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Schwarze Adler, weiße Adler

Schwarze Adler, weiße Adler

Titel: Schwarze Adler, weiße Adler
Autoren: Thomas Urban
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für seine trockenen Bonmots bekannt war, sagte nach dem Spiel nur: „Es ist nun mal so, dass derjenige gewinnt, der ein Tor mehr schießt.“ Zu dem Morastboden und der Frankfurter Feuerwehr wollte er sich unmittelbar nach dem Schlusspfiff nicht äußern.
    Górski und seine Elf waren bis dahin die große Überraschung der WM in Deutschland gewesen. Der wortkarge frühere Nationalspieler und Fußballlehrer aus dem ostpolnischen Lemberg hatte die seit Langem erfolglosen Weiß-Roten vier Jahre zuvor übernommen und konsequent das Spielsystem geändert. Er setzte auf einen zentralen Spielmacher, starke Flügel und nach vorn gehende Verteidiger. Junge, unverbrauchte Spieler setzten sein taktisches Konzept um. Gleichzeitig ließ er eine umfassende Datensammlung über die Nationalkader anderer Länder anlegen und ständig auswerten.
    Dazu gehörte die Elf von Bundestrainer Helmut Schön. Bei der Qualifikation zur Europameisterschaft 1972 trafen beide Mannschaften aufeinander. Im Hinspiel in Warschau ließen die deutschen Gäste den Platzherren am 10. Oktober 1971 keine Chance: Sie siegten sicher mit 3:1 durch zwei Tore von Gerd Müller und Jürgen Grabowski, den einige der Warschauer Zeitungen wegen seines Familiennamens als polnischstämmig bezeichneten. Die Presse machte den langen Torwart und Debütanten Jan Tomaszewski für die Niederlage verantwortlich. Dabei hatte es gut für die Polen angefangen: Der schnelle Linksaußen Robert Gadocha hatte den Führungstreffer erzielt.
    Górski lernte aus dieser Heimniederlage: Er verstärkte die Abwehr und verzichtete dabei auf Tomaszewski. Beim Rückspiel in Hamburg sechs Wochen später brachten die Weißen Adler ein torloses Unentschieden über die Zeit. Den Deutschen war allerdings zu dem Zeitpunkt die Qualifikation für die EM-Endrunde nicht mehr zu nehmen. Sie gewannen am 18. Juni 1972 das Endspiel im Brüsseler Heysel-Stadion sicher gegen die UdSSR mit 3:0.
    Knapp drei Monate später standen auch die Polen erstmals in einem Endspiel: Im Olympischen Fußballturnier besiegten sie in München Ungarn knapp mit 2:1 und holten die Goldmedaille. Die bundesdeutsche Öffentlichkeit hatte dem Spiel im neuen Olympiastadion kaum Beachtung geschenkt. Doch in Polen wurden die Sieger wie Helden gefeiert.
    Górski schaffte es, den inneren Zusammenhalt der Mannschaft noch weiter zu festigen, so dass deren Selbstbewusstsein immer mehr wuchs. In seiner Spielanlage setzte er auf Offensive – und er hatte das Personal dafür. Grzegorz Lato war Vollstrecker und Abstauber, Linksaußen Robert Gadocha war so schnell wie ein Sprinter, dribbelstark und zirkelte punktgenaue Flanken auf den kopfballstarken Andrzej Szarmach. Das Spiel dirigierte im Mittelfeld der südländisch aussehende

    Trainer Kazimierz Górski und die beiden besten Torschützen der WM:Grzegorz Lato (links, 7 Tore) und Andrzej Szarmach (5 Tore). Doch trotz ihrer Erfolge verwehrte ihnen die Partei zunächst den Wechsel zu Vereinen im Westen.
    Kazimierz Deyna, der schon beide Treffer im Olympiafinale gegen Ungarn erzielt hatte.
    Als Erste machten die Engländer mit dem neuen polnischen Selbstbewusstsein und Offensivgeist Bekanntschaft. Sie trafen auf die Polen bei der Qualifikation zur WM 1974. Beim Hinspiel im oberschlesischen Chorzów traten die Engländer erstmals in gelben Trikots an – „um zu zeigen, dass wir die englische Fußballschule mit der virtuosen Fußballkunst der Brasilianer verbunden haben“, verkündete Mannschaftskapitän Bobby Moore vollmundig vor dem Spiel der polnischen Presse. 2
    Gentlemen und Bauerntölpel
    Doch war davon in Chorzów nichts zu sehen, die Engländer verloren sang- und klanglos 0:2. Den ersten Treffer erzielte der Kattowitzer Jan Bana, der sieben Jahre zuvor fast der erste Pole in der Bundesliga geworden wäre – er trainierte bereits beim 1. FC Köln. Beim zweiten Tor war den Polen zugute gekommen, dass in Górskis Datei auch Bobby Moores Schwäche bei der Ballannahme verzeichnet war. So wies er seine Spieler an, Moore immer direkt anzugehen. Auf diese Weise spitzelte ihm der Stürmer Włodzimierz Lubaski den Ball vom Fuß und schoss das zweite polnische Tor zum Endstand von 2:0. Allerdings wurde Lubaski wenig später rüde gefoult, er zog sich einen Kreuzbandriss zu und fiel fast ein Jahr lang aus.
    In den weiteren Spielen lieferten
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