept ich meiner Mutter verraten würde, die zu Hause in Wanchai immer noch das Hibiskus betrieb, eine Kreuzung zwischen gutbürgerlichem Mittagslokal und Touristenschenke, in der leichtsinnige Mädchen verkehren, ganz so, wie man das in der einstmals sündigsten Gegend Hongkongs eben öfter findet, auch wenn die Sünde sich inzwischen teurere Bezirke gesucht hat.
    Während ich mich dem Genuß des zarten Fisches hingab, hörte ich Laureen sagen: »Ich frage mich, was die gute Hana Teoro jetzt machen will. Ob sie zu Imais Company wechselt?«
    Sie überraschte mich mit der Auskunft: »Es war einer der Gründe, weshalb sich das gute Einvernehmen zwischen Wes und ihr etwas abkühlte. Imai wollte sie haben. Er machte ihr ein Angebot, über das sie Wes nie gesagt hat, wie hoch es war. Unsere Top-Sängerin ...«
    Â»Aber sie blieb bei Wes im Vertrag, oder?«
    Â»Sie ist es heute noch«, gab Laureen zurück. »Ihre neue Platte verkauft sich übrigens blendend.«
    Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert, obwohl sie sich Mühe gab, das zu verbergen.
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