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Schuhwechsel

Schuhwechsel

Titel: Schuhwechsel
Autoren: Rosa Villas
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schwarzen Stein mit 623g, der Susannes Krebs symbolisiert und den ich an dem Sorgensteinhaufen ablegen möchte, nehme ich in jedem Fall mit. Auch wenn meine Nachkommenschaft ungläubig mit dem Kopf schüttelt.
    T-Shirts, Socken, Unterwäsche… von allem habe ich wirklich nur das nötigste und Leichteste dabei.
    Wenn ich davon ausgehe, dass Duschgel, Shampoo und Spülung mit der Zeit sowieso weniger werden und die Bundeswehr Powerriegel meines Sohnes spätestens nach 4 Tagen aufgegessen sind, sind es noch 11,8 kg. Ohne Wasser. Auf mehr kann ich echt nicht verzichten.
    Auf die Idee, einen Rucksack zu kaufen, der nur 1 kg wiegt, komme ich nicht.

Tag: 0
    es geht los
    Habe den ganzen Morgen eingekauft, den Kühlschrank gefüllt, Pläne gestaltet für die Kinderfrau, meine Schwester, und meinen Sohn und an den Kühlschrank geklebt, Wäsche gewaschen, aufgeräumt, Wandersocken gekauft, den iPod geladen, Kleinigkeiten organisiert. Was man halt so tut, wenn man seine komplette Familie mit Haut und Haaren für zwei Wochen anderen Menschen überlässt, um nach Santiago de Compostela zu pilgern.
    Die Wanderschuhe sind angekommen und passen. Adidas passt mir immer. Gute Marke.
    Bin über mich selbst überrascht, wie(!) sehr ich mich auf diese Reise freue!
    Finde es extrem unpassend, wenn ich in einer Rundmail in der Mehrzahl angesprochen werde. „Hallo Ihr Lieben, ich geh mal eben pilgern. Lasst es euch gut gehen.“ Wenn ich diese Mail lese, bin ich in der Einzahl und dann finde ich es angebracht, eben so angesprochen zu werden. Selbst wenn ich Gewicht für zwei auf die Waage tragen würde, wollte ich mit „du“ angesprochen werden und nicht mit „hallo ihr beiden Rosas, wie geht es euch denn so?“ Merkt das denn eigentlich keiner?
    Schreibe diversen Freundinnen eine Abschiedsrundmail und spreche sie in der Einzelform an:
    „Habe meine Highheels gegen Wanderschuhe getauscht…
    Es ist nicht so, dass man auf den Jakobsweg geht, sondern dieser Weg holt dich! Und dann kannst du nichts anderes tun, als dich ergeben. Fliege morgen Früh um 6.30 Uhr nach Santiago de Compostela. Von dort aus mit dem Bus nach Astorga und dann wandere ich ca 250 km dem Apostelgrab entgegen. Mehr geht nicht. (Wenn überhaupt so viel geht). Schicke dir regelmäßig Berichte per Sms.
    Umärmelungen, von
    Rosa“
    Meiner lieben Freundin und ehemaligen Nachbarin Claudi schicke ich die Email nicht. Mit ihr bin ich gerade sauer, weil sie sich nie meldet und nie kommt. Dabei ist sie auch „nur“ eine Hausfrau und so weit bin ich nicht weggezogen.
    Um 20.00 Uhr verabschiede ich mich mit Tränen in den Augen von meinen Kindern und setze mich in mein schönes, neues Auto, um nach Frankfurt-Hahn zu fahren. Mein Navigationsgerät, ohne das ich hilflos und aufgeschmissen wäre, hat weder den Flughafen noch den Ort in seinem System verfügbar.
    Muss noch mal aussteigen und im Internet nach der Adresse des Flughafens suchen. Oder zumindest nach einem Ort in der Nähe.
    Es sind 460 km vom Bodensee nach F.-Hahn und es ist gut, wenn ich jetzt schon losfahre und nicht erst heute Nacht. So kann ich die paar Stunden die mir zwischen Parken und Abflug bleiben, im Auto übernachten und mich schon mal an ungemütliches Schlafen gewöhnen. Den restlichen Schlaf hole ich mir dann im ungemütlichen Flugzeug und bis ich lande, müsste ich ausgeschlafen haben.
    Während ich in den Sonnenuntergang hineinfahre, denke ich über mein Gepäck nach. Nicht über die 11,8 kg meines Rucksackes, sondern über mein seelisches Gepäck. Warum ich überhaupt den Jakobsweg beschreite und in welchen Bereichen ich Klarheit erlangen möchte.
    Ich bin kein Stück religiös. Im Gegenteil. Ich verachte die katholische Kirche im aller höchster Form! Mit ihren verlogenen Prinzipien und Vorschriften, mit denen über Jahrhunderte hinweg die Menschen gequält, missbraucht, versklavt und ermordet wurden.
    Andere Glaubensgemeinschaften, genauer definiert sind das alles Sekten, die menschenverachtend und dogmatisch handeln, verachte ich nicht minder, aber die katholischen sind um mich herum. Mit denen habe ich öfters zu tun und die gehen mir zuweilen gehörig auf den Zeiger.
    Nackter, eiskalter Hass steigt in mir auf, wenn ich höre, dass wieder einmal ein katholischer Geistlicher sich an Kindern vergangen hat, um dann sonntags, von der Kanzel herunter, die Nächstenliebe zu predigen.
    Dabei bewegen sich die Brüder auch noch in rechtsfreiem Schwebezustand. Die Staatsanwaltschaft mischt sich in
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