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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig
Autoren: Inge Löhnig
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war gut so. Er war keiner, der Kerben in seine Bettpfosten schnitzte , wie Gina das mal in Bezug auf ihren Kollegen Alois Fünfanger genannt hatte.
    Obwohl er seinen Gefühlen nicht traute, waren Gina und er dennoch eines Nachts im Bett gelandet. Danach hatte sie so getan, als wäre nichts gewesen. Selbstschutz, wie er vermutete. Denn sie glaubte, dass er sich noch immer zu Agnes hingezogen fühlte, zu der Frau, die sich ein Jahr zuvor von ihm getrennt hatte. Kurz und gut: Es war kompliziert gewesen. Bei einer Flasche Merlot mit seinem Freund Schorsch war ihm jedoch klar geworden, dass eigentlich alles ganz einfach war. Er hatte sich in Gina verliebt.
    »Wo ist das Problem, Tino?«, hatte der Schorsch gesagt. »Lad sie ein. Koch was Leckeres, und der Rest ergibt sich von ganz allein.«
    Gina hakte sich bei ihm ein. »Wollen wir mit dem Möbelladen im Tal anfangen?«
    »Warum nicht? Er liegt am nächsten.«
    Sie hatten sich den Nachmittag freigenommen und bauten so einige ihrer unzähligen Überstunden ab, um endlich ein neues Bett für ihn zu kaufen. Denn seines war mit einem Meter zwanzig auf Dauer zu schmal für zwei. Einer lag meist absturzbedroht an der Kante, und das war nicht nur unbequem, sondern sorgte mittelfristig für ein Schlafdefizit, das in seinem Alter zu Gereiztheit führte. Es war also höchste Zeit, diesen Zustand zu ändern.
    Die Suche entwickelte sich allerdings schwieriger als gedacht. Es gab kaum Betten, die ihm gefielen. Und die, die ihm zusagten, passten entweder nicht zu seiner Schlafzimmereinrichtung oder waren zu teure Designerstücke. Nach über drei Stunden hatten sie alle Möbelgeschäfte der Innenstadt durch und landeten, einem Tipp von Ginas Mutter folgend, nun bei Radspieler.
    Als der Verkäufer sie durch die Ausstellungsräume führte, sah Dühnfort es sofort. Das Bett, nachdem er unbewusst gesucht hatte. Eines von Lloyd Loom aus einem Geflecht, das wie Rattan aussah, aber aus gedrehten Papierketten bestand, die einen Metalldraht als Kern enthielten. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hatte man Salons und Decks von Ozeandampfern mit Stühlen und Sesseln aus diesem Material ausgestattet. Hohe Qualität und zeitloses Design, das zu seinen Möbeln passte. »Warum sind wir nicht gleich hierhergegangen?«
    Gina hob die Hände. »Wir könnten schon längst bei einem Cappuccino sitzen.« Mit einem schelmischen Funkeln in den Augen wandte sie sich an den Verkäufer. »Wir nehmen es. Packen Sie es ein.«
    »Unsere Tüten sind leider nicht passend für dieses Format«, entgegnete der Mann. »Wir könnten es liefern.«
    Dühnfort liebte Gina, und in diesem Augenblick spürte er es intensiver als je zuvor. Sie machte sein Leben leichter, fröhlicher, unbeschwerter, und vor allem hatte sie die Einsamkeit daraus vertrieben. Fasziniert folgte er dem Dialog, der noch ein Weilchen auf demselben Niveau weiterging, bis der Kauf abgeschlossen und ein Liefertermin vereinbart war.
    Als sie auf die Straße traten, nahm er sie in den Arm, küsste sie und dachte nicht daran, dass man sie dabei beobachten und sie auffliegen könnten.
    »He, hallo!« Ein wenig atemlos löste Gina sich von ihm. »Das Bett wird erst in ein paar Tagen geliefert, und irgendwie sind wir hier so öffentlich.« Rasch zog sie ihn in einen Hauseingang und erwiderte seinen Kuss.
    Dühnfort fühlte sich, als wäre er siebzehn und müsste sich beim Knutschen vor seinem Vater verstecken. Aber es war nicht der Vater, sondern die Kollegen und Vorgesetzen, die nicht wissen durften, dass Gina und er ein Paar waren. Jedenfalls, wenn es nach ihr ging. Er hätte es gerne offiziell gemacht. Doch das würde eine Entscheidung nach sich ziehen, die Gina noch hinauszögern wollte. Es ging allerdings schon zu lange gut. Irgendwann würde jemand eine der vertraulichen Gesten bemerken, die zwischen ihnen so selbstverständlich geworden waren, dass sie immer häufiger vergaßen, auf das Umfeld zu achten. Über kurz oder lang würden sie sich beruflich trennen müssen, denn er war ihr Chef.
    Als seine Partnerin hatte sie ein Aussageverweigerungsrecht, falls es wegen eines Einsatzes zu Ermittlungen gegen ihn kommen sollte, und umgekehrt. Außerdem musste Dühnfort als Vorgesetzter nicht nur Beurteilungen über seine Mitarbeiter schreiben, sondern auch über Urlaubsanträge entscheiden, ebenso über Einsätze und Weiterbildungskurse, und dabei konnte er seine Partnerin bevorzugen. Auch wenn er das nicht tat und objektiv blieb, konnte der Eindruck von
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