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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig
Autoren: Inge Löhnig
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Parteilichkeit entstehen und Unruhe ins Team tragen. Also musste einer von ihnen in eine andere Kommission oder Abteilung wechseln. Und wer das war, sah der Dienstherr ebenfalls vor. Nicht der Vorgesetzte.
    Gina war mit Leib und Seele Mordermittlerin und seit Jahren unersetzliche Kollegin in Dühnforts Team. Sie grub sich regelrecht in die Fälle ein und zog regelmäßig mit erstaunlicher Hartnäckigkeit neue Fakten ans Tageslicht. Sie war einfach gut. Eigentlich wollte er sie in seinem Team nicht missen. Und sie wollte nicht gehen. Doch es ließ sich nicht verhindern, und deshalb drängte Dühnfort in letzter Zeit darauf, das Versteckspiel zu beenden.
    »Du grübelst wieder.« Gina strich über eine Falte an seiner Nasenwurzel. »Helmbichler? Oder lässt dich das kalt?«
    Dühnfort schob das eine Problem beiseite und besann sich auf das andere. »Nein. Das nicht. Aber man sollte es auch nicht überbewerten. Es ist beinahe sieben Jahre her, dass er Rache geschworen hat, und in der letzten Zeit hat er es nicht wiederholt.«
    »Vielleicht Taktik. Jetzt ist er raus. Jetzt hat er die Möglichkeit. Vorher, den Umständen entsprechend, nicht.« Ein halbherziges Lächeln erschien auf Ginas Gesicht.
    Dühnfort nahm die Warnung nicht auf die leichte Schulter, die sein Chef, Kriminaloberrat Leonhard Heigl, ihm vor einigen Tagen hatte zukommen lassen, aber er sah auch keinen Grund, in Panik oder übertriebene Vorsicht zu verfallen. Helmbichler war letzte Woche entlassen worden und in Passau bei Verwandten untergekommen.
    »Komm, lass uns zu Marcello gehen.« Er legte seinen Arm um ihre Schultern, in der Erwartung, dass sie ihn gleich wieder abschütteln würde. Er liebte Gina und wollte das auch zeigen. Andererseits … Er verstand sie ja. Also ließ er den Arm wieder sinken. Schweigend gingen sie die Hackenstraße entlang. Ihr Atem kondensierte in der kalten Luft. Die Sonne verschwand hinter den Dächern der Stadt und ließ die kahlen Bäume, flanierenden Menschen und dichtstehenden Häuser lange Schatten werfen. Marcellos kleine Espressobar am Rindermarkt war überfüllt. Sie schlenderten weiter über den Viktualienmarkt zum Stadtcafé.
    »Passau ist nicht aus der Welt. Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.« Gina schob die Hände fröstelnd in die Manteltaschen. »Ich habe mich mal umgehört. Helmbichlers Frau hat sich scheiden lassen, während er saß. Das Geschäft ist in Konkurs gegangen, und das Haus wurde versteigert. Er hat alles verloren. Und er fühlt sich von dir geleimt. Er wird dir die Schuld an seinem Untergang geben.«
    Eine Messerstecherei vor sieben Jahren war Dühnforts erster Fall in München gewesen. Es gab Zeugen und es gab Sachbeweise. Unauffindbar blieb allerdings die Tatwaffe, laut Aussagen ein Butterflymesser. Helmbichler rückte schnell in den Fokus der Ermittlungen, die Beweislage war erdrückend. Was fehlte, um den Fall rundum abzuschließen, waren die Waffe und ein Geständnis. Und das hatte Dühnfort ihm in einer langen Nacht ebenso entlockt wie den Hinweis, wo das Messer zu finden war. Am nächsten Tag hatte Helmbichler das Geständnis widerrufen. Trotzdem wurde er aufgrund einer lückenlosen Indizienkette wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt und hatte damals geschworen, an Dühnfort Rache zu nehmen, dem Mistkerl, der ihn gelinkt hatte.
    »Schuld hat alleine er.« Ein Stein lag auf dem Pflaster. Dühnfort kickte ihn beiseite. »Die Verantwortung für sein Handeln trägt jeder selbst. Helmbichler hat seine Strafe verbüßt und kann neu beginnen. Diese Chance sollte er nutzen.« So weit die Theorie, fügte er in Gedanken hinzu. Einfacher war es natürlich, die Schuld von sich zu weisen und anderen unterzujubeln. So wurde man zum bemitleidenswerten Opfer. »Mach dir keine Sorgen. Ich passe schon auf mich auf.« Er strich ihr eine der dunklen Haarsträhnen hinters Ohr, die ihr immer wieder ins Gesicht fielen.
    »Jedenfalls solltest du deine Dienstwaffe in nächster Zeit immer bei dir tragen. Versprich mir das, ja?« In ihren dunklen Augen lag Sorge, die von einem Lächeln vertrieben wurde. »Auch wenn du im Ernstfall vermutlich danebenschießt. Es würde mich trotzdem beruhigen.«
    Er stimmte in ihr Lachen ein. Beim letzten Schießtraining hatte er keinen guten Tag gehabt. Ganz im Gegensatz zu Alois. Der hatte wieder einmal die volle Punktzahl abgeräumt, was Gina zu der Vermutung veranlasst hatte, er verwende ferngesteuerte Projektile.
    Sie erreichten das Stadtcafé. Gina rieb sich
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